Linguistik-Professor über Zwang zur Genderneutralität: „Typisch für autoritäre Regimes, aber nicht für Demokratien“

Studierende, GärtnerInnen, Geflüchtete - Grammatische Kunstformen zu verordnen, um eine Genderneutralität zu erzwingen, sei typisch für autoritäre Regimes, aber nicht für Demokraten. Zu diesem Schluss kommt der Potsdamer Linguist Peter Eisenberg in Folge seiner Kritik an den frei erfundenen femininen Personenbezeichnungen.
Titelbild
Junge Frau mit Weiblichkeitssymbol. ANNE-CHRISTINE POUJOULAT/AFP/Getty Images
Von 13. März 2017

Eine Studie über die Auswirkungen einer geschlechtergerechteren Sprache hat gezeigt, wie wichtig die Erwähnung der weiblichen Personengruppe ist.  Befragt wurden SPD-Mitglieder, wen sie sich für das Amt des Bundeskanzlers vorstellen könnten. Die Gruppe, die nur nach einem potenziellen Bundeskanzler befragt wurde, nannte auch nur Männer. Die Gruppe, die nach einem potenziellen Bundeskanzler oder einer Kanzlerin befragt wurde, nannte Männer und Frauen.

In einem Interview mit dem „Deutschlandfunk“ geht Linguist Professor Peter Eisenberg von der Universität Potsdam unter anderem auf die Frage ein, wie sich die Existenz der weiblichen Form in unserer Sprache elegant verankern lässt.

Eisenbergs Meinung nach, gibt es dabei zwei Strategien: Entweder man vermeidet das grammatische Geschlecht im Allgemeinen (Anm. der Red. – so wie es auch im Englischen üblich ist), oder man verwendet Formen, die Frauen besonders thematisieren, wie „der Professor“ – „die Professorin“.

Nun gäbe es aber Nomen, die sich nicht in die weibliche Form umwandeln ließen, wie zum Beispiel „der Flüchtling“ oder „der Säugling“. Ein Flüchtling sei kein Geflüchteter und ein Säugling sei auch kein Gesäugter. Bei einem Fahrer spreche man heute dauernd von Fahrenden. Aber geht das? „Der Fahrende von Willy Brandt war nicht immer nüchtern.“ Da sehen Sie das ganz deutlich, dass es nicht dasselbe ist. Die Formen könne man so nicht abändern, das sei Sprachmanipulation, die so nicht hingenommen werden kann, meint der Professor, und weiter:

„Jemand, der sich erdreistet, in einer der größten Sprachen Europas Formen einzuführen, die es nicht gibt und sie dann zu verordnen, der hat doch irgendwie ein schräges Verhältnis zur Demokratie. Das sind Leute, die sind gewählt worden, um den Willen ihrer Wähler zu verwirklichen. Und was machen sie als Erstes: Sie wollen die erziehen.“

Laut Eisenberg hat niemand das Recht, in eine Sprache einzugreifen. Das wiederum habe aber nichts damit zu tun, dass man Frauen nicht sichtbar machen wolle.

Und wie verhalte es sich mit „Bäckerin“ oder „Ärztin“? Diese Redeweise sei grammatikalisch völlig in Ordnung. Bei dem Wort Bäcker zum Beispiel sei ja das Handwerk gemeint und nicht die Mitglieder des Handwerks, das Wort Bäcker sei von seiner Beziehung her neutral. Dass man mit der „Bäckerin“ die Frau besonders sichtbar mache, dagegen habe der Professor nichts.

Anders verhalte es sich aber mit den Formen, die diese Binnen-I aufweisen, wie „GärtnerInnen“. So eine Form gäbe es überhaupt nicht, sondern sei frei erfunden worden. Hier gäbe es schon eine problematische Entwicklung. Aber es gebe heute nicht nur das große I, sondern auch den Schrägstrich, den Unterstrich und vor allem „das unsägliche Gender-Sternchen, das in den Berliner Bezirken teilweise obligatorisch gemacht werden soll“.

Laut Eisenberg schmeiße man solche Texte gleich in den Papierkorb. Und er geht sogar noch weiter: „Da muss man rechtlich gegen vorgehen, meiner Meinung nach kann man das auch.“ Solche Eingriffe in die Sprache seien „typisch für autoritäre Regimes, aber nicht für Demokratien“.

Aber wie könne man denn nun die Frauen sichtbar machen, ohne die Sprache zu schänden?

Man spreche entweder ganz personenunabhängig, oder mache sich die Mühe, die Personen zu benennen, wie „weibliche Studenten“. „Studenten und Studentinnen“ zu sagen,  sei noch akzeptabel, da es sich immerhin noch innerhalb der deutschen Grammatik bewege. Hierbei sei nichts „ungrammatisch oder frei erfunden oder autoritär verordnet – diese Form gibt es im Deutschen“. Es sei zwar ein bisschen umständlich, „aber wenn man etwas verändern will, dann ist es doch keine Zumutung, wenn man ein bisschen Aufwand dafür treibt.“

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