Lindner bringt Ampel-Aus ins Spiel: Regierung könne Teil des Problems sein

FDP-Chef Lindner hat in einem Interview mit einem Podcast-Betreiber Zweifel an der Fähigkeit der Ampel geäußert, den aktuellen Anforderungen noch gewachsen zu sein. Stabilität sei für Deutschland von „überragender Wichtigkeit“, die Regierung könne irgendwann aber auch „selbst Teil des Problems sein“.
Finanzminister Lindner spricht von einem «Herbst der Entscheidungen». (Archivbild)
Finanzminister Lindner spricht von einem „Herbst der Entscheidungen“. (Archivbild)Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 3. Oktober 2024

In einem Gespräch mit dem Podcast „table.briefing“ hat Bundesfinanzminister Christian Lindner ein mögliches vorzeitiges Ende der Ampelkoalition in Aussicht gestellt. Er brachte Zweifel zum Ausdruck, dass das Bündnis noch „auf der Höhe der Zeit regiert“.

Lindner glaube nicht, dass es an den „Werten der FDP“ liege, dass die Partei in der Krise sei. Man sei, wenn man Umfragen betrachte, „Teil der unbeliebtesten Koalition“. Schwarz-Gelb – das weit von einer eigenen Mehrheit entfernt wäre – stelle hingegen ein beliebtes Modell dar.

Lindner verteidigte dennoch die bisherige Bilanz des Bündnisses. Man habe „die Energiekrise gemeistert“, das Fachkräfte-Einwanderungsgesetz beschlossen und eine „forderndere Migrationspolitik“ auf den Weg gebracht. Was die Ampel anbelangt, sei er „ohne hohe Erwartungshaltung“ in das Bündnis gegangen.

Man habe sich davon versprochen, „gesellschaftliche Konflikte aushandeln“ zu können. Allerdings habe der Koalitionsvertrag eine Vielzahl an Formulierungen enthalten, denen ein „versteckter Dissens“ zwischen den Koalitionspartnern innegewohnt habe.

Schuldenbremse-Urteil aus Karlsruhe hat „Ressourcenkonkurrenz verschärft“

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Umgruppierung von Corona-Mitteln in den Klima- und Transformationsfonds (KTF), die sein Amtsvorgänger Olaf Scholz veranlasst habe, führte zu einer „verschärften Ressourcenkonkurrenz“. Dies, so Lindner, habe das Bündnis zusätzlich belastet.

Für die FDP sei immer eine Voraussetzung für die Zusammenarbeit gewesen, dass es keine Steuererhöhungen gebe und die Schuldenbremse eingehalten werde. Nach dem Urteil aus Karlsruhe sei das für die Rot-Grünen nicht mehr so leicht zu akzeptieren gewesen.

Lindner zweifelte auch an der Sinnhaftigkeit des Ziels, Deutschland fünf Jahre früher klimaneutral zu machen, als es dem EU-Ziel entspreche. Dies führe nicht zu weniger CO₂-Emissionen in der EU, sondern nur dazu, dass das Land es sich selbst schwerer mache.

Der von Brüssel ausgehende Weg einer von Subventionen flankierten Top-down-Transformation sei kein richtiger, auch starre Daten etwa zum Kohleausstieg seien nicht produktiv. Stattdessen müsse man auf den CO₂-Handel vertrauen und auf die Entwicklung von Technologien.

„Blockierer für die einen – zu viel Rot-Grün für die anderen“

Die FDP hatte zuletzt bei drei Landtagswahlen nur noch Ergebnisse von einem Prozent oder darunter erzielt. Seit dem Eintritt in die Ampelkoalition hat die Partei nur noch bei einer überregionalen Wahl Zugewinne verzeichnen können. Bei der Landtagswahl 2022 im Saarland gewann sie 1,5 Prozentpunkte dazu – was allerdings nur für 4,8 Prozent und keinen Einzug ins Parlament reichte.

Lindner wies darauf hin, dass seine Partei unterschiedlichen Erwartungshaltungen ausgesetzt sei:

„Wir stehen als Blockierer da. Aber unsere Wähler sagen mir: Ihr macht zu viel Rot-Grün.“

Am Tag nach der Landtagswahl hat Lindner den „Herbst der Wahrheit“ ausgerufen. Bis 21. Dezember habe die Koalition Zeit, in entscheidenden Bereichen wie Migration, Wirtschaft und Finanzen Richtungsentscheidungen zu treffen. Sollte man dann an seine Grenzen stoßen, sei „Mut, eine neue Dynamik zu entfachen“, gefragt.

Esken bezeichnet Äußerungen von Lindner als „Ausdruck einer Spielernatur“

In der Vorwoche hatte auch SPD-Chefin Saskia Esken erklärt, „wenig Hoffnung“ mit Blick auf die Zukunft der Ampel zu sehen. Sie warf der FDP vor, ein vorzeitiges Koalitions-Aus zu provozieren. Lindner betreibe ein „Jonglieren mit Daten und Ultimaten“. Dies sei „Ausdruck einer Spielernatur, die mit verantwortungsvoller Politik nichts zu tun hat“.

Für die Grünen erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, er wolle „noch 20 bis 30 Gesetzesvorhaben“ innerhalb der Ampelkoalition auf den Weg bringen. Einer Umfrage des Sozialverbandes VdK zufolge glauben nur noch 12,5 Prozent der Befragten daran, dass die Regierung die noch offenen Vorhaben aus ihrem Koalitionsvertrag tatsächlich umsetzen kann.

Sollte die Ampelkoalition bis zum Ende des Jahres platzen, wäre mit Neuwahlen im Frühjahr zu rechnen – möglicherweise im April oder Mai. Der reguläre Wahltermin wäre im September. Der Bürgerschaftswahl in Hamburg, die am 2. März stattfindet, würde eine besondere Aufmerksamkeit als Generalprobe zukommen.

In jüngsten Umfragen gelang es der SPD von Bundeskanzler Olaf Scholz, wieder leicht Boden gutzumachen. Eine Große Koalition aus Union und Sozialdemokraten könnte nach derzeitigem Stand mit einer soliden parlamentarischen Mehrheit rechnen.



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