Kurt Becks will eine neue Reform der Bundesländer diskutieren, auch Länderfusionen anstoßen

Der frühere Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz möchte eine neue Föderalismusreform anstoßen. Bei den Landesregierungen stößt dies eher auf Ablehnung.
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Sollen die Bundesländer Deutschlands neu sortiert werden?Foto: iStock
Epoch Times7. August 2018

Angesicht immer engerer Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern hält der langjährigen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) die Debatte über eine Föderalismusreform und Länderfusionen für überfällig.

Zwar sei der Föderalismus ein wichtiges und stabilisierendes Element, sagte Beck dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Trotzdem ist der Föderalismus reformbedürftig. Über eine größere Föderalismusreform, die auch die Landesgrenzen mit einschließt, ist aber schon lange nicht mehr diskutiert worden. Ich hielte sie für wünschenswert“, so der frühere Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz.

Die Landesregierungen lehnen weitestgehend seinen Vorstoß ab.

„Das steht bei uns weder politisch, noch in der breiten Öffentlichkeit zur Debatte“, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.

Würde man jetzt eine Volksabstimmung machen, wären 75 Prozent der Brandenburger dagegen. Das hat auch mit dem eigenen Erfolg, dem gewachsenen Selbstbewusstsein zu tun, weil sich Brandenburg in den letzten Jahren eigenständig so gut entwickelt hat.“

Der Potsdamer Regierungschef erinnerte an die in einer Volksabstimmung gescheiterten Fusionspläne von Berlin und Brandenburg. „Die Frage, die schon 1996 nicht überzeugend beantwortet werden konnte, war doch: Was ändert sich zum Positiven? Arbeitet dann die Verwaltung besser? Den Brandenburgern kann man schlecht erklären, warum eine Mehrheit aus Berlinern in einem gemeinsamen Landesparlament sich darum kümmern sollte, was zum Beispiel in der Lausitz los ist“, so Woidke.

Auch Manuela Schwesig, SPD-Regierungschefin in Schwerin, lehnt Becks Überlegungen ab. „Mecklenburg-Vorpommern setzt auf eine enge Zusammenarbeit mit seinen Nachbarn. Wir arbeiten mit den norddeutschen Ländern zusammen, wenn es um unsere Häfen oder Verkehrsprojekte geht. Und es gibt auch eine enge Zusammenarbeit mit den ostdeutschen Ländern, zum Beispiel bei der Förderung strukturschwacher Regionen“, sagte Schwesig dem RND.

Außerdem habe ich den Eindruck, dass sich die Bürgerinnen und Bürger gerade in der heutigen Zeit ihre Regionalität bewahren möchten.“

Effizienz erhöhen, landestypische Verbundenheit berücksichtigen

Bei einer Neuordnung der deutschen Länder seien zwei Dinge entscheidend, so Beck. „Man muss Effizienzgewinne erzielen, sonst macht das ganze ja keinen Sinn. Angesichts der hohen Spezialisierung, die Fachbehörden heute haben, ist das durchaus möglich. Viel wichtiger aber ist es, landsmannschaftliche Verbundenheit zu berücksichtigen.“

Der SPD-Politiker, der Vorsitzender der parteinahen Friedrich-Ebert-Stiftung ist, nannte als Beispiele das Saarland und Norddeutschland. „Im Saarland gibt es einen saarpfälzischen Teil, der mit der Pfalz eine gefühlte und traditionelle Einheit bildet. Und es gibt den moselfränkischen Bereich, der sich bis Trier zieht. Deshalb könnten Sie aus dem Saarland und Rheinland-Pfalz eine neue Einheit formen, ohne dass die Menschen das innerlich ablehnen würden“, so Beck gegenüber dem RND.

Ähnliche Verbindungen finden sich bei Berlin und Brandenburg oder im Norden Deutschlands. Ich denke da zum Beispiel an das Sendegebiet des Norddeutschen Rundfunks.“

Für Länderfusionen zwischen Ost und West sei die Zeit allerdings noch nicht reif, glaubt Beck.

Die Menschen im Osten mussten so viele tiefgreifende Veränderungen verarbeiten, dass man hier besonders behutsam vorgehen sollte.“

Sachsen: „Ich wehre mich gegen die zunehmende Berlin-Zentrierung“

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) warnt hingegen vor einer wachsenden Verschiebung der Bund-Länder-Beziehungen in Richtung Bundesebene.

Ich wehre mich gegen die zunehmende Berlin-Zentrierung. Ich kann nicht erkennen was der Bund mehr kann, als die Länder. Außer der Bereitschaft zum Geld ausgehen.“

„Oft wird von einer Entfremdung zwischen den Bürgern und der Politik gesprochen. Der Grund dafür liegt zumeist in einer Gleichmacherei, die die Realität nicht ausreichend abbildet. Deshalb ist der Föderalismus so wichtig und muss gestärkt werden“, sagte der Christdemokrat. Zu Länderfusionen äußert er sich skeptisch.

„Die Eigenheiten der Menschen haben in ihren Ländern eine Projektionsfläche, die es erlaubt, mit anderen eine Gemeinschaft zu bilden und sich gleichzeitig von anderen abzugrenzen“, so Kretschmer.

„Selbstverständlich wird sich unsere föderale Ordnung weiter entwickeln. Aber bitte nicht in Richtung Zentralisierung. Bei Bundestags- und Landtagswahlen muss der Bürger genau wissen, welche politischen Entscheidungen von dem jeweiligen Parlament verantwortet werden.“ (dts)



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