Kontroverse um Tankrabatt: Habeck plant Verschärfung des Kartellrechts

Der seit dem 1. Juni geltende Tankrabatt war nur von kurzer Dauer. Schnell stiegen die Preise wieder an. Der Grund: Die Ölkonzerne sollen den Steuerabschlag auf Sprit nicht voll an die Verbraucher weitergeben. Nun reagiert Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck auf die Benachteiligung für Autofahrer mit einer Maßnahme.
Der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck, zeigt bei einer Pressekonferenz zur Kampagne „80 Millionen gemeinsam für Energiewechsel“ in Berlin seine Zustimmung.
Der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Epoch Times12. Juni 2022

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will einem Medienbericht zufolge mit einer Verschärfung des Kartellrechts auf die trotz des Tankrabatts hohen Spritpreise reagieren. Wie der „Spiegel“ am Sonntag berichtete, soll der Staat gemäß der Pläne die Gewinne von Mineralölkonzernen auch ohne einen Nachweis von Marktmissbrauch abschöpfen und die Konzerne notfalls zerschlagen können. Habeck wirft den Ölkonzernen vor, den Steuerabschlag auf Benzin und Diesel aus dem Entlastungspaket der Bundesregierung nicht an die Verbraucher weiterzugeben.

„Die ersten Datensätze des Bundeskartellamts zum Tankrabatt zeigen, dass die Abstände zwischen Rohöl- und Tankstellenpreisen seit Monatsbeginn stark gestiegen sind“, sagte Habeck dem „Spiegel“. Offenkundig sei „das eingetreten, wovor viele Experten gewarnt hatten: Die Mineralölkonzerne streichen den Profit ein, die Verbraucher merken nichts von der Steuersenkung“.

Verschärfung des Kartellrechts geplant

Dem Magazin zufolge plant Habeck als Reaktion eine deutliche Verschärfung des Kartellrechts, die es den Wettbewerbsbehörden ermöglichen würde, strukturell in Märkte einzugreifen – ohne dass dabei ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht nachgewiesen werden muss.

In einem Positionspapier des Wirtschaftsministeriums, aus dem der „Spiegel“ zitiert, heißt es: „Es gibt ein Parallelverhalten bei den Preisen im Markt.“ Das bedeute, die Unternehmen kennen die Preise ihrer Wettbewerber an den Tankstellen, weil der Markt sehr transparent sei. „Das heißt, auch ohne eine kartellrechtswidrige Absprache werden die Preise sehr schnell einander angeglichen. Ein Missbrauch des Wettbewerbsrechts ist somit schwer nachweisbar.“

Mit der Änderung des Kartellrechts soll eine Möglichkeit geschaffen werden, unter anderem den Mineralöl- und Tankstellenmarkt zu entflechten. In einem weiteren Schritt soll das Bundeskartellamt schneller die Gewinne abschöpfen können.

Zwei Drittel des „Tankrabatts“ versickern bei Öl-Konzernen

Dass die befristete Steuersenkung für Kraftstoffe für die Bundesregierung zur milliardenteuren Fehlkonstruktion auf Kosten der Bürger zu werden droht, geht aus Berechnungen des Wirtschaftswissenschaftlers und Marktexperten Johannes Schwanitz hervor. So berichtete die „Welt am Sonntag“, dass zwei Drittel der Steuerentlastung seit dem Stichtag 1. Juni als zusätzliche Einnahmen bei den Mineralölkonzernen versickern. Schwanitz attestiert der Regierung „Naivität bis zur Fahrlässigkeit“.

So habe es für die Konzerne zum Schutz vor Missbrauch weder „konkrete Sanktionsregeln“ noch ein „transparentes Controlling-System“ gegeben. In den ersten zehn Tagen seit Inkrafttreten kamen danach von den 35,2 Cent Steuerersparnis pro Liter Superbenzin E5 lediglich zehn Cent den Verbrauchern zugute, 25 Cent verblieben als Mehrgewinn bei den Unternehmen.

Hoher Schaden für Steuerzahler

Schwanitz, dessen Institut für Technische Betriebswirtschaft an der Fachhochschule Münster die Entwicklung erforscht, geht von einem hohen Schaden zulasten der Steuerzahler aus: „Nimmt man die Margenausweitung beim Diesel hinzu, kommen wir auf eine Rohgewinnsteigerung der Mineralölunternehmen in hoher dreistelliger Millionenhöhe pro Monat.“ Angesichts der prognostizierten Steuermindereinnahmen von monatlich 1,13 Milliarden Euro ergäbe das auf Basis der bisherigen Erfahrungswerte einen Verlust von circa 730 Millionen Euro im Monat.

Für den gesamten Zeitraum des Tankrabatts wären es sogar mehr als zwei Milliarden Euro, die der Fiskus gemessen am geplanten Bedarf der Verbraucherentlastung abschreiben müsste. Die Mineralölunternehmen weisen Vorwürfe einer Gewinnmitnahme beim Tankrabatt zurück. Man könne die Zahlen von Schwanitz „nicht nachvollziehen und für unser Haus auch nicht bestätigen“, sagte ein Aral-Sprecher der „Welt am Sonntag“.

Die BP-Tochter habe die Senkung der Energiesteuer „vollumfänglich weitergegeben“. Alexander von Gersdorff, Sprecher des Lobbyverbands „Fuels und Energy“, begründet die Preissprünge mit massiv angestiegenen „Beschaffungskosten für Benzin und Diesel“. Die Energiesteuersenkung komme deshalb „nur auf den ersten Blick nicht beim Kunden an“. Ohne den Rabatt würde der Preis für Tankstellen-Super derzeit „bei rund 2,30 Euro“ liegen.

Der von der FDP durchgesetzte Tankrabatt war zum 1. Juni als Teil des Entlastungspakets der Bundesregierung in Kraft getreten. Es handelt sich um eine auf drei Monate befristete Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe. Bei Benzin sinken die Steuersätze um 29,55 Cent je Liter und bei Diesel um 14,04 Cent, hinzu kommt eine dann geringer ausfallende Mehrwertsteuer auf den Gesamtpreis.

Nach einem spürbaren Rückgang unmittelbar nach Inkrafttreten des Tankrabatts waren die Preise an den Tankstellen nach Angaben des ADAC zuletzt aber täglich wieder gestiegen. Vertreter von CDU und FDP hatten Habeck zuletzt aufgefordert, angesichts der weiterhin hohen Spritpreise gegen die Ölkonzerne vorzugehen.(afp/dts/mf)



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