Medien doktern am Symptom Pegida rum – Eine unvollkommene Presseschau

Was für Schlagzeilen! "Hass-Prediger Akif Pirincci zerstört die Pegida in Dresden" - "Pegida-Jahrestag endet in Gewalt" - "Morddrohungen gegen Leipziger Oberbürgermeister": So begingen die Medien den Pegida-Jahrestag.
Titelbild
'Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes,' PEGIDA am 19. Oktober in Dresden. Niemand hätte gedacht, dass eine Gruppe mit diesem umständlichen Namen so lange bestehen könnte. Aber wie auf dem Bild zu sehen, wollen sie noch weiter durchhalten.Foto: ROBERT MICHAEL/AFP/Getty Images
Von 20. Oktober 2015

Wie man heute so schön sagt, ich hab dann mal gegoogelt … Natürlich nicht nur, ich habe auch andere Quellen, die Google nicht einbezieht, aber was so öffentliche Meinung ist, oder nach Meinung mancher Meinungsmacher sein sollte, das findet man am besten bei Google.

Da hatten doch schon – wie ich heute früh feststellte – heute Nacht um 2.08 die Deutschen Wirtschafts Nachrichten zum Generalschlag gegen Pegida ausgeholt mit dem Titel:

Hass-Prediger Akif Pirincci zerstört die Pegida in Dresden

Zitat: „Was keinem Politiker in Deutschland bisher gelungen ist, das dürfte dem Schriftsteller Akif Pirincci gelungen sein: Mit einer unglaublichen Hass-Rede hat er die Pegida in Dresden zerstört. Kein Mensch, der auch nur noch Spurenelemente von Anstand in sich hat, kann jemals wieder zu solch einer Veranstaltung gehen.

Sogar die im Austeilen wahrlich nicht zimperlichen Pegida-Demonstranten waren schockiert, pfiffen den Mann aus, skandierten „Keine Hetze!“ und „Aufhören!“. Die Veranstalter merkten zu spät, dass sie den Totengräber ihrer eigenen Bewegung eingeladen hatten. Die „Rede“ wurde sang- und klanglos abgebrochen. Später brach sich die Gewalt auf den Seitenstraßen ihren Lauf.“  DWN 

Ja, zu Leuten, die den Pirincci absägen, kann man ja nie wieder hingehen. Hat man bei den DWN gedacht, dass man nach dieser Überschrift den zweiten Absatz nicht mehr liest? Weiter.

Eine Stunde zuvor hatte es bei DWN geheißen

Schwere Ausschreitungen nach Pegida-Demonstration in Dresden 

Zitat: „An vier Gegendemonstrationen, die aus verschiedenen Richtungen sternförmig in die Altstadt zogen, nahmen demnach mindestens 14.000 Menschen teil.

Es habe mehrere Angriffe von Gegendemonstranten auf Polizeibeamte gegeben, sagte der Sprecher. Die Polizisten hätten daraufhin Pfefferspray eingesetzt. Am Schlossplatz hätten sich beide Lager gegenseitig mit Gegenständen beworfen, Pyrotechnik gezündet und versucht, zueinander durchzudringen. Das habe die Polizei verhindert.“

Warum durften Gegendemonstranten im „Sternmarsch“ in die Altstadt. Wollte man den Krawall? Keine Zeitung fragt das. Komisch, scheint aber nicht sehr schlimm gewesen zu sein. Naja, mittelschlimm. Noch nie eine Krawallnacht in Berlin Kreuzberg erlebt?

Eine der wenigen, die tiefer blicken möchten, ist Cornelia Meyer auf web.de 

Pegida Dresden: Wer läuft da eigentlich bei den Demonstrationen mit?

Zitat: „Am Morgen danach bezog Sigmar Gabriel in der "Süddeutschen Zeitung" Stellung – und nannte Pegida "eine rechtspopulistische und in Teilen offen rechtsradikale Empörungsbewegung". Doch während der Rede von Akif Pirinçci wird auch "Keine Hetze" gerufen. Wer läuft in Dresden also tatsächlich mit?“ Und sie zitiert die Ende letzten Jahres erstellte Studie von Professor Werner Patzelt von der TU Dresden. Lobenswert aber etwas veraltet.

Immerhin zitiert sie Patzelt aktuell: Die Demonstranten pauschal als rechtsradikal abzuwerten, hält Patzelt für den falschen Weg. "Mich ärgern diese Versuche, weil sie genau das Gegenteil bewirken." Durch die Ablehnung verhärten sich die Demonstranten, Demokratieskepsis oder gar die offene Ablehnung von Demokratie würden weiter zunehmen. Die Verantwortlichen seien naiv mit dem deutschen Rechtspopulismus umgegangen. "Wir haben es geschafft, Pegida groß zu machen, weil wir politisch im Umgang mit Pegida versagt haben."

Immerhin mal ein Blick auf Zusammenhänge:

ntv titelt: Pegida-Jahrestag endet in Gewalt

Auch bei ntv wird Patzelt zitiert: "Die Lage ist verfahren und verkorkst", sagt der Dresdner Politologe Werner J. Patzelt.

"Ganz und gar unheilvolle Polarisierung"

"Es ist eine ganz und gar unheilvolle Polarisierung und es scheint auch keinen Weg zu geben, der die Sache in absehbarer Zeit zum Ausgleich bringt", meint der Professor der TU Dresden.

Aber dann ist man gleich wieder glücklich über die Polarisierung, denn … Zitat: „Doch auch die Pegida-Gegner können einen Erfolg verbuchen. Sie waren noch nie so zahlreich gegen eine Pegida-Kundgebung angetreten wie nun zum ersten Geburtstag des fremden- und islamfeindlichen Bündnisses. 

Nach dem Anschlag auf die Kölner OB-Kandidatin Henriette Reker machten Politiker über die Parteigrenzen hinweg Pegida für eine Vergiftung des politischen Klimas und für Gewalt verantwortlich. Bachmann sagt nichts zu Köln. Dafür bieten die selbst ernannten Patrioten rechtspopulistische Politiker aus Tschechien oder Italien auf.“

Auch die FAZ freut sich über eine ausgewogene Polarisierung: Zehntausende für Pegida, Zehntausende dagegen

In einem eigentlich gemäßigten Artikel schreibt sie. Zitat:

de Maizière: Pegida-Organisatoren „harte Rechtsextremisten“

„Im Vorfeld des ersten Jahrestages des ersten sogenannten Abendspaziergangs von Pegida waren führende Bundespolitiker so massiv gegen die Gruppe an die Öffentlichkeit gegangen wie bisher nie. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte, „wer Galgen und Hitlerbärten hinterher läuft, für den gelten keine Ausreden mehr". Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bezeichnete die Pegida-Organisatoren als „harte Rechtsextremisten".

Pegida-Gründer Lutz Bachmann kündigte in seiner Ansprache auf dem Dresdner Theaterplatz an, de Maizière wegen seiner Äußerungen wegen Volksverhetzung anzeigen zu wollen.“

DIE ZEIT beendet einen längeren Artikel mit eindeutiger Schuldzuweisung. Zitat:

Morddrohungen gegen Leipziger Oberbürgermeister"

„In letzter Zeit war eine zunehmende Gewaltbereitschaft bei den Pegida-Anhängern zu beobachten. Erst vergangene Woche hatten Teilnehmer auf der Kundgebung eine Galgen-Attrappe für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) errichtet. 

Immer häufiger werden auch Landes- und Lokalpolitiker bedroht, zuletzt der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD). "Jung wir kriegen Dich", schrieben Unbekannte auf einen Container in der Innenstadt, dazu eine Schmiererei eines Galgens, teilte die Polizei mit. Auf den Container war demnach zudem noch "No Asyl" geschrieben worden.“

DER SPIEGEL konnte sich nicht verkneifen, Herrn Pirinçci wörtlich zu zitieren, den Aufreißer im Titel haben viele Medien genutzt.

Eklat bei Pegida-Demo: „Die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb“

Zitat:In Dresden redete Pirinçci gut 25 Minuten lang – vulgär und voller Hass. Die Grünen bezeichnete er als "Kinderfickerpartei", die Politiker seien "Gauleiter gegen das eigene Volk", die eine "Umvolkung" in Deutschland betrieben. Die Flüchtlinge, die in die Bundesrepublik kommen, bezeichnete er als "Invasoren". Es schwadroniert von Muslimen, die "Ungläubige mit ihrem Moslemsaft vollpumpen" und einer drohenden "Moslemmüllhalde" in Deutschland.“

Wobei DER TAGESSPIEGEL heute den wörtlichen Zusammenhang nachlieferte, in dem dieser Ausspruch gefallen ist.

Zitat: „Pirincci sagte, offenbar habe die Politik die Angst und den Respekt vor dem eigenen Volk so restlos abgelegt, dass ihm schulterzuckend die Ausreise empfohlen werden könne, wenn es nicht pariere. Danach sagte er den Satz: "Es gäbe natürlich andere Alternativen. Aber die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb."

Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann hat sich inzwischen für den Auftritt des Autors Akif Pirinçci bei der Kundgebung in Dresden entschuldigt.

"Wir waren völlig überrumpelt. Ich hätte in diesem Moment die einzig richtige Entscheidung treffen müssen und sofort das Mikro abschalten", so Bachmann. Er trage "die alleinige Schuld für diesen unmöglichen Auftritt". "Mir bleibt nichts übrig, als mich öffentlich und aufrichtig zu entschuldigen", so der Pegida-Chef. (Siehe FOCUS Ende 201419-Punkte-Programm: Was will Pegida wirklich?

Und kam schließlich zu dem Fazit. Zitat:

„Viel Lärm um nichts? Das Pegida-Papier übernimmt in vielen Punkten bekannte und allgemein gültige Positionen. So zum Beispiel im Bereich der Aufnahme von politischen Verfolgten und Kriegsflüchtlingen, Waffenlieferungen, sexueller Selbstbestimmung und der besseren Unterbringung von Flüchtlingen. In einigen Punkten kann man der Bewegung aber unterstellen, dass sie auf die Reduzierung der Einwanderung abzielt. Die Frage nach funktionierender Integration von beiden Seiten bleibt unbeantwortet.“

Heute kam Thomas Leif im CICERO am Schluss zu einigen Erkenntnissen.

Wie sich der Blick auf Pegida plötzlich ändert

Zitat: „Das „Patriotismus“-Konzept von Pegida lebte von Beginn an von einer eindeutig fremdenfeindlichen Komponente, unterscheidet sich aber von den Parolen offen rassistischer Neo-Nazis. Der Haupt-Slogan der Pegida „Gewaltfrei & vereint gegen Glaubenskriege auf deutschem Boden“ und der Text auf der Homepage: „Es muss für uns wieder normal sein, öffentlich die Liebe zu seinem Vaterland zum Ausdruck zu bringen! Gegen Antipatriotismus!“ sind aber anschlussfähig an andere nationalistische, rechtsextreme und rechts-konservative Denkmuster und Positionen.

Eine zentrale Erkenntnis: Die Pegida-Mitläufer sind nicht durchgehend rechtsextrem, aber sie dulden in ihrer Wut stillschweigend rechtsextreme Positionen. Sie haben rechtsextreme Sprach-und Denkmuster enttabuisiert und sie akzeptieren deren eindeutig rechtsextremen Frondeure.

Auf diese politische Melange gibt es – auch in Dialogen – keine Antworten der etablierten Politik. Die Verweigerung des Diskurses über wesentliche Streitfragen und die Ausblendung von heiklen Themen im parlamentarischen Betriebssystem scheint sich nun zu rächen.“

Tröstlich ist die teilweise hohe Qualität und Klugheit etlicher Beiträge in den Kommentarspalten einiger Medien, wie hier heute in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG von einem anonymen Leser Porblemloser.

Zitat (gekürzt): Man sollte Ursache und Wirkung nicht vertauschen. Wir haben ein Flüchtlingsproblem, kein Naziproblem. Die Flüchtlinge kamen, unser Land ist im Ausnahmezustand und leider radikalisieren sich nun auch die normalen Leute und zwar in beide Richtungen, nach rechts UND links.

Pegida bekommt natürlich wieder massiven Zulauf und natürlich auch von radikaleren Leuten, weil die Situation schlimmer ist als vor einem Jahr und jetzt auch echte Nazis und radikalisierte Bürger kommen. Das als Beleg zu nehmen nach dem Motto "Ha wussten wir es doch, da schaut hin NAAAAZISSS", schon etwas albern ehrlich gesagt.

Die Politik soll ihrem Amtseid nachkommen und Schaden von uns allen abwenden. Von allen die hier wohnen und damit meine ich auch die "Migranten" die seit Jahren bereits mit uns hier leben. Es geht gegen alle was gerade passiert, die Leute sind hochgradig verstört und irritiert.“

Und zum Schluss ein Brief, den eine Leserin an uns und einige andere Adressaten schrieb als Antwort auf den Artikel in der EPOCH TIMES:

Politiker panisch vor "Pegida-Geburtstag"? So warnt Heiko Maas Bürger vor Teilnahme!

Sehr geehrte Redaktion

„nach dem warum muss man gar nicht groß suchen

Pegida übt laut und deutlich Kritik an vielen Politikern

diese, anstatt ihre Fehler einzugestehen, wollen die Bürger glauben machen und es letztendlich am liebsten auch selber so sehen, dass Pegida feindlich und böse sei, um ihr eigenes Handeln und ihre Versäumnisse rechtfertigen zu können

Schlagwörter und Beschimpfungen werden eingesetzt, wohl weil gute Argumente fehlen

Parolen werden benutzt, wie "Aufstand der Anständigen" oder "Herz statt Hetze"

wer will nicht zu den Anständigen gehören? wer will als herzlos gelten?

zum Schluss rechtfertigt das für viele "Gegner“, auf Pegida- und AfD- Demonstrationen Gewalt anzuwenden, manche schrecken nicht einmal vor Körperverletzungen zurück

tun sie das doch für die gute Sache!!! und gegen die Bösen !!!  gegen Pack, Mob, Mischpoke usw.

die Politiker und Schreiber sollten mal darüber nachdenken, was sie mit ihren großen Reden und Überschriften anrichten (können)“

Mit freundlichen Grüßen (Name ist der Redaktion bekannt)

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