Langes juristisches Tauziehen um Abschiebung von Sami A. erwartet

Das juristische Tauziehen um die Abschiebung von Sami A. nach Tunesien könnte noch lange dauern. Das Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen will den Tunesier nach Deutschland zurückholen, Land Nordrhein-Westfalen will das nicht.
Titelbild
Sami A. aus Bochum (li.) gilt als ehemaliger Leibwächter von Terror-Fürst Osama bin Laden (re.). Er selbst bestreitet das.Foto: Screenshot Youtube
Epoch Times16. Juli 2018

Das juristische Tauziehen um die Abschiebung des mutmaßlichen Islamisten Sami A. nach Tunesien könnte noch lange dauern.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen, dass der Tunesier nach Deutschland zurückgeholt werden muss, will das Land Nordrhein-Westfalen vor dem Oberverwaltungsgericht angreifen.

Zugleich reklamiert die tunesische Justiz die Zuständigkeit für Sami A. für sich. Ein Überblick über einen ebenso komplizierten wie heiklen Fall:

WIE SIEHT DIE JURISTISCHE AUSGANGSLAGE NACH DER ABSCHIEBUNG VON SAMI A. AUS?

Der mutmaßliche Islamist, der zu den Leibwächtern des 2011 getöteten Al-Kaida-Führers Osama bin Laden gehört haben soll, wurde am Freitagmorgen abgeschoben. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte allerdings einen Tag zuvor entschieden, dass der Tunesier vorerst nicht abgeschoben werden darf. Die Richter sahen weiterhin die Gefahr, dass ihm dort Folter droht. Doch diese Entscheidung lag den Behörden beim Abflug der Maschine mit Sami A. nicht vor.

Das Verwaltungsgericht entschied deshalb noch am Freitag, dass der Tunesier nach Deutschland zurückgeholt werden müsse. Die Abschiebung sei „grob rechtswidrig“ und verletze „grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien“. Das nordrhein-westfälische Ministerium für Flüchtlinge wiederum kündigte umgehend an, Beschwerde gegen diese Entscheidung vor dem Oberverwaltungsgericht des Landes in Münster einzulegen.

WANN ENTSCHEIDET DAS OBERVERWALTUNGSGERICHT?

Das ist unklar. Das Land und die in dem Fall zuständige Stadt Bochum haben zwei Wochen Zeit, um ihre Beschwerde einzulegen. Für deren Begründung bleibt ihnen – gerechnet ab dem Moment der Zustellung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts – ein Monat Zeit. Erst wenn diese vorliegt, können die OVG-Richter sich an die Arbeit machen. Wie lange sie dafür brauchen, hängt unter anderem vom Umfang der Beschwerde ab. Das Oberverwaltungsgericht prüft nach Angaben einer Sprecherin nur die vorgebrachten Gründe gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

WIE GEHT ES NACH DER NÄCHSTEN GERICHTSENTSCHEIDUNG WEITER?

Grundsätzlich gibt es in einem solchen Eilverfahren nach Angaben der OVG-Sprecherin nur zwei Instanzen. Ein Gang zum Bundesverwaltungsgericht nach Leipzig ist also nicht möglich. Je nach Ausgang des Verfahrens vor dem OVG könnte Sami A. vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde einlegen.

WÜRDE TUNESIEN EIN RÜCKKEHR VON SAMI A. NACH DEUTSCHLAND ÜBERHAUPT ZULASSEN?

Daran gibt es erhebliche Zweifel. Die tunesische Justiz reklamierte bereits die Zuständigkeit in dem Fall für sich. A. sei seit Januar wegen Terrorverdachts in Tunesien zur Fahndung ausgeschrieben, sagte der Sprecher der Anti-Terror-Staatsanwaltschaft.

Die Bundesregierung nahm nach Angaben einer Sprecherin von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Kontakt zu den tunesischen Behörden auf. Das Ministerium wolle dadurch „amtliche Informationen zum derzeitigen und weiteren Vorgehen in dem Fall“ erlangen.

WELCHE POLITISCHEN FOLGEN KÖNNTE DER FALL HABEN?

Die Abschiebung von Sami A. ist auch politisch höchst brisant. Im Raum steht unter anderem der Vorwurf, dass das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen vor der Abschiebung von Behörden getäuscht worden sei. Unter Druck stehen in dem Fall die nordrhein-westfälische Landesregierung genauso wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und damit auch Bundesinnenminister Seehofer. Der Minister war persönlich über die Pläne für die umstrittene Abschiebung informiert. (afp)



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