Koalition will Kartellamt zu Verbraucherschutzbehörde fürs Internet machen

Die große Koalition will das Bundeskartellamt zu einer Art Verbraucherschutzbehörde für das Internet machen. Es soll bei Verstößen gegen Daten- oder Verbraucherschutz einschreiten können.
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Foto: Oliver Berg/dpa
Epoch Times21. November 2016

Bei Verstößen gegen den Daten- oder Verbraucherschutz im Internet soll künftig das Kartellamt einschreiten können. „Wir wollen den kollektiven Verbraucherschutz im Netz stärken“, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Marcus Held am Montag der Nachrichtenagentur AFP. „Auch in Onlineshops und sozialen Netzwerken wollen wir den Verbraucherschutz überwachen können“, ergänzte sein CDU-Kollege Matthias Heider. Denn der Einzelne könne im Netz meist nur wenig oder gar nichts gegen Unternehmen ausrichten.

Es geht laut Held um Verstöße im Internet, die eine Vielzahl von Verbrauchern schädigen – etwa eine geringe, aber ungerechtfertigte Schutzgebühr für ein Formular, die sehr viele Nutzer zahlen müssen. Der Einzelne werde deswegen nicht zum Anwalt gehen. Für solche „Massenfälle“ soll das Bundeskartellamt eine eigene Abteilung bekommen, an die sich Bürger wenden können und die dann tätig wird.

„Wir haben Sorge vor Verstößen gerade beim unerlaubten Sammeln, Speichern und Verkaufen von Kundendaten“, erklärte Heider. Nutzern fehle häufig der Einblick. Sie akzeptierten per Klick Bedingungen, in die sie offline kaum einwilligen würden.

Die Koalition habe nach einer „geeigneten Stelle in den Gesetzen“ gesucht, um den kollektiven Verbraucherschutz zu stärken, sagte Wirtschaftspolitiker Held. Fündig geworden ist sie in der Reform des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB): „Das hat sich sehr gut angeboten.“

Die Novelle wurde erst kürzlich in erster Lesung im Bundestag beraten – bis zur im Frühjahr angepeilten Verabschiedung sollen die neuen Kompetenzen des Kartellamts eingearbeitet sein. Die Behörde in Bonn hat derzeit rund 350 Stellen und bräuchte für die neue Aufgabe weitere 50 bis hundert neue Mitarbeiter. Die Finanzierung dieser zusätzlichen Stellen müsste die Koalition ebenfalls bis zum Frühjahr unter Dach und Fach bringen.

Das Bundeskartellamt sieht sich gut gewappnet für neue Verbraucherschutzaufgaben. Präsident Andreas Mundt sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Wir kennen die digitalen Märkte und könnten auf unserem vorhandenen juristischen und ökonomischen Knowhow aufbauen.“ Laut der Zeitung soll die Behörde mit der Novelle des GBW auch zur Abschöpfung finanzieller Vorteile ermächtigt werden, die ein Unternehmen durch unlauteren Wettbewerb erzielt.

Heider machte jedoch klar: „Die Neuregelung darf nicht über eine Durchsetzung durch das Bundeskartellamt hinaus zum Einfallstor für Sammelklagen nach amerikanischem Muster werden.“ Die Union wolle eine schlanke Regelung.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) begrüßte die geplanten neuen Befugnissen für das Bundeskartellamt. Sie seien eine sinnvolle Ergänzung der zivilrechtlichen Rechtsdurchsetzung durch die Verbraucherzentralen, erklärte vzbv-Vorstand Klaus Müller.

Auch die Grünen begrüßten den Vorschlag. Verbraucher stünden aber auch bei vielen anderen Themen Unternehmen „teilweise hilflos“ gegenüber, erklärten die Grünen-Politikerinnen Renate Künast und Katharina Dröge. Deshalb sollte es keine Beschränkung auf die Internetwirtschaft geben. (afp)



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