Merz gegen neue Steuern und Schulden für „Klimaschutz“ – Publizist: „Mäßigung ist Merkel fremd“

CDU-Finanzexperte Friedrich Merz und Publizist Gabor Steingart sind sich einig in der Einschätzung, dass auch die angebliche „Klimakrise“ weder Ausweitung des staatlichen Zugriffs auf das von den Bürgern Erarbeitete rechtfertigt noch neue Schulden. Unter Merkel habe die Union in den Augen von immer mehr Bürgern ihre finanzpolitische Kompetenz verloren.
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Foto: über dts Nachrichtenagentur
Von 12. August 2019

Der CDU-Finanzpolitiker und im Dezember des Vorjahres unterlegene Kandidat für den Parteivorsitz Friedrich Merz hat vor einer weiteren Aufweichung der Haushaltsdisziplin gewarnt.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz hatte in der Vorwoche erstmals angedeutet, dass die ambitionierten Forderungen zum „Klimaschutz“, die in den vergangenen Monaten aus den Koalitionsparteien vorgetragen wurden, die vor zehn Jahren beschlossene „Schuldenbremse“ infrage stellen könnten.

„800 Milliarden Euro müssen reichen“

In Abstimmung mit der Föderalismuskommission hatten sich Bundestag und Bundesrat Anfang des Jahres 2009 darauf verständigt, verbindliche Regeln zur Begrenzung der Staatsverschuldung ins Grundgesetz aufzunehmen. Mit der jeweils erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit konnte diese Vorgabe in weiterer Folge umgesetzt werden.

In einem Kommentar für die „Welt“ nimmt Merz Anstoß an der Logik, dass für die Klimapolitik neue Schulden – neben neuen Steuern – erwogen werden müssten, weil „ein paar Milliarden Euro Schulden gegen diese Jahrhundertaufgabe für die Menschheit“ nicht ins Gewicht fielen.

Zwar bekannte auch er sich zu einer Senkung des CO2-Ausstoßes. Dafür würden jedoch die aktuell vorhandenen Steuereinnahmen des Bundes, der Länder und der Gemeinden in Höhe von insgesamt fast 800 Milliarden Euro ausreichen.

„Die Steuereinnahmen sind in den letzten Jahren schneller gestiegen als das Bruttoinlandsprodukt unserer Volkswirtschaft. Und damit sollten die staatlichen Aufgaben unseres Gemeinwesens doch wohl zu finanzieren sein. […] Die Schuldenbremse wurde im Übrigen auch gerade deshalb in das Grundgesetz aufgenommen, um den Staatshaushalt vor der ständigen Versuchung zu schützen, immer neue Schulden aufzunehmen. Wie notwendig und richtig diese Entscheidung war, zeigt die Entwicklung der Staatsschulden seit der Einführung der Schuldenbremse.“

Merz: „Zweckgebundene Steuern sollen enden, wenn ihr Zweck wegfällt“

Auch im Gespräch mit dem Publizisten Gabor Steingart für dessen „Morning Briefing“ gibt Merz seiner Hoffnung Ausdruck, dass sich die Union ihrer früheren Stärken besinnt und die „strategische Führung in der Steuer- und Finanzpolitik zurückgewinnt“. Zuletzt habe er, so Merz, aufseiten seiner Partei die Initiative vermisst. Die Union habe in der Großen Koalition viel an Profil verloren, auch in der Steuerpolitik.

In den Jahren der schwarz-gelben Koalition von 2009 bis 2013 traf dieses Schicksal hingegen vor allem die FDP. Auf diese setzt Merz nunmehr zumindest dort Hoffnung, wo es um die von den Liberalen angedrohte Klage gegen die unvollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags geht, die den Koalitionsparteien vorschwebt.

Zweckgebundene Steuern müssten, so Merz, irgendwann auch wieder ein Ende haben, sobald der Zweck erfüllt sei – und zwar in vollem Umfang, wie etwa durch die erfolgreiche Bewältigung der Kosten der deutschen Einheit. Genau dies hat die Koalition jedoch nicht vor. Stattdessen soll der Soli für alle Single-Einkommen von 74 000 Euro und mehr ganz oder teilweise erhalten bleiben.

Auf diese Weise würden etwa 90 Prozent aller deutschen Steuerzahler entlastet – die restlichen zehn Prozent sollen jedoch weiterhin den Solidaritätszuschlag bezahlen, zumal die bis dato daraus eingenommenen Milliarden fast zur Hälfte von diesen Spitzenverdienern stammen.

„Infrastruktur und Sicherheit wichtiger als soziale Geschenke“

Merz hält von diesem Vorgehen nichts. Gegenüber Steingart erklärt er:

Das wäre eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, wenn man diese Sondersteuer nicht wieder ganz abschafft, sondern mit Klassenkampf-Untertönen für diejenigen nicht abschafft, die zu den sogenannten Besserverdienenden gehören.“

Deshalb setzt er auch auf den Erfolg der angekündigten Klage der FDP, der er nach eigener Aussage gute Erfolgsaussichten einräumt.

Merz fordert im Gespräch mit Steingart, Investitionen in Infrastruktur und Sicherheit sowie den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu priorisieren. Dies sei bedeutsamer als ein allfälliger weiterer Ausbau des Sozialstaats. Insbesondere Ideen wie jene eines bedingungslosen Grundeinkommens, das in allen linken Parteien – und damit auch in den Reihen eines möglichen grünen Koalitionspartnern – Befürworter findet, lehnt der CDU-Finanzexperte kategorisch ab:

Ich kann meiner eigenen Partei nur raten, da klipp und klar nein zu sagen. Das bedingungslose Grundeinkommen ist einerseits nicht finanzierbar – und setzt andererseits die völlig falschen Anreize. Ich glaube, das kann man der Bevölkerung auch vermitteln.“

Schattenhaushalt, um Schuldenbremse zu umgehen?

Die derzeitige Koalition steht der Einschätzung von Merz zufolge vor einem „Herbst der Wahrheit“. Seine Erwartungen bezüglich einer möglichen Entschlossenheit von Union und SPD, noch einmal gemeinsam die wichtigsten Prioritäten anzugehen, seien jedoch überschaubar.

Auch Steingart selbst sprüht nicht vor Optimismus. Deutschland habe die Chance, bis Ende 2019 das Maastricht-Ziel einer Staatsverschuldung von weniger als 60 Prozent der Wirtschaftsleistung erstmals seit langer Zeit wieder zu erfüllen. Die nunmehrigen Steuer- und Schuldenfantasien unter dem Banner der „Klimarettung“ drohten diese Chance zu verspielen.

Der sogenannte Energie- und Klimafonds (EKF) solle als eine Art Schattenhaushalt die Schuldenbremse aushöhlen – und auf eigene Rechnung Kredite in Milliardenhöhe aufnehmen können, ohne dass sie zur Staatsverschuldung dazuzählen. Für Steingart ein gefährlicher Taschenspielertrick, der symptomatisch für die Merkel-Ära sei:

„Der Merkel-Staat nimmt, um weiter zu nehmen. Das Wort Mäßigung kann er nicht buchstabieren.“



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