„Mangelhafte“ Datenlage: Sachverständige rechnen mit Politik und RKI ab

Die mit Spannung erwartete Evaluation der bisherigen staatlichen Corona-Beschränkungen ist da. Die 18-köpfige Sachverständigenkommission rechnet mit der Corona-Politik der Bundesregierung ab.
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Ein mit orangem Klebeband durchgestrichenes Schild steht in der Münchner Innenstadt am Straßenrand. Symbolbild.Foto: Peter Kneffel/dpa/dpa
Epoch Times1. Juli 2022

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In seiner Evaluierung der Corona-Politik in Deutschland übt ein interdisziplinärer Sachverständigenausschuss tiefgreifende Kritik an den politischen Entscheidungsträgern und dem Robert Koch-Institut (RKI). Das berichtet die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf den 165-seitigen Bericht, der am Freitagmittag veröffentlicht wurde. Demzufolge werden die Erhebung und der Umgang mit Daten, die „unzureichende Forschungsarbeit“, die öffentliche Kommunikation sowie das „Zustandekommen der Grundrechtseinschränkungen“ bemängelt.

Zudem kritisieren die 18 Ratsmitglieder die „mangelhafte“ Corona-Datenlage in Deutschland, die der Grund dafür sei, dass man die meisten von der Politik verordneten Maßnahmen nur unvollständig habe bewerten können. „Während in anderen Ländern Möglichkeiten zur Einschätzung der Wirkung von nicht-pharmazeutischen Maßnahmen genutzt wurden, ist eine koordinierte Begleitforschung während der Corona-Pandemie in Deutschland weitgehend unterblieben“, heißt es in dem Report.

Kosten-Nutzen-Analyse wurde nicht erstellt

Es gebe keinerlei Forschungskonzept, um „auf Grundlage besserer Daten und darauf aufbauender Analysen die anstehenden Entscheidungen in der Pandemie zu fällen“. Seit vielen Jahren sei klar, dass die Wirkung von einzelnen Maßnahmen nicht erforscht sei. Trotzdem habe man nichts unternommen, um an diesem Zustand etwas zu ändern – bis heute.

Dabei, so die Sachverständigen, ist das RKI laut Infektionsschutzgesetz „die zentrale Forschungs- und Referenzeinrichtung für Infektionskrankheiten“, in der „die Maßnahmen des Infektionsschutzes erforscht“ werden. „Diese Institution stünde bei der Lösung des identifizierten Daten- und Studienproblems somit auch selbst in der Pflicht.“ Vor dem Hintergrund der Datenlage sei eine Kosten-Nutzen-Analyse der Maßnahmen gar nicht erstellt worden.

Experten sehen Maßnahmen kritisch

Nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung bewerten die Experten viele der Maßnahmen skeptisch. Lockdowns seien nur im Anfangsstadium einer Pandemie sinnvoll, um eine „Übertragung in der Bevölkerung soweit es geht zu reduzieren“, heißt es in dem Bericht. „Je länger ein Lockdown dauert und je weniger Menschen bereit sind, die Maßnahme mitzutragen, desto geringer ist der Effekt und umso schwerer wiegen die nicht-intendierten Folgen“. Dazu zählten die Experten unter anderem die „Steigerung der häuslichen Gewalt gegenüber Frauen und Kindern“, die „Zunahme von psychischen Erkrankungen“ und „existenzielle Nöte“.

Auch die sogenannten 2G- und 3G-Maßnahmen werden den Angaben zufolge von den Experten kritisch eingeordnet. Verbindliche Aussagen treffen die Sachverständigen hierbei nicht.

Was Schulschließungen angeht, so heißt es, der genaue Effekt auf die Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus sei „trotz biologischer Plausibilität und zahlreicher Studien weiterhin offen“, unter anderem, weil die Effekte der Einzelmaßnahmen nicht evaluiert werden könnten. Auch „eine generelle Empfehlung zum Tragen von FFP2-Masken ist aus den bisherigen Daten nicht ableitbar.“

Deutliche Kritik gibt es in der Kommission an der Gesetzgebung des Bundes. Die entsprechenden Regelungen im Infektionsschutzgesetz sollten so gefasst werden, dass sie für alle Erreger gelten, sagte die Juristin Andrea Kießling. „Wir empfehlen auch, dass man den Rechtsrahmen nicht so häufig ändert, wie das in den letzten beiden Jahren passiert ist.“

Streit im Corona-Expertenrat über Bewertung der Maßnahmen

Kurz vor Vorstellung der Evaluation der Corona-Maßnahmen am (heutigen) Freitag ist in der 18-köpfigen Sachverständigenkommission ein schwerer Streit über die richtige Bewertung ausgebrochen. Das berichtet „Bild“ (Freitagausgabe) unter Berufung auf Mitgliederkreise. Demnach ist der Epidemiologe Klaus Stöhr mit der Bewertung zahlreicher Einschränkungen wie Lockdowns, Schulschließungen und 2G-Regeln durch das Gremium nicht einverstanden.

Stöhr wünsche sich eine kritischere Bewertung der Maßnahmen, konnte dies aber im Gremium nicht durchsetzen, hieß es. Er kam als Nachrücker für den Virologen Christian Drosten in das Expertengremium und übt seit Langem deutliche Kritik an den Corona-Maßnahmen von Bund und Ländern. (dts/dpa/afp/red)



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