Klimaschutzpaket: CO2-Steuer, Emissionshandelssystem der EU und nationaler CO2-Handel

Die Bundesregierung hat nun das Klimapaket vorgelegt. In zwei Jahren ist ein nationaler Emissionshandel für Verkehr und Gebäude geplant. Was bedeutet das?
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Pendler wären von einer CO2-Steuer stark betroffen, sagt der ADAC.Foto: iStock
Von 10. September 2019

Die große Koalition plant einen nationalen Emissionshandel für Verkehr und Gebäude ab 2021. Dabei soll für Zertifikate ein fester Einstiegspreis von zunächst zehn Euro pro Tonne CO2 gelten, der bis 2025 auf 35 Euro ansteigt. Danach soll eine Versteigerung in einer Preisspanne von 35 bis 60 Euro erfolgen.

Über etwaige Höchst- und Mindestpreise ab 2027 soll im Jahr 2025 entschieden werden. Langfristig wird ein europäisches System für den Emissionshandel insgesamt angestrebt. Bereits zuvor wurden die verschiedensten Modelle diskutiert, im Sommer wurde in den Medien vor allem über eine CO2-Steuer diskutiert.

Es gibt bereits einen Preis für CO2: Das EU-ETS

Aus Sicht der „Fünf Wirtschaftsweisen“ (dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung) ist am wichtigsten, dass die „Bepreisung von Treibhausgasen in den Mittelpunkt der klimapolitischen Anstrengungen gestellt wird – und nicht nur ‚drangeflanscht’“, wie der Vorsitzende des Sachverständigenrats, Christoph Schmidt sagte.

Seit 2005 folgt die EU dem Emissionshandelssystem (abgekürzt EHS, engl. Emission Trading System ETS). Dieses umfasst die energieintensiven Branchen Energie, Stahl, Papier, Baustoffe und Keramik sowie teilweise den Luftverkehr.

Der Emissionshandel funktioniert nach dem Prinzip „Cap and Trade“. Mit dem „Cap“ wird eine Mengenbegrenzung schädlicher Gase festgelegt, diese Obergrenze nimmt kontinuierlich ab, die EU legt den „Cap“ fest. Die Gesamtmenge wird auf die Unternehmen der beteiligten EU-Staaten aufgeteilt und als Emissionsrechte ausgegeben. Unternehmen, die ihre Emissionsrechte nicht ausschöpfen, können diese an andere verkaufen und damit handeln („Trade“).

Das ETS-System der EU umfasst alle 28 EU-Staaten sowie Island, Norwegen und Liechtenstein. Es beinhaltet über 11.000 energieintensive Anlagen der Stromerzeugungs- und verarbeitenden Industrie und deckt derzeit rund 45 Prozent der Treibhausgasemissionen in der EU ab.

Nicht eingebunden sind die Emissionen in den Bereichen Verkehr, Wohnen, Heizen, Gebäude, Landwirtschaft, Forstwirtschaft und nicht energieintensive Industrien.

Drei Wege zu weniger Treibhausgasen

In dem am 12. Juli 2019 durch die „Fünf Wirtschaftsweisen“ vorgestellten Sondergutachten des „Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“ werden drei mögliche Wege untersucht, um die Klimaschutzziele zu erreichen.

  1. Eine CO2-Steuer für die Bereiche, die nicht im ETS einbezogen sind.
  2. Die Erweiterung des bestehenden Systems der EU um mehrere Sektoren und Branchen wie den Verkehr oder die Gebäude.
  3. Ein neues und eigenständiges EU-weites Handelssystem für alle Sektoren, die bisher nicht im ETS erfasst sind.

Die Punkte 1 und 2 werden von den Wirtschaftsweisen jedoch nur als Übergangslösungen betrachtet, bis ein sektorübergreifender einheitlicher Preis etabliert ist.

Der Sachverständigenrat verweist darauf, dass „für eine wirksame Eindämmung der Erderwärmung wie für die Wahrung der volkswirtschaftlichen Kosteneffizienz ein global koordiniertes, gemeinsames Vorgehen unverzichtbar ist“. Deutschland kann separat und allein selbst bei „vollständiger Rückführung ihrer Treibhausgasemissionen nur einen sehr kleinen direkten Beitrag zur Eindämmung der Erderwärmung leisten.“

1. Am lautesten wird zurzeit eine CO2-Steuer diskutiert

Konkret würde eine CO2-Steuer bedeuten, dass ein nach dem CO2-Gehalt bemessener Aufschlag erhoben wird. Es gibt in Deutschland bereits Steuern im Energiebereich, bei denen Abgaben auf Treibhausemissionen enthalten sind. Ob diese erhalten bleiben oder entfallen, ist unklar.

Man besteuert dabei zwar die Emissionen – aber legt keine Obergrenze für Emissionen fest, keinen „Deckel“, das sogenannte Cap.

In Deutschland legt die Legislative die Höhe der Steuersätze fest. Das Bundesumweltamt empfiehlt derzeit für den Verkehrssektor einen Preis von 180 €/t CO2. Je nach Macht der Lobbyisten wäre zu befürchten, dass in einigen Sektoren die CO2-Preise zu niedrig bzw. zu hoch ausfallen. Weiterhin gehen Steuern generell in den Haushalt ein und können auch für anderes (als ihre konkret beabsichtigten Zwecke) eingesetzt werden.

Eine Steuer auf CO2 könne schnell eingeführt werden, damit sich die Menschen daran gewöhnen, dürfe sie zunächst nicht zu hoch sein. Sie sollte dann jedoch deutlich ansteigen, um zu wirken. Und: „Man muss aber auch politisch durchhalten, die Steuer Jahr für Jahr nach oben anzupassen“, betonte der Vorsitzende. Das sei lange kein Selbstläufer. Auch die Finanzökonomin Isabel Schnabel forderte: „Die Strategie muss verschiedene Regierungen überleben.“ Dafür sei ein parteiübergreifender Konsens nötig.

Wie teuer ist CO2 international?

* Das Umweltbundesamt empfiehlt (2019) einen Preis von 180 Euro bzw. 200 $ – das wäre einsame Spitze. ** EU-weit wird der CO2-Preis im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems für Zertifikate am EEX-Spotmarkt geführt. Derzeit liegt er um die 30 €/t. Grafik: ET-Redaktion

2. Sektorspezifischer (nationaler) CO2-Handel

In diesem Fall wird neben dem ETS-System der EU ein zweites und nationales System aufgebaut, beispielsweise für die Bereiche Gebäude (Wärme) und Verkehr. Langfristig sollen nationale ETS bis 2030 in das bestehende System der EU-ETS eingefügt werden.

Gerade der zweite Schritt, das Aufgehen in das bestehende ETS, ist kopliziert, da sich die Branchen dann zweimal anpassen müssen. Es entstünde doppelte Arbeit für die Unternehmen. Unternehmen werden vermutlich andere Strategien und Technologien entwickeln, wenn sie (nur) für den nationalen Handel oder EU-weit agieren.

Einen Überblick über die derzeit existierenden sektorspezifischen nationalen ETS-Bemühungen verschiedener EU-Länder gibt diese Studie vom September 2018: Übersicht zu Emissionsminderungen und nationalen Klimapolitiken im Nicht-ETS-Sektor in der EU.

3. Die Erweiterung des bisherigen Emissionshandels der EU

Die tatsächlich zukunftsfähige Variante (nach den Vorstellungen der Wirtschaftsweisen) ist die Mengensteuerung der Emissionen der Treibhausgase. Dazu wird eine Emissions-Obergrenze, das Cap, festgelegt. Das Cap wird längerfristig immer niedriger und über die Zeit hinweg abgesenkt, um bestimmte Klimaschutzziele zu erreichen.

Derzeit existiert dieses System für die Energieversorgung, energieintensive Industrien und teilweise den Luftverkehr. Es würde ein klarer Preis für alles entstehen, nationale Regelungen und Ziele für einzelne Sektoren entfallen. Nachteile gibt es, da die Steuerung einzelner Sektoren nicht möglich ist – wie dem Verkehr oder im Gebäudebereich.

Auch hier besteht das Problem, dass die Legislative die Höhe des Cap festlegt und je nach Einflussmöglichkeiten der Lobbyisten das Cap zu hoch oder niedrig festgesetzt wird.

Problem Landwirtschaft, Luft- und Schifffahrt

Im Bereich der Luftfahrt und des Schiffsverkehrs besteht das Problem, dass nationale Regelungen unterlaufen werden und sogenannte „Carbon Leakagen“ auftreten. Das ist in der Gebäudewirtschaft nur eingeschränkt möglich.

Auch in der Landwirtschaft ist für die Wirtschaftsweisen eine Bepreisung im Stil der ETS „schwierig“ – aufgrund der hohen Betriebszahl in Deutschland und der verschiedenen beteiligten Treibhausgase.

Ein Detail am Rande: „Haustiere sind auch schlecht für das Klima“, hieß es im Juli von Katharina Schwirkus in diesem Beitrag. „Denn sie fressen Fleisch und tragen damit zum Ausstoß von Kohlenstoffdioxid bei. Die Ökobilanz eines Hundes entspricht einer jährlichen Autofahrleistung von 3700 Kilometern, die einer Katze 1400 jährlichen Fahrkilometern. Ein durchschnittliches Fahrzeug in Deutschland legt pro Jahr 13 000 Kilometer zurück.“

Die Debatte darum, dass Babys 58 Tonnen CO2 pro Jahr erzeugen und damit klimaschädlich sind, wurde im Juli 2019 ebenfalls geführt: „Stern“: „Der Verzicht auf ein Kind entlastet die Umwelt viel stärker als irgendeine andere Maßnahme. Oder umgekehrt: Ein Kind bedeutet die größte Umweltbelastung, die ein Mensch nur machen kann.“

Was die Bundesregierung von den „Gelbwesten“ gelernt hat

Emmanuel Macron erhöhte im November 2018 die Abgaben auf Treibstoff um 7 Cent pro Liter Diesel und 3 Cent pro Liter Benzin – er erntete die „Gelbwestenbewegung“. Die Maßnahmen wurden ausgesetzt. Solche Aufstände sind in Deutschland unerwünscht. Alle bislang vorgelegten Konzepte enthalten daher Maßnahmen zum Ausgleich für die Bevölkerung. Im Gespräch sind:

Die „Klimaprämie“ von Umweltministerin Svenjy Schulze. Sie plant eine pauschale Rückerstattung aller Einnahmen in Höhe einer Einmalzahlung von circa 80 Euro pro Kopf. Dafür würde jedoch das Benzin um 7 Prozent und das Heizöl um 19 Prozent teurer.

Die „Senkung der Stromkosten“ durch den Wegfall der EEG-Umlage und der Absenkung der allgemeinen Stromsteuer. Dies favorisiert der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministerium.

Die Grünen fordern zum einen ein „Energiegeld“ (Herabsetzung der Stromsteuer) und zum anderen, dass die Einnahmen, die über die Abschaffung der EEG-Umlage hinausgehen, zweckgebunden verwendet werden und nicht in den allgemeinen Staatshaushalt fließen.

Die Wirtschaftsweisen diskutierten eine steuerfinanzierte Absenkung der Lohnnebenkosten wie der Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung. Der Nachteil: Beamte, Rentner und Selbstständige haben nichts davon.

Der „Zukunftsfonds“ der Forscher am Potsdamer Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS). Dieser schlägt vor, nur einen Teil der eingenommen Gelder an die Bürger zurückzugeben und den anderen Teil in einen „transformativen Staatsfonds“ zu investieren. Die Bürger könnten dabei die Gelder beispielsweise über eine Mehrwertsteuersenkung erhalten. Der Staatsfonds sollte sich dann einerseits an Unternehmen beteiligen, die den Klimaschutz voranbringen und andererseits soziale Verwerfungen (bei Arbeitslosigkeit durch den Kohhleausstieg) abfedern.

Warum wird nur über Kohlendioxid gesprochen?

Im Kyoto-Protokoll ist von sechs Treibhausgasen die Rede: Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), und Lachgas (N2O) sowie die fluorierten Treibhausgase (F-Gase): wasserstoffhaltige Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW), Schwefelhexafluorid (SF6) sowie Stickstofftrifluorid (NF3; ab 2015).

  • Kohlendioxid

    CO2 spielt nicht nur bei der Atmung des Menschen und aller Lebewesen eine entscheidende Rolle. Es entsteht unter anderem bei der Verbrennung fossiler Energieträger (Kohle, Erdöl, Erdgas), also der Strom- und Wärmeerzeugung, in Haushalten, im Verkehr und der industrielle Produktion.

  • Methan

    CH4 ist 25-mal so wirksam wie Kohlendioxid, was den Treibhauseffekt angeht. Methan entsteht überall, wo organisches Material unter Luftabschluss abgebaut wird – in Deutschland vor allem in der Tierhaltung, in Klärwerken und auf Mülldeponien.

  • Lachgas

    Distickstoffoxid (N2O) ist 298-mal so wirksam wie Kohlendioxid. Es entsteht, wenn Mikroorganismen stickstoffhaltige Verbindungen im Boden abbauen, also vor allem über stickstoffhaltigen Dünger und die Tierhaltung. In der Industrie demzufolge auch bei der Düngemittelproduktion und in der Kunststoffindustrie.

  • fluorierte Kohlenwasserstoffverbindungen

    Viele sogenannte F-Gase (HFKW, FKW, SF6, NF3) kommen in der Natur normalerweise nicht vor, teilweise sind sie extrem treibhauswirksam. Sie werden als Treibgas produziert, als Kühl- und Löschmittel oder sind auch als Bestandteil von Schallschutzscheiben (insbesondere SF6). Ihr Treibhauspotenzial liegt 1.000 bis 24.000-mal über dem vom CO2.

Diese Gase werden miteinander normiert, indem die sogenannten GWP-Werte (aktuell die des Vierten Sachstandsberichtes des IPCC/Weltklimarats im 100-Jahrehorizont) eingesetzt werden. Für Deutschland wurde für das Jahr 2016 errechnet, dass 88,2 Prozent der Freisetzung von Treibhausgasen auf Kohlendioxid entfällt, 6,0 Prozent auf Methan, 4,2 Prozent auf Lachgas und rund 1,7 Prozent auf die F-Gase.

Aufgrund der vielfachen Klimawirkung von Methan, Lachgas und den F-Gasen entfallen jedoch lediglich 2,8 Prozent der „klimaschädlichen Gesamtwirkung“ auf CO2. Methan trägt 4,7 Prozent bei, Lachgas verursacht 39,2 Prozent und die F-Gase 53,3 Prozent.

Hintergrundwissen: Der CO2-Schwindel – Teil I, Teil II, Teil III, Teil IV, Teil V



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