Konflikt um Erdogans Präsidialsystem mobilisiert zunehmend Türken in Deutschland

Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) kündigte an, sie wolle in bis zu 400 Veranstaltungen hierzulande für ein "Nein" bei der Volksabstimmung werben. Ob Erdogan selbst für eine Wahlkampfveranstaltung nach Deutschland kommt, ist weiter offen.
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Pro-Erdogan Protest in der Türkei. (Symbolbild)Foto: Burak Kara/Getty Images
Epoch Times24. Februar 2017

Je näher das türkische Verfassungsreferendum rückt, desto stärker wird der Konflikt über eine massive Ausweitung der Kompetenzen von Präsident Recep Tayyip Erdogan auch in Deutschland ausgetragen. Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) kündigte an, sie wolle in bis zu 400 Veranstaltungen hierzulande für ein „Nein“ bei der Volksabstimmung werben. Ob Erdogan selbst für eine Wahlkampfveranstaltung nach Deutschland kommt, ist weiter offen.

Mit der von Erdogan vorgesehenen Verfassungsänderung „entfernt sich die Türkei immer mehr von den demokratischen Grundregeln“, sagte der TGD-Vorsitzende Gökay Sofuoglu am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. „Das führt zu einem Ein-Mann-System“, das eher mit „einer Autokratie“ wie in einigen Staaten des Nahen Ostens vergleichbar sein werde als mit einem demokratischen System wie in Europa.

Die Pläne der Türkischen Gemeinde sehen zahlreiche Veranstaltungen in deutschen Städten unter Einbeziehung von Künstlern, Unternehmern und Akademikern vor, um im Vorfeld des türkischen Verfassungsreferendums am 16. April für ein Nein zum Präsidialsystem einzutreten. Zudem soll es Hausbesuche, Flugblätter und Aktionen in sozialen Medien geben.

Mit Blick auf Besorgnisse in Deutschland, dass innertürkische Auseinandersetzungen hier ausgetragen würden, sagte Sofuoglu, diese Frage stelle sich nicht mehr. „Der Konflikt ist ja schon da.“ In Deutschland leben etwa drei Millionen Menschen türkischer Abstammung. Etwa 1,4 Millionen sind bei dem Referendum wahlberechtigt, da sie zumindest auch über den türkischen Pass verfügen.

Vergangenen Samstag hatte der türkische Ministerpräsident Binali Yilderim bei einer Großveranstaltung in Oberhausen für die Verfassungsreform geworben. Ob sich Erdogan hierzulande ebenfalls direkt an seine Landsleute wendet, ist noch offen.

Die Bundesregierung habe „keinerlei konkrete Anzeichen dafür“, dass Erdogan in „absehbarer Zeit“ nach Deutschland kommen wolle, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Schäfer. Diplomatische Gepflogenheiten sähen vor, dass die Bundesregierung mit „hinreichendem Zeitvorlauf“ über solche Reisen informiert werde.

Die deutsch-türkischen Beziehungen sind derzeit angespannt. Ein Grund sind Spitzelvorwürfe gegen Imame der türkisch-islamischen Union Ditib. Die Erziehungsgewerkschaft GEW wirft türkischen Konsulaten zudem vor, bei Informationsveranstaltungen türkischstämmige Lehrer und Eltern angestiftet zu haben, Kritik an Erdogan zu melden. Der Generalkonsul der türkischen Vertretung in Essen, Mustafa Kemal Basa, wies dies in der „Rheinischen Post“ zurück.

„Die Tatverdächtigen in den Konsulaten müssen von der Bundesregierung ausgewiesen werden“, forderte der Grünen-Politiker Volker Beck in der „Passauer Neuen Presse“. Außenamtssprecher Schäfer sagte, wenn sich die Vorwürfe bestätigen würden, müsse das „gesandtschaftsrechtliche Folgen“ haben. „Dann wird das Auswärtige Amt für die Bundesregierung diese Fragen mit der türkischen Regierung aufnehmen müssen.“

Ein weiterer Konfliktpunkt zwischen der Bundesregierung und der Regierung in Ankara ist die Flucht türkischer Staatsbürger nach Deutschland seit dem gescheiterten Putsch gegen Erdogan. Seit dem Umsturzversuch im vergangenen Juli sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums 136 Asylanträge von Inhabern türkischer Diplomatenpässe eingegangen. Darunter seien auch Familienangehörige. Erdogan geht mit großer Härte gegen angebliche Unterstützer des Putschversuches vor. (afp)



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