Mutmaßliche Rechtsterroristen werden Richter vorgeführt

Nach dem NSU und der "Gruppe Freital" soll sich in Sachsen die nächste rechte Terrorzelle gebildet haben. Acht Männer sollen unter dem Namen "Revolution Chemnitz" Umsturzpläne geschmiedet haben. Ihre Angriffsziele: Ausländer, Politiker und Journalisten.
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Der Generalbundesanwalt hatte am Montag sieben Männer festnehmen lassen, die eine rechtsterroristische Vereinigung gegründet haben sollen.Foto:  Christoph Schmidt/dpa
Epoch Times2. Oktober 2018

Nach der Enttarnung einer Gruppe von mutmaßlichen Rechtsterroristen in Sachsen werden heute vier von ihnen dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt.

Bei drei anderen war dies bereits am Montag der Fall, für sie wurde Untersuchungshaft angeordnet. Ein achter Mann, der mutmaßliche Anführer Christian K., saß bereits in Untersuchungshaft.

Der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser forderte von Sicherheitsbehörden und Bundesregierung ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung von Rechtsterrorismus. „So ist beispielsweise bekannt, dass Konzerte von Rechtsrockbands nicht nur der Finanzierung der Szene dienen, sondern auch ein elementarer Bestandteil der Radikalisierung sind“, sagte Strasser der Deutschen Presse-Agentur. Auch das Umfeld rechtsterroristischer Zellen müsse genauer beobachtet werden. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) warnte davor, Rechtsextremismus auf den Osten zu reduzieren.

Der Generalbundesanwalt hatte am Montag sieben Männer festnehmen lassen, die eine rechtsterroristische Vereinigung gegründet haben sollen. Die Gruppe namens „Revolution Chemnitz“ habe am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, zur Tat schreiten wollen, teilte die Bundesanwaltschaft mit. Die Mitglieder sollen einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge bewaffnete Angriffe auf Ausländer, politisch Andersdenkende und Journalisten ins Auge gefasst haben. Die Männer wollten demnach mit Gewalt gegen den Rechtsstaat kämpfen und hatten sich auch um halbautomatische Schusswaffen bemüht.

Nach bisherigen Erkenntnissen gehören die Beschuldigten der Hooligan-, Skinhead- und Neonazi-Szene im Raum Chemnitz an und sollen sich als führende Personen in der rechtsextremistischen Szene Sachsens verstanden haben. Die Gruppe soll sich spätestens am 11. September formiert haben und damit kurz nach fremdenfeindlichen Übergriffen und Protesten in Chemnitz. Auslöser dafür war der gewaltsame Tod eines 35-jährigen Deutschen am Rande eines Stadtfestes Ende August. Tatverdächtig sind Männer, die als Asylbewerber nach Deutschland gekommen waren.

Am 14. September hatte es in Chemnitz einen Angriff auf Ausländer gegeben. Der Generalbundesanwalt stuft ihn nun als „Probelauf“ für die Pläne der Gruppe „Revolution Chemnitz“ am Einheitstag ein. 15 Verdächtige, die sich Zeugenaussagen zufolge als „Bürgerwehr“ bezeichneten, hatten damals nach einer Kundgebung der rechtspopulistischen Bewegung Pro Chemnitz Iraner und Pakistaner angegriffen. Daran beteiligten sich den Ermittlungen zufolge mehrere jetzt Beschuldigte.

Dem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge wollte „Revolution Chemnitz“ mehr Terror verbreiten als der Nationalsozialistische Untergrund (NSU). Bei der Durchsuchung von Wohnungen wurden demnach Schlagstöcke, aber keine Schusswaffen gefunden. Die NSU-Terrorzelle aus Sachsen hatte neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft getötet sowie eine Polizistin ermordet.

Im März 2018 waren in Sachsen acht Mitglieder der Vereinigung „Gruppe Freital“ unter anderem wegen Bildung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und versuchten Mordes zu Haftstrafen zwischen vier und zehn Jahren verurteilt worden. Die Gruppe hatte 2015 fünf Sprengstoffanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte und politische Gegner in Freital und Dresden verübt. Zwei Mitglieder der rechtsextremen Terrorgruppe „Oldschool Society“ wurden vor dem Oberlandesgericht Dresden angeklagt.

Nach Ansicht von Bundesfamilienministerin Giffey sind die Erfahrungen der Ostdeutschen bei der Wiedervereinigung eine der Ursachen für das Erstarken des Rechtsextremismus in den neuen Ländern. Zwar sei es gefährlich, den Rechtsextremismus auf den Osten zu reduzieren, sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Gleichwohl ist nicht zu verhehlen, dass sich hier schneller eine Bühne für Rechtsextreme aufbaut und die Zustimmungswerte für extremes Gedankengut und die AfD höher liegen als anderswo.“

Auch Burkhard Lischka, innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, warnte davor, den Rechtsextremismus in Deutschland als ein sächsisches oder rein spezifisch ostdeutsches Phänomen zu betrachten. „Die Szene ist bestens vernetzt. Ich erinnere nur an den Aufmarsch hunderter Rechtsextremer in Dortmund vor wenigen Tagen oder die Aktivitäten der Neonazi-Terrorgruppe Combat 18 in Schleswig-Holstein, Hessen und Nordrhein-Westfalen“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. „Wer Rechtsextremismus durch die lokale Brille betrachtet, unterschätzt die tatsächliche Gefahr.“

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt nannte die Festnahmen in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ einen „Weckruf“. Es sei vor diesem Hintergrund „fahrlässig“, wie Teile der Bundesregierung die Gefahr von rechts verharmlosten. „Wer auf rechtspopulistische Rhetorik setzt, bereitet den Weg für Enthemmung und Radikalisierung“, sagte die Grünen-Politikerin demnach in Richtung CSU. Die Festnahmen zeigten, wie „gefährlich die Wortklaubereien nach den Ausschreitungen in Chemnitz waren“. Während die Regierung tagelang gestritten habe, habe sich die rechte Szene mobilisiert und offenbar versucht, Anschläge vorzubereiten und einen rechtsradikalen Umsturz zu planen.

Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke sagte der „Rheinischen Post“, sie begrüße ein „klares Signal an all diejenigen Rechtsextremisten, die sich durch die Zusammenrottungen und Hetzjagden von Chemnitz ermutigt sahen, nun den nächsten Schritt zur Bildung terroristischer Gruppen zu gehen“. (dpa)



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