Mindestlohn steht für 2,7 Millionen Menschen nur auf dem Papier

2,7 Millionen Menschen erhielten im Jahr 2016 weniger als den Mindeslohn - obwohl er ihnen zustand: Vor allem in Branchen mit vielen Kleinbetrieben und Minijobs, in privaten Haushalten, im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie im Einzelhandel wird zu wenig bezahlt.
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Auch in privaten Haushalten wird oftmals kein Mindestlohn bezahlt, beispielsweise für Babysitter und Reinigungskräfte (Symbolbild).Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times29. Januar 2018

Betriebe ohne Betriebsrat und Tarifvertrag unterlaufen nach einer Untersuchung für die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung besonders häufig den Mindestlohn.

In solchen Firmen erhielten 18,6 Prozent der Beschäftigten nicht den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn, teilte das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Stiftung mit. Das seien mehr als fünf Mal so viele wie in Betrieben mit Arbeitnehmervertretung und Tarifvertrag. Dort habe die Quote der Mindestlohn-Umgehungen 2016 bei 3,2 Prozent gelegen.

Die Studie zieht dennoch ein positives Fazit des 2015 eingeführten Mindestlohns. Die Bezahlung vieler Geringverdiener habe sich spürbar verbessert. Der Anteil der Beschäftigten mit einem zusätzlichen Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen sei von 20 Prozent im Jahr 2014 auf 17 Prozent in 2016 gesunken. Der Mindestlohn beträgt aktuell 8,84 Euro.

2,7 Millionen Menschen erhalten weniger als den Mindestlohn

Nach den WSI-Zahlen haben 2016 rund 2,7 Millionen Beschäftigte in Deutschland weniger als den Mindestlohn erhalten, obwohl er ihnen zustand. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung kommt dagegen bei seinen Berechnungen auf 1,8 Millionen Arbeitnehmer, die 2016 weniger als den gesetzlichen Mindestlohn bekommen haben. Beide Institute haben Zahlen des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) ausgewertet, sind dabei aber unterschiedlich vorgegangen.

Verstöße gegen das Mindestlohngesetz kommen der WSI-Studie zufolge vor allem in Branchen mit vielen Kleinbetrieben und Minijobs vor. So bekamen demnach 2016 rund 43 Prozent der Beschäftigten in privaten Haushalten weniger als den Mindestlohn – wohl, weil die Einhaltung dort kaum zu kontrollieren ist. Im Hotel- und Gaststättengewerbe betrug die Umgehungsquote demnach 38 Prozent, im Einzelhandel 20 Prozent.

Der Sozialverband VdK forderte, Schlupflöcher beim Mindestlohn zu schließen und die Einhaltung besser zu kontrollieren. Im vergangenen Jahr mussten Betriebe nach Angaben des Bundesfinanzministeriums Bußgelder von mehr als 4,2 Millionen Euro zahlen. Der Zoll hatte rund 2500 Ermittlungsverfahren eingeleitet, in jedem zweiten Fall musste der Betrieb zahlen. (dpa)



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