Merkel will sich „im deutschen Interesse“ ums „Wohl Afrikas“ bemühen

Angesichts der anhaltend hohen Flüchtlingszahlen in Europa fordert Angela Merkel einen neuen Umgang mit Afrika: Das Wohlergehen der Menschen auf dem Kontinent sei auch im deutschen Interesse und eine "strategisch hochwichtige Frage", sagt die Bundeskanzlerin zur "Zeit". Am Sonntag reist sie nach Afrika.
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Angela Merkel 2007 bei einer Willkommens-Zeremonie in Monrovia, Liberia.Foto: AXEL SCHMIDT/AFP/Getty Images
Epoch Times6. Oktober 2016

„Wir waren die meiste Zeit schlicht zufrieden, dass keine Flüchtlinge kamen“, sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel über Afrika. Nun müsse sich Deutschland dem Problem stellen, weil die Menschen „vor unserer Tür“ stünden, sagte Merkel, die am Sonntag zu einer dreitägigen Afrikareise aufbricht, in deren Mittelpunkt eine Zusammenarbeit in der Migrationspolitik stehen soll.

Ziel der Reise ist unter anderem Äthiopien. „Ich glaube nicht daran, dass wir dieses Problem durch maximales Ignorieren, durch Distanz und Abschottung wieder verschwinden lassen können“, fügte Merkel hinzu. „Ich bin Realistin, und das ist eine Realität.“

Merkel zeigte sich überzeugt, „dass unsere Sicherheit, unser Leben in Frieden und unsere nachhaltige Entwicklung mit der Lebenssituation von Menschen, die weit weg von uns wohnen, zusammenhängen“. Die CDU-Chefin betonte, ihr Amtseid beziehe sich auf das Wohl Deutschlands, dieses sei aber allein mit der Konzentration auf Deutschland selbst dauerhaft nicht zu erreichen. Wenn „wir deutsche Interessen verfolgen wollen, müssen wir realistischerweise sagen, dass auch das Wohl Afrikas im deutschen Interesse liegt“, hob die Kanzlerin hervor.

„Wenn ich als deutsche Bundeskanzlerin dafür sorgen will, dass es uns Deutschen gut geht, dass die Europäische Union zusammenhält, muss ich mich auch darum kümmern, dass es in Europas Nachbarschaft so zugeht, dass Menschen dort Heimat auch als Heimat empfinden können“, sagte Merkel. „Konkret heißt das in unserer Zeit, dass wir uns in neuer Weise mit Afrika befassen müssen.“

Flüchtlingsdeal ähnlich wie mit Türkei

Um die Zahl der nach Europa kommenden Flüchtlinge zu verringern, strebt die Kanzlerin nach dem Vorbild des EU-Flüchtlingspakts mit der Türkei eine Zusammenarbeit mit den Transitländern im Norden Afrikas an. „Abkommen ähnlich dem, das wir jetzt mit der Türkei haben, müssen vor allen Dingen auch mit Ägypten erarbeitet werden, aber auch mit anderen afrikanischen Staaten“, beschrieb Merkel im September in Wien bei einem Treffen zur europäischen Flüchtlingspolitik das Vorhaben.

Das im März geschlossene EU-Türkei-Abkommen sieht vor, dass die Türkei im Gegenzug für EU-Hilfen zur Versorgung der drei Millionen Flüchtlinge im Land alle Migranten zurücknimmt, die von der türkischen Küste auf die griechischen Ägäis-Inseln übersetzen. Zudem sollen die Schlepper bekämpft werden. Seitdem ist die Zahl der Neuankömmlinge in der Ägäis deutlich gesunken, doch wählen nun vermehrt Flüchtlinge den Weg über Ägypten und Libyen.

Merkel besucht Mali und Niger

Mit Mali und Niger bereist die Kanzlerin zwei wichtige Transitländer für Flüchtlinge auf dem Weg Richtung Mittelmeerküste und von dort nach Europa. Zum Abschluss besucht Merkel zudem den Sitz der Afrikanischen Union in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba.

Niger steht beispielhaft für die Pläne der Europäischen Union, Flüchtlinge bereits früh auf ihrem Weg nach Europa zu stoppen. „Niger liegt auf der Hauptroute der Migranten, die dann schlussendlich in Libyen ankommen“, sagte Merkel bei einem Besuch des Präsidenten von Niger, Mahamadou Issoufou, im Juni in Berlin. Rund 150.000 Menschen durchqueren das Land jährlich Richtung Norden.

Die Europäische Union hat daher in der Wüstenstadt Agadez in der Landesmitte ein Aufnahmezentrum eingerichtet, um Flüchtlinge schon dort zur Rückkehr in ihre Heimatstaaten zu überzeugen. Ein solches Vorgehen ist für Kritiker der Inbegriff einer europäischen Abschottungspolitik, die auf instabile Staaten setzt und im Zweifel Menschenrechte außer Acht lässt.

Niger ist ein Krisengebiet

Der Niger zählt zu den ärmsten Staaten weltweit. Das Land in der Sahel-Region wird von Dürre und der Terroristengruppe Boko Haram geplagt und leidet zudem unter der Instabilität des benachbarten Mali. Die malische Regierung hat trotz eines brüchigen Friedensvertrages mit Rebellen und islamistischen Gruppen zu kämpfen. Die Bundeswehr ist sowohl an einem EU- als auch an einem UN-Einsatz beteiligt, die das Land stabilisieren sollen.

Um die Zahl der nach Europa kommenden Flüchtlinge zu verringern, setzt Merkel nicht nur auf Kooperationsabkommen mit afrikanischen Staaten. Sie will auch eine Stabilisierung der Region sowie eine Verbesserung der Lebensumstände erreichen. Solche Versprechen gab es schon oft – aus Merkels Sicht darf es aber diesmal nicht dabei bleiben.

Der Generalsekretär der in Afrika engagierten Westerwelle Foundation, Alexander Vogel, begrüßt den Ansatz. „Neben bewaffneten Konflikten sind vor allen Dingen Arbeitslosigkeit, mangelnde Ausbildung und Perspektivlosigkeit die Katalysatoren des Terrors und der Flucht“, sagte Vogel der Nachrichtenagentur AFP. Es müsse daher darum gehen, „den Menschen in ihrer Heimat eine Perspektive jenseits der Flucht zu geben.“ (afp / etd)

 



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