Konfliktforscher dämpft Erwartungen an Sitz im UN-Sicherheitsrat

Vorschläge für die längst überfällige Reform des UN-Sicherheitsrates "liegen seit 15 Jahren auf dem Tisch. Passiert ist nichts. Es gibt dafür keine Unterstützung durch die ständigen fünf Mitglieder." Ein Politikwissenschaftler warnt vor zu hohen Erwartungen Deutschlands.
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Blick auf eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats in New York.Foto: Kay Nietfeld/Archiv/dpa
Epoch Times31. Dezember 2018

Mit Blick auf die zweijährige Mitgliedschaft Deutschlands im UN-Sicherheitsrat warnt der Politikwissenschaftler Ulrich Schneckener vor überzogenen Erwartungen.

„Es ist nicht die Zeit für allzu große Erwartungen, dazu sind die politischen Rahmenbedingungen zu ungünstig. Die weltpolitische Lage ist so schwierig, wie seit den Blockaden des Gremiums im Kalten Krieg nicht mehr“, sagte der Professor für Internationale Beziehungen und Direktor des Instituts für Friedens- und Konfliktforschung an der Universität Osnabrück der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Bei den Kriegen in Syrien und der Ostukraine habe sich der Sicherheitsrat als „kaum funktionsfähig erwiesen. Es stehen sich zwei konträre Positionen gegenüber, an denen Resolutionen oft scheitern. Das unterminiert auf Dauer die Handlungsfähigkeit und Autorität des Gremiums“.

Eine überfällige Reform bei der Zusammensetzung des Sicherheitsrates, um Lateinamerika, Asien und Afrika stärker zu repräsentieren, sieht Schneckener in naher Zukunft dennoch nicht: „Vorschläge dazu liegen seit 15 Jahren auf dem Tisch. Passiert ist nichts. Es gibt dafür keine Unterstützung durch die ständigen fünf Mitglieder.“

Wenn es Deutschland gemeinsam mit den zwei ebenfalls nicht ständigen europäischen Mitgliedern Belgien und Polen und den ständigen Mitgliedern Frankreich und Großbritannien gelingt, dazu beizutragen, dass das Gremium nicht noch weiter an Relevanz verliere, sei schon einiges gewonnen, sagte der Konfliktforscher weiter.

Dazu müssten die Europäer aber „konsequent an einem Strang ziehen, was leider nicht selbstverständlich ist“. Weiter sagte Schneckener der NOZ: „Deutschland sollte unter Beweis stellen, dass es den regelbasierten Multilateralismus beim Umgang mit internationalen Konflikten als Leitlinie ernst nimmt, dies bedeutet auch dem America First der Trump-Regierung etwas entgegenzusetzen.“

Ganz ohne Konflikte mit Washington werde das wohl nicht gehen. „Wenn schon Vetomächte wie die USA und Russland den Sicherheitsrat nicht mehr wirklich als zentrale Instanz ernst nehmen, wird es für die nichtständigen Mitglieder umso schwieriger, die Bedeutung des Rates unter Beweis zu stellen“.

Wenn es der Bundesregierung aber gelinge, „langfristige Themen wie die Rolle von Flüchtlingen oder Kindern in Kriegsgebieten, den Zusammenhang von Klimawandel, Ressourcen und Sicherheit, die Weiterentwicklung von Friedensförderung und Konfliktprävention auf der Ebene des Sicherheitsrates zu diskutieren, ließe sich zeigen, dass der Rat nicht in allen Punkten blockiert ist“, sagte Schneckener. Und:

„Die Vereinten Nationen wurden schon häufig totgesagt. Wenn es sie jedoch nicht gäbe, müsste man sie erfinden, da eine Welt ohne Vereinte Nationen mit Sicherheit keine bessere wäre.“ (dts)



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