Maaßen bei Lanz: Nach Chemnitz „von der Republik schockiert“ – Das Problem Deutschlands ist der fehlende Realitätssinn

Bei „Markus Lanz“ weigerte sich der langjährige Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen, von seinen in der Debatte nach den Ereignissen von Chemnitz geäußerten Einschätzungen abzurücken. Das Grundproblem in Deutschland sei der fehlende Realitätssinn.
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Hans-Georg Maaßen, ehemaliger Präsident des Verfassungsschutzes.Foto: Hannibal Hanschke/dpa
Von 18. Dezember 2019

„Der öffentlich-rechtliche Rundfunk will mehr Meinung machen als Tatsachen zu bringen“, erklärte am Dienstagabend (17.12.) der langjährige Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen unverblümt in der ZDF-Sendung von Markus Lanz. Allzu große Anstrengungen, ihn zu widerlegen, machte dieser im gesamten Verlaufe der Sendung ebenso wenig wie Mit-Studiogast und ARD-„Investigativjournalist“ Olaf Sundermeyer.

Die auf die Ereignisse von Chemnitz im Spätsommer 2018 gemünzte Frage, ob Maaßen denn in seiner Amtszeit Fehler gemacht hätte, war erkennbar mit der Erwartungshaltung verbunden, dass dieser doch endlich einräumen möge, mit seiner öffentlichen Kritik am „Hetzjagden“-Narrativ falsch gelegen zu haben.

Für kritische Äußerungen bitte nicht die „Bild“-Zeitung verwenden

Maaßen wollte diesem Wunsch indes nicht entsprechen. Er sagt zwar, dass er manches noch besser hätte handhaben können, aber von „Fehlern“ würde er nicht sprechen, insbesondere mit Blick auf Chemnitz. In diesem Zusammenhang bemüht er Fakten – und spricht von der zweifelhaften Quelle des Videos, das die entsprechenden Behauptungen untermauern sollte, oder den Umstand, dass dem Verfassungsschutz damals schlicht keine seriösen Erkenntnisse vorgelegen hätten, die diese gestützt hätten.

Dass das, was faktisch zutreffe, aber nicht immer das moralisch Richtige sei, und es sich deshalb verbieten könne, es auszusprechen, war im Kern die Antwort der öffentlich-rechtlichen Journalisten auf Maaßens Replik. So hätte Maaßen, meinte Lanz, wenn er die „Hetzjagden“ schon hinterfragen müsse, dies doch wenigstens über die dpa machen können – die das „einordnen“ oder deren Text man auch ignorieren hätte können – und nicht mittels eines Interviews in der „Bild“-Zeitung. Denn es sei ja die „Wirkung“ der Worte, auf die es ankomme. Zudem leisteten Zweifel an Objektivität und sachlicher Richtigkeit der Darstellungen öffentlich-rechtlicher Journalisten, wie Sundermeyer deutlich macht, den „Lügenpresse“-Rufern Vorschub.

Maaßen gab im Zusammenhang mit den Ereignissen von Chemnitz und der Reaktion auf seine Aussagen in Politik und Medien an, er sei damals „von der Republik schockiert“ gewesen. Diese „stand Kopf wegen vier Sätzen, die ich gegeben hatte“. Dabei sei er „nicht der wichtigste Mann der Republik, um den es sich alles drehen und über den permanent berichtet werden müsste“.

Deutsche Politik von Wunschdenken bestimmt

Anders als Bundesinnenminister Horst Seehofer, der sich damals der linken Kampagne gegen Maaßen gebeugt hatte, sehe er das Grundproblem in Deutschland nicht in der Migration:

Die Mutter aller Probleme ist, dass die Politik in Deutschland mehr Wunschdenken verfolgt als Realitätssinn.“

Das sei insbesondere in der Migrations- und in der Klimapolitik zu beobachten. Das Land habe seit 2012 nicht weniger als 2,07 Millionen Menschen nur als Asylsuchende aufgenommen:

Dazu kommt noch der Familiennachzug. Dazu kommen noch die ganzen Leute, die illegal gekommen sind. Und einfach zu sagen, wir sind in der Lage, die alle zu integrieren. Da muss ich sagen, da verkennt man die Realitäten.“

Statt auf den Inhalt von Maaßens Aussage einzugehen, zieht Lanz einen Satz hervor, den Maaßen einmal in einer Rede vor der WerteUnion in Heidelberg geäußert hatte und in dem es hieß, er sei „nicht vor 30 Jahren in die CDU eingetreten, dass dann irgendwann 1,8 Millionen Araber ins Land kommen“. Maaßen spricht von seiner Mitarbeit an der Reform des Asylparagrafen in den 1990er Jahren, von seiner Doktorarbeit über die „Rechtsstellung des Asylbewerbers im Völkerrecht“ und davon, dass Asylrecht nicht genießen könne, wer aus einem sicheren Drittstaat komme. Lanz beharrt lediglich darauf, dass Maaßens Araber-Satz „AfD-Sprech“ wäre.

„Keine Familien und Mädchen mit Kulleraugen“

Maaßen kritisiert in weiterer Folge, dass sich Menschen nicht mehr getrauten, offen ihre Meinung zu sagen und dass die Darstellung der Flüchtlingskrise in öffentlich-rechtlichen Medien vor allem vom Framing-Gedanken beherrscht gewesen wäre. Medien und Politik hätten im Herbst 2015 den Anschein erweckt, dass vor allem „Familien und Mädchen mit Kulleraugen“ unter den Flüchtlingen seien, und nicht vor allem junge Männer.

Die Reaktion auch hier: Herauspicken von Twitter-Zitaten, verbunden mit dem Vorwurf, die „Gesellschaft zu spalten“.

Auf die Anschuldigung, mit „billigen Tricks“ zu arbeiten, antwortet Maaßen:

Wir sind in Deutschland leider an einem Punkt, wo man solche billigen Tricks verwenden muss. Weil die Leute nicht mehr miteinander reden und die Probleme nicht mehr beim Namen nennen.“

Man müsse überspitzen, um überhaupt öffentlich wahrgenommen zu werden. Immerhin könne sich 2015 „jederzeit wieder ereignen“.

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