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Verteidigungsfähigkeit

Miersch: Keine Wehrpflicht in den nächsten vier Jahren – diese Koalition setzt auf Freiwilligkeit

Die Bundeswehr soll wachsen – jedoch freiwillig. SPD-Fraktionschef Miersch hält 60.000 zusätzliche Soldaten für realistisch. Eine mögliche Rückkehr zur Wehrpflicht schließt er derzeit aus.

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Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion Matthias Miersch.

Foto: Clemens Bilan/Pool/Getty Images

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Lesedauer: 5 Min.

In dieser Legislaturperiode wird es nach Angaben von SPD-Fraktionschef Matthias Miersch keine Verhandlungen über eine mögliche Rückkehr zur Wehrpflicht geben.
„Im Koalitionsvertrag ist eindeutig festgelegt, dass wir auf Freiwilligkeit setzen“, sagte Miersch der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ). „Über eine Wehrpflicht kann man dann gegebenenfalls in der kommenden Legislaturperiode verhandeln, in dieser nicht.“
Miersch hält das Ziel von 60.000 zusätzlichen Soldaten mittelfristig für erreichbar. „Aktuell wären auch nicht annähernd ausreichend Ausbildungskapazitäten vorhanden.“
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte erklärt, dass bis zu 60.000 Soldaten zusätzlich in der aktiven Truppe für die neuen Nato-Planungsziele zur verstärkten Verteidigungsfähigkeit nötig seien.
Linken-Co-Fraktionschefin Heidi Reichinnek hat sich offen für eine Diskussion über die Aufstockung der Bundeswehr um bis zu 60.000 Soldaten geäußert.
„Das ist eine Debatte, die man dringend führen muss: Wie viele Soldaten braucht es – und vor allem, wofür?“, sagte Reichinnek den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.
Bisher sei diese Diskussion nicht ausreichend geführt worden. „Stattdessen hat man mit dem Sondervermögen Entscheidungen vorweggenommen oder wirft wild Zahlen in den Raum, wie viel Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Rüstung ausgegeben werden sollen.“
Zentral sei aus ihrer Sicht die Klärung grundlegender Fragen: „Was soll der Auftrag der Bundeswehr sein, die laut Grundgesetz eine Verteidigungsarmee ist, welche Ausstattung braucht es dafür und mit wie vielen Personen kann sie das leisten?“

Wehrbeauftragter warnt vor Überforderung der Truppe

Der neue Wehrbeauftragte des Bundestags, Henning Otte (CDU), sagte der ARD, die Truppe müsse vor Überforderung geschützt werden. Vielleicht müsse es sogar wieder einen verpflichtenden Wehrdienst geben. „Als Wehrbeauftragter werde ich mir das auf Wiedervorlage legen, und zwar noch dieses Jahr.“
Auch Bundeswehrverbands-Chef André Wüstner hatte der schwarz-roten Koalition geraten, schon jetzt die Weichen für eine mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht zu stellen.
Um die erhöhten Nato-Ziele zu erreichen, müsse der freiwillige Dienst zudem attraktiver werden, sagte Wüstner. Er meldete Zweifel an, dass es nur auf der Grundlage von Freiwilligkeit gelingen werde, bis zu 60.000 zusätzliche Männer und Frauen für die aktive Truppe zu gewinnen.

Dienst bei der Bundeswehr attraktiver machen

Miersch sagte, die Kernfrage laute: „Wie sorgen wir dafür, dass der Dienst attraktiv wird?“ Er sagte: „Das war allein schon wegen der mangelnden Ausrüstung nicht möglich. Boris Pistorius kann jetzt investieren und junge Leute anders ansprechen.“
Man werde jetzt abwarten, wie das Konzept des Verteidigungsministers für eine freiwillige Aufstockung der Truppe anläuft.

„Nur noch drei Jahre Zeit” für die Vorbereitung

Das Beschaffungsamt der Bundeswehr hat nach eigenen Angaben nur noch drei Jahre Zeit, um die deutsche Armee für einen möglichen Angriff auf Nato-Gebiet zu rüsten, zu dem Russland internen Analysen der Bundeswehr zufolge von 2029 an fähig wäre.
„2028 muss alles Notwendige beschafft sein für die volle Verteidigungsbereitschaft“, sagte Annette Lehnigk-Emden, die Präsidentin des Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw), dessen Vorschläge in den Gesetzentwurf eingeflossen sind dem „Tagesspiegel“ vom Samstag. „Die Soldaten müssen ja noch üben mit dem neuen Gerät.“
Bundeswehr-Generalinspekteur Carsten Breuer hatte kürzlich gesagt, dass Russland ab 2029 in der Lage sein könnte, „einen großmaßstäblichen Angriff gegen Nato-Territorium zu wagen“. Um das zu verhindern, müsse Deutschland seine Abschreckung wieder verstärken.
Die Präsidentin des Bundeswehr-Beschaffungsamts geht davon aus, dass der Zeitplan bis 2028 eingehalten und das Geld, das mit der Reform der Schuldenbremse zur Verfügung stehe, auch rechtzeitig in Materialkäufe umgesetzt werden kann. „Der Generalinspekteur hat eine Prioritätenliste erstellt, was zusätzlich benötigt wird. Wir haben auch nicht abgewartet bis zur neuen Regierungsbildung, sondern so viel wie möglich benötigte Anschaffungen vorbereitet“, sagte Lehnigk-Emden.
Bis Jahresende werde ihr Amt dem Bundestag an die 100 Vorlagen zur Beschaffung von Material vorlegen. Dabei gehe es „vorrangig um mehr Großgerät“ wie „mehr Flugabwehrpanzer vom Typ Skyranger oder das Nachfolgemodell des Transportpanzers Fuchs“. Zudem seien bereits Rahmenverträge für die Produktion zusätzlicher Leopard-2-Kampfpanzer geschlossen werden.  (afp/dpa/dts)

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