Lambrecht hält am Soli fest: „Bundeskabinett hat Verfassungsmäßigkeit geprüft“

Verfassungswidrig oder nicht? In einem Gutachten hegte der wissenschaftliche Dienst des Bundestages erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Koalitionspläne zur Abschaffung des Soli.
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Der Gesetzentwurf wurde vom Bundeskabinett beschlossen und zuvor auf seine Verfassungsmäßigkeit geprüft", sagte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht.Foto: WOLFGANG KUMM/AFP/Getty Images
Epoch Times7. September 2019

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschaffung des Solidaritätszuschlages für 90 Prozent der Zahler zurückgewiesen. „Der Gesetzentwurf wurde vom Bundeskabinett beschlossen und zuvor auf seine Verfassungsmäßigkeit geprüft“, sagte Lambrecht dem „Handelsblatt“ (Montagausgabe). Gerade im Steuerrecht könne auf die individuelle Leistungsfähigkeit eingegangen werden.

Zugleich wandte sich Lambrecht gegen die Einschätzung des früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgericht Hans-Jürgen Papier und des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, wonach der Soli mit dem Auslaufen des Solidarpakts verfassungswidrig sei.

„Der Soli war nie eins zu eins an den Solidarpakt gebunden. Nur weil er wegfällt, muss nicht auch der Soli abgeschafft werden“, erklärte die SPD-Politikerin.

Kritisch äußerte sich die Ministerin in diesem Zusammenhang zu Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), der ein eigenes Konzept zur vollständigen „Soli“-Abschaffung hatte erstellen lassen. Darin wird die von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) angestrebte Teil-Abschaffung als „verfassungsrechtlich problematisch und auch nicht gerechtfertigt“ eingestuft.

Altmaier habe den Passus zum Soli im Koalitionsvertrag „mitverhandelt“, sagte Lambrecht dem „Handelsblatt“. „Sicher gab es hier unterschiedliche Vorstellungen, aber wir haben uns letztlich auf einen Kompromiss verständigt. Diesen werden wir als Regierung vertreten und ins parlamentarische Verfahren einbringen“, betonte die Ministerin. „Was Kollegen darüber hinaus denken, fordern oder wünschen, ist nicht entscheidend.“

Gutachten: Soli ab 2020 verfassungswidrig

Zuvor hatten Experten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Koalitionspläne zur Abschaffung des Soli gehegt. Es bestehe ein „sehr hohes Risiko“, dass das Bundesverfassungsgericht eine Erhebung des Solidaritätszuschlags ab 2020 „für verfassungswidrig erklärt“, hieß es in der Expertise.

Darin heben die Wissenschaftler hervor, ein „beachtlicher und auch renommierter Teil der Fachliteratur“ sei der Ansicht, dass mit Ablauf des Solidarpakts II die verfassungsmäßige Rechtfertigung für die Erhebung des Solidaritätszuschlags als Ergänzungsabgabe entfalle. Diese Bewertung habe auch Auswirkungen auf die 90-Prozent-Lösung des Koalitionsvertrages und des aktuellen Regierungsentwurfs.

In der Folge berge „jedwede Erhebung des Solidaritätszuschlags über 2019 hinaus – sei es auch nur von höheren Einkommensgruppen und Unternehmen – ein hohes Risiko der Verfassungswidrigkeit in sich“, warnen die Autoren des 23-seitigen Gutachtens. (afp/dts/sua)



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