SPD-Wehrbeauftragte für Wehrpflicht-Wiedereinführung – Kramp-Karrenbauer stellt neuen Freiwilligendienst vor

In der Diskussion um eine Wiedereinführung der Wehrpflicht hat Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) für kommendes Jahr einen neuen Freiwilligendienst für junge Menschen in der Bundeswehr angekündigt.
Titelbild
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) posiert mit Bundeswehrsoldaten für ein Gruppenbild im nordirakischen Kurdengebiet.Foto: Michael Kappeler/dpa
Epoch Times4. Juli 2020

In der Diskussion um eine Wiedereinführung der Wehrpflicht hat Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) für kommendes Jahr einen neuen Freiwilligendienst in der Bundeswehr angekündigt. Bei dem Dienst mit dem Titel „Dein Jahr für Deutschland“ sollen junge Menschen eine sechsmonatige militärische Grundausbildung erhalten und anschließend einen sechsmonatigen Reservedienst in der Nähe ihrer Heimat absolvieren, sagte Kramp-Karrenbauer am Samstag bei einer virtuellen Veranstaltung der CDU in Berlin.

Die genauen Pläne sollen noch in diesem Monat vorgestellt werden, sagte Kramp-Karrenbauer, die auch CDU-Parteivorsitzende ist. Bereits im Jahr 2021 sollen die ersten Freiwilligen mit dem Programm starten. „Dann kämen wir über eine rein theoretische Diskussion hinaus“, sagte Kramp-Karrenbauer.

Die neue Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hält aktuell nichts davon, die Wehrpflicht wieder einzuführen. Vielmehr beschäftige sie die „Idee eines Dienstes für unsere Gesellschaft“ angesichts von Populismus und Spaltungen. Bei einem möglichen Dienstjahr könnten auch Menschen mit Migrationshintergrund „Verantwortung übernehmen und gleichzeitig dadurch auch Wertschätzung erfahren“.

SPD-Wehrbeauftragte Eva Högl für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht zur Extremismusbekämpfung

Eine kontroverse Diskussion hatte zuvor der Vorschlag der neuen SPD-Wehrbeauftragte Eva Högl ausgelöst. Sie plädiert dafür, angesichts rechtsextremistischer Vorfälle in der Bundeswehr, die Wehrpflicht wieder einzuführen. „Ich halte es für einen Riesenfehler, dass die Wehrpflicht ausgesetzt wurde“, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstagsausgaben). Schon vor dieser Entscheidung habe es die Befürchtung gegeben, „dass sich Rechtsextremismus in einer Berufsarmee stärker entwickelt als in einer Wehrpflichtarmee“.

Es tue der Bundeswehr sehr gut, „wenn ein großer Teil der Gesellschaft eine Zeitlang seinen Dienst leistet“, betonte Högl. „Das erschwert es auch, dass sich Rechtsextremismus in der Truppe breit macht.“ Darüber wolle sie im kommenden Jahr „intensiv diskutieren“. Dabei solle es auch um die Frage gehen, ob Männer und Frauen gleichermaßen dienen sollten. Die Wehrpflicht in Deutschland war 2011 ausgesetzt worden.

Laut Högl reichen die Probleme in der Bundeswehr „von rechtsextremen Äußerungen bis hin zu rechtsextremen Verbindungen und Aktivitäten“. Auf die Frage, ob sich eine Untergrundarmee formiere, antwortete die Wehrbeauftragte den Funke Medien: „Das wollen wir alle nicht hoffen. Wir wissen es nicht.“ Bisher gebe es aber „keine Anzeichen für die Existenz einer Armee in der Armee oder einer Untergrundarmee“, sagte Högl.

Warum in der Bundeswehr Sprengstoff und Munition verschwunden seien, müsse der Staat allerdings „mit allen rechtsstaatlichen Mitteln aufklären“.Über viele Jahre sei der Rechtsextremismus „nicht ausreichend als Problem in der Bundeswehr thematisiert“ worden. Das gelte auch für den Militärischen Abschirmdienst.

AfD-Politiker: „Der erste sinnvolle Vorschlag der SPD seit vielen Jahren“

Die AfD schloss sich Högls Forderungen dagegen an: „Die AfD ist seit ihrer Gründung für die Reaktivierung der Wehrpflicht“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Rüdiger Lucassen. Högls Vorstoß sei „der erste sinnvolle Vorschlag der SPD seit vielen Jahren“, so Lucassen.

„Ich unterstütze den Vorstoß der Wehrbeauftragten ohne Wenn und Aber.“ Eine Wehrpflicht sichere nicht nur die Personalgewinnung. „Sie garantiert in der Tat auch eine gesunde Mischung an Soldaten aus allen Schichten und Regionen unseres Volkes.“ Die Wehrpflicht sorge für die „beste Verbindung zwischen Bevölkerung und Streitkraft“.

Högl müsse jetzt ihre Partei und die CDU überzeugen, so Lucassen. „Die Reaktivierung ist eine große Aufgabe, aber möglich.“ Schweden habe gezeigt, dass es gehe. In Schweden hatte 2017 die rot-grüne Regierung die Wehrpflicht sieben Jahre nach ihrer Abschaffung wieder eingeführt, weil sich nicht genug junge Rekruten gefunden hatten.

Der FDP-Sicherheitspolitiker Tobias Lindner hat dem Vorschlag der Wehrbeauftragten Eva Högl für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht eine Absage erteilt. „Die Wehrpflicht würde der Bundeswehr sicherheitspolitisch keinen Vorteil bringen, sondern lediglich massive personelle und finanzielle Ressourcen verschlingen“, erklärte Lindner am Samstag in Berlin.

„Wer will, dass die Truppe auch weiterhin möglichst die Breite der Gesellschaft abbildet, muss nicht nur eine angemessene Bezahlung und Ausrüstung sicherstellen“, erklärte Lindner. Es brauche eine „verantwortungsvolle Rekrutierungspraxis und zeitgemäße politische Bildung“ der Soldaten.

Der FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae wies Högls Vorstoß zurück. „Es ist eine abenteuerliche Auffassung, mit der Wehrpflicht gegen rechtsextreme Umtriebe in der Bundeswehr vorgehen zu können“, sagte Thomae. „Das Problem des Rechtsextremismus unter Soldaten müssen Bundeswehr und Verteidigungsministerium lösen, das kann nicht Aufgabe von jungen Menschen sein, die vielleicht gerade arbeiten oder studieren wollen.“ Allein mehr Stimmen aus der Mitte der Gesellschaft in der Truppe zu haben, sei zudem „kein Allheilmittel“ gegen die Rechtsextremisten dort, so der FDP-Politiker. „Sie würden ja Teil der Bundeswehr bleiben und könnten sich trotzdem miteinander vernetzen.“

Das Gleichheitsprinzip würde es zudem verbieten, willkürlich einen Teil der jungen Männer einzuziehen, so Thomae. „Andererseits wäre es auch zu viel, alle 700.000 Frauen und Männer eines Jahrgangs zu verpflichten. Selbst wenn viele davon soziale Dienste erledigen würden, wäre das ein Problem: Ihre Vergütung mit Mindestlohn würde den Staat ja mehrere Milliarden Euro pro Jahr kosten.“

Merz sieht keine ausreichende Begründung für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht

Auch CDU-Vorsitzkandidat Friedrich Merz sieht keine ausreichende Begründung für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht. Zwar könne man über die Wehrpflicht oder eine allgemeine Dienstpflicht diskutieren, sagte Merz den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Sonntagausgaben). “Aber die ohne Zweifel notwendige Bekämpfung des Rechtsradikalismus reicht als Begründung dafür nicht aus.”

Von ihrer Bundestagsfraktion erhält Högl zumindest Zustimmung zu einer offenen Debatte über die Wehrpflicht. „Nächstes Jahr jährt sich die Aussetzung der Wehrpflicht zum zehnten Mal“, sagte die stellvertretende Fraktionschefin Gabriela Heinrich dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Sonntagausgaben). „Es ist richtig, eine Debatte darüber zu führen, ob die mit der Aussetzung verbundenen Ziele auch erreicht wurden.“

Die SPD-Fraktion sei für eine ergebnisoffene Debatte in der Frage, so Heinrich. „Der Aussetzung der Wehrpflicht gingen intensive Diskussionen quer durch alle Parteien voraus.“ So eine Entscheidung müsse von einer großen Mehrheit in der Gesellschaft getragen werden. „Im Fokus muss dabei aber vor allem das Prinzip der Wehrgerechtigkeit stehen“, so Heinrich.

Högl: „Soldaten sollten dagegenhalten, wenn ein Kamerad sich rassistisch oder antisemitisch äußert“

Die Soldaten rief Högl zur Wachsamkeit auf. „Erstmal sollten Soldaten dagegenhalten, wenn ein Kamerad sich rassistisch oder antisemitisch äußert – am Stammtisch wie in den sozialen Medien“, forderte sie. „Als zweiten Schritt sollten die Soldaten ihre nächsthöheren Vorgesetzten informieren, wenn sie Rechtsextremismus erleben.“ Auch sie und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) seien ansprechbar.

Zu rechtsextremen Umtrieben im Kommando Spezialkräfte (KSK) sagte Högl, bei ihrem Besuch in Calw habe sie erlebt, dass ein Teil der Elitesoldaten „ernsthaft besorgt und betroffen“ sei und Rechtsextremismus ablehne. „Andere wiederum bagatellisieren rechtsextremistische Vorfälle, nach dem Motto: Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“, bemängelte die Wehrbeauftragte. (dts/afp/dpa/er)



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