Meteoritenfund in Blaubeuren – Sensation schlummerte Jahrzehnte im Garten

Jahrzehnte liegt ein Brocken im Garten von Hansjörg Bayer. Er hält ihn für einen Stein, wenn auch ein ungewöhnlicher. Irgendwann lässt er einen Fachmann einen Blick darauf werfen und erfährt: Der vermeintliche Stein ist eine Sensation.
Titelbild
Hansjörg Bayer aus Blaubeuren steht in seinem Garten, wo er den Steinmeteoriten mit dem Pickel herausgehebelt hat.Foto: Felix Kästle/dpa/dpa
Epoch Times17. Juli 2020

Der 30 Kilogramm schwere Brocken fristete lange ein Schattendasein: Möglicherweise mehrere Tausend Jahre lag er unter der Erde, gut 25 weitere Jahre war er Dekostück in einem Garten in Blaubeuren. Zum Schluss landete er in einem Kleiderschrank.

Erst dann entschied sich Grundstücksbesitzer Hansjörg Bayer, ein Stück des vermeintlichen Steins, der ihm immer schon ungewöhnlich erschien, einem Fachmann zu schicken – nicht ahnend, dass er jahrelang den bislang größten in Deutschland je entdeckten Steinmeteoriten bei sich zu Hause gelagert hatte.

Experte tippte anfangs auf Eisenerz

Das 20 Gramm leichte Fragment des Brockens aus Bayers Garten landet bei Meteoritenforscher Dieter Heinlein vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Er tippt beim bloßen Anschauen auf Eisenerz. „Der sah erst überhaupt nicht meteoritenverdächtig aus“, erinnert sich der Experte, der am DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin arbeitet.

Mit einer speziellen Säge durchtrennt er das Stück. Angesichts der typischen Struktur und nach einer Untersuchung auf den Eisen- und Nickelwert ist für ihn alles klar: „Das ist einer.“ Nach Untersuchungen in drei unterschiedlichen Laboren wird seine Vermutung bestätigt: Es ist ein Meteorit.

Und was für einen: Das Fundstück ist 30,26 Kilogramm schwer. Bislang war der bei Oldenburg gefundene „Benthullen“-Meteorit mit einem Gewicht von 17,25 Kilogramm laut DLR der Rekordhalter.

Der kosmische Körper aus Bayers Garten wird nach der Stadt Blaubeuren in der Nähe von Ulm benannt. Das DLR berichtete am Mittwoch in einer Mitteilung über den Fund und bezeichnete ihn als „wissenschaftliche Sensation“.

Meteoritenfunde sind laut Heinlein sehr selten. „Das ist etwas ganz Besonderes“, sagt er. Denn nun könne man genauer untersuchen, wie lange der Meteorit welchen Witterungsverhältnissen ausgesetzt war. Über die Jahrhunderte hat es in Deutschland nur 52 Funde gegeben. Das liegt auch daran, dass sie im hiesigen Klima vergleichsweise schnell verwittern.

Tief in der Erde vergraben schlummerte das gute Stück

Bayer hatte den vermeintlichen Stein 1989 entdeckt, als er in seinem Garten in 50 Zentimeter Tiefe ein Rohr verlegen wollte. „Die ganze Haptik, das Anfassen und das Gewicht – ich habe damals schon gemerkt, dass der Stein besonders ist“, sagt Bayer heute.

Selbst Profis können ihn laut DLR nicht unbedingt auf den ersten Blick als Meteoriten erkennen. Bayer setzte ihn in den Garten, und dort blieb er auch etwas mehr als 25 Jahre liegen.

2015 war er kurz davor, den Stein zu entfernen. „Das wäre schade um den Stein“, dachte sich Bayer aber und hievte ihn in den Keller. Dort lag er weitere fünf Jahre in einem alten Kleiderschrank. Im Januar dieses Jahr wollte er den Keller entrümpeln, und ihm wurde erneut die Besonderheit des Steins bewusst.

Nach all den Jahren dachte er, dass der Brocken einfach nicht zu der Art der Kalksteine passt, die er aus der Region kennt. Er suchte den Kontakt zu einem Fachmann und kontaktiert Dieter Heinlein – der Rest ist Geschichte.

Viele Laien verwechseln Eisenerze mit Meteoriten

Viele Laien verwechselten Eisenerze mit Meteoriten, sagt Heinlein. Jährlich bekomme er zahlreiche Einsendungen. Mit Meteoriten sei es ähnlich wie mit Lottospielen, findet Heinlein. Man könne das Glück nicht erzwingen, einen zu finden. „Über die vielen Jahre ist es enttäuschend, wenn man den Leuten immer wieder sagen muss, dass es kein Meteorit ist“, sagt er.

„Nur ganz wenige sind wirklich Meteorite“, sagt der Fachmann. „Unter 2000 Einsendungen in den letzten 15 Jahren waren drei echte dabei.“ Die anderen zwei waren faustgroß. Dieser misst 28 mal 25 mal 20 Zentimeter – ähnlich wie ein Fußball. Heinlein vermutet, dass der Meteorit bei seinem Absturz möglicherweise mit 250 Stundenkilometern aufgeprallt ist. In der Luft auseinandergebrochene Meteoriten könnten kilometerweit voneinander entfernt liegen.

Heinlein könnte sich vorstellen, dass der Meteorit vor hundert bis einigen Tausend Jahren auf die Erde geprallt war, wie er am Freitag im Planetarium in Laupheim (Kreis Biberach) sagte. Dort wird der nahezu vollständig erhaltene Meteorit zum ersten Mal der Öffentlichkeit gezeigt. Lediglich das von Heinlein abgesägte Teil zur weiteren Erforschung musste der Himmelskörper einbüßen.

Denn der Meteorit soll jetzt weiter untersucht werden. Bayer erlebt dagegen zurzeit einen wahren Medienrummel. Reporter fragten ihn, ob er den Meteoriten verkaufen wolle. Das lehnt er vehement ab, das sei moralisch verwerflich. Der Meteorit müsse dauerhaft in ein Museum. Da sind sich Forscher Heinlein und Finder Bayer einig. (dpa)

Felix Kästle

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