Merkel nennt Entscheidung von Haftrichter gegen Yücel „bitter und enttäuschend“

Bundeskanzlerin Merkel hat die in der Türkei verhängte Untersuchungshaft gegen den deutsch-türkischen Korrespondenten Deniz Yücel als "bitter und enttäuschend" bezeichnet. "Diese Maßnahme ist unverhältnismäßig hart, zumal Deniz Yücel sich der türkischen Justiz freiwillig gestellt und für die Ermittlungen zur Verfügung gestellt hat".
Titelbild
Angela Merkel vor einer Flagge der TürkeiFoto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times28. Februar 2017

Ein türkischer Haftrichter hat am Montagabend Untersuchungshaft gegen den deutsch-türkischen Korrespondenten der Zeitung „Die Welt“, Deniz Yücel, verhängt. Wie das Blatt auf seiner Website mitteilte, wurde er wegen Aufwiegelung der Bevölkerung und Terrorpropaganda in Haft genommen. Yücel hatte sich am 14. Februar freiwillig der Polizei in Istanbul zur Befragung gestellt und war daraufhin in Polizeigewahrsam genommen worden.

Yücel war am Nachmittag im Istanbuler Justizpalast vom Oberstaatsanwalt Hasan Yilmaz vernommen worden, der anschließend einen Antrag auf Untersuchungshaft stellte. Laut der „Welt“ wurde Yücel daraufhin dem Haftrichter Mustafa Cakar vorgeführt, der zuvor bereits mehrere Journalisten der kritischen Zeitung „Cumhuriyet“ zu U-Haft verurteilt hatte.

Den Angaben zufolge wurde Yücel wegen des Verdachts der Propaganda für eine terroristische Vereinigung und der Aufwiegelung der Bevölkerung in Haft genommen. Demnach wollen Yücels Anwälte in einer Woche Einspruch gegen die Untersuchungshaft einlegen. Laut türkischem Recht kann die Untersuchungshaft bis zu fünf Jahre dauern.

Der zuständige Staatsanwalt Yilmaz ermittelte bereits gegen sechs andere Journalisten, die ebenso wie Yücel offenbar wegen der E-Mail-Affäre um Energieminister Berat Albayrak ins Visier der Justiz geraten waren. In den angeblichen E-Mails Albyaraks, einem Schwiegersohn von Präsident Recep Tayyip Erdogan, soll es um dubiose Geschäfte gehen.

Die E-Mails waren Ende September von der linken Hackergruppe Redhack im Internet veröffentlicht worden. Viele türkische Medien vermieden es damals, über die brisanten E-Mails zu berichten. Laut der „Welt“ wurde Yücel aber nicht nur zu seinen Artikeln über die Affäre befragt, sondern auch über seine Berichte aus den Kurdengebieten und zu Erdogan.

Yücel ist der erste Auslandskorrespondent, der in der Türkei in Polizeigewahrsam genommen wurde. Der Journalist, der lange für die linke „taz“ schrieb, bevor er zur „Welt“ wechselte, hat die deutsche und die türkische Staatsbürgerschaft. Ihm war vergangenes Jahr bereits die Akkreditierung verweigert worden, doch konnte er als türkischer Bürger trotzdem im Land bleiben.

Der Fall sorgt in Deutschland für großes Aufsehen. Zahlreiche Journalisten und Politiker setzten sich für den 43-Jährigen ein, am Wochenende unterzeichneten mehr als 160 Bundestagsabgeordnete einen Appell für die rasche Freilassung des Journalisten. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach beim türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim den Fall an.

Am Montagabend nannte Merkel die Verhängung der Untersuchungshaft „bitter und enttäuschend“. „Diese Maßnahme ist unverhältnismäßig hart, zumal Deniz Yücel sich der türkischen Justiz freiwillig gestellt und für die Ermittlungen zur Verfügung gestellt hat“, erklärte die Kanzlerin in Berlin.

Die Bundesregierung erwarte, „dass die türkische Justiz in ihrer Behandlung des Falles Yücel den hohen Wert der Pressefreiheit für jede demokratische Gesellschaft berücksichtigt“, erklärte Merkel weiter. „Wir werden uns weiter nachdrücklich für eine faire und rechtsstaatliche Behandlung Deniz Yücels einsetzen und hoffen, dass er bald seine Freiheit zurückerlangt.“

Zuvor hatte sich bereits Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) „enttäuscht“ über die Entscheidung der Justiz gezeigt. Der Fall werfe „ein grelles Schlaglicht auf die Unterschiede, die unsere beiden Länder offensichtlich bei der Anwendung rechtsstaatlicher Grundsätze und in der Bewertung der Presse- und Meinungsfreiheit haben“, erklärte Gabriel.

Die türkische Regierung geht seit dem versuchten Militärputsch vom 15. Juli mit großer Härte gegen Kritiker vor. Dutzende Journalisten wurden unter dem nach dem Putschversuch verhängten Ausnahmezustand inhaftiert, fast 150 Medien wurden geschlossen. (afp)

 



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