Merkel und Seehofer lehnen ab: Kompromissvorschlag für Flüchtlingsobergrenze wird wohl nicht umgesetzt

Sowohl Kanzlerin Merkel als auch CSU-Chef Seehofer lehnen eine variable Obergrenze für Zuwanderung ab: Die CSU bestehe auf einer starren Obergrenze, um den Wählern eine klare Perspektive zu bieten. Kanzlerin Merkel fürchte vor allem einen jährlich neuen, öffentlichen Poker um die Flüchtlingszahlen, denn dabei könne die AfD Punkte sammeln.
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Migrantenkrise in Europa.Foto: JORGE GUERRERO/AFP/Getty Images
Epoch Times6. Januar 2017

Der Kompromissvorschlag zur Beendigung des unionsinternen Streits über die Aufnahme von Flüchtlingen scheitert offenbar am Widerstand der beiden Parteichefs Angela Merkel (CDU) und Horst Seehofer (CSU). Beiden lehnten den Vorstoß für eine „atmende“ Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen grundsätzlich ab, berichtete die „Bild“-Zeitung am Freitag. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) forderte derweil eine rückwirkende Neukontrolle aller eingereisten Schutzsuchenden.

Der von den beiden Innenexperten Stephan Mayer (CSU) und Armin Schuster (CDU) vorgelegte Kompromissvorschlag im Streit um die Obergrenze sieht vor, dass jährlich je nach Kapazitäten und Integrationsmöglichkeiten ein „atmender Richtwert“ für die Aufnahme von Flüchtlingen neu festgelegt wird. Diese Idee sei eine „Totgeburt“, hieß es laut „Bild“ aus Seehofers Umfeld.

Die CSU bestehe auf einer starren Obergrenze, um den Wählern eine klare Perspektive zu bieten. Kanzlerin Merkel fürchte vor allem einen jährlich neuen, öffentlichen Poker um die Flüchtlingszahlen, hieß es laut „Bild“ aus Kreisen der CDU-Innenpolitiker. Dabei könne dann die AfD Punkte sammeln.

Die Bundesregierung wollte sich zu Merkels Haltung zu dem Kompromissvorschlag nicht äußern. Vizeregierungssprecher Georg Streiter sagte in Berlin, dies sei ein Thema parteipolitischer Diskussionen.

Mayer reagierte mit Bedauern auf die Entwicklung. „Ich bedaure die Entscheidung und hoffe auf eine anderweitige Lösung, denn ein Kompromiss ist dringend nötig und wäre im Sinne der beiden Parteivorsitzenden“, sagte er dem Portal „Focus Online“. Dass Merkel und Seehofer die Idee ablehnten, sei ihm bislang allerdings nicht persönlich mitgeteilt worden.

„Ich bin auch gar nicht so vermessen, dass ich erwartet hätte, dass ausgerechnet diese Idee den Kompromiss zwischen Merkel und Seehofer darstellt“, sagte Mayer. „Aber trotzdem wäre der ‚atmende Deckel‘ ein klares Signal, dass wir die Zuwanderung anhand einer Zahl beschränken – dem entsprechend, was die CSU will.“

Neukontrolle der Migranten?

Entwicklungshilfeminister Müller begründete seine Forderung nach einer Neukontrolle der eingereisten Migranten mit der Bedrohung durch Terrorismus und dem mutmaßlich vielfachen Sozialmissbrauchs durch Flüchtlinge. Er verwies im Redaktionsnetzwerk Deutschland auf allein durch Braunschweiger Sonderermittler festgestellte 300 Fälle von Sozialmissbrauch durch Mehrfachregistrierung. „In Deutschland müssen wir von zehntausenden Fällen ausgehen“, sagte der Minister.

Das Bundesinnenministerium erklärte dazu, Nachregistrierungen seien „nach unserem Kenntnisstand nicht mehr offen“. Allerdings seien „eventuell Personen ins Land gekommen, die sich später bei keinen staatlichen Stellen gemeldet haben“, sagte ein Ministeriumssprecher in Berlin. „Alle anderen sind registriert.“ Auch Mehrfachregistrierungen seien „eigentlich strukturell ausgeschlossen“. Bei den Braunschweiger Fällen gehe es offensichtlich um Vorgänge „aus der Vergangenheit“.

Das Entwicklungsministerium wollte die von Müller genannten Zahlen nicht kommentieren, da sich der Minister im Rahmen einer parteipolitischen Diskussion geäußert habe.

Zum Abschluss der CSU-Klausurtagung im Kloster Seeon bezeichnete CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt ihre Partei als treibende Kraft in der deutschen Sicherheitspolitik. Die Christsozialen hätten mit ihren Beschlüssen deutlich gemacht, dass sie „Impulsgeber“ beim Thema innere Sicherheit in Berlin seien.

Dagegen warf der Linken-Chef Bernd Riexinger der CSU vor, „billigen Populismus ohne jeden Gebrauchswert für die Menschen“ zu betreiben. „In Sachen Flüchtlings- und Sicherheitspolitik hat sich die CSU offensichtlich hoffnungslos verrannt“, erklärte Riexinger. (afp)



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