Nach Minister-Patt: Kanzlerin entscheidet mit „letztem Wort“ für Ermächtigung

Außenminister Steinmeier und Justizminister Maas waren gegen die Strafverfolgung Böhmermanns durch die Türkei, Innenminister Thomas De Maizière und Kanzleramtsminister Peter Altmaier dafür. Letztendlich entschied die Kanzlerin sich für die Türkei und lässt die Strafverfolgung zu.
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Epoch Times15. April 2016

Die Entscheidung der Bundeskanzlerin wurde von den SPD-Ministern missbilligt. Angela Merkel (CDU) lässt nun, auf türkischen Wunsch, eine Strafverfolgung gegen Jan Böhmermann zu.

Außenminister Steinmeier und Justizminister Maas gaben nach der Entscheidung der Kanzlerin eine schriftliche Erklärung zu ihrer Position im Fall Böhmermann ab. Hier der Wortlaut:

Außenminister Steinmeier (L) und Justizminister Maas (R)Außenminister Steinmeier (L) und Justizminister Maas (R)Foto: ODD ANDERSEN/JOHN MACDOUGALL/AFP/Getty Images/epd

"Die Bundesregierung hat heute entschieden, dass die Ermächtigung zur Strafverfolgung gemäß § 104a Strafgesetzbuch (StGB) erteilt wird. Beteiligt an dieser Entscheidung waren das Bundeskanzleramt, das Auswärtige Amt, das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und das Bundesministerium des Inneren.

SPD-Ressort gegen Ermächtigung

Das war eine schwierige Entscheidung. Für beide Alternativen gibt es gute Gründe. Die SPD-geführten Ressorts haben nach sorgfältiger Überlegung gegen die Erteilung der Ermächtigung gestimmt. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Bundeskanzlerin. Wir sind der Auffassung, dass die Ermächtigung zur Strafverfolgung gemäß § 104a StGB nicht hätte erteilt werden sollen.

Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit sind höchste Schutzgüter unserer Verfassung. Wir erleben in diesen Tagen eine heftige Debatte über die Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit und ihre Grenzen. Die Diskussion darüber, wie wir in Deutschland unser Zusammenleben gestalten, wie wir Freiheit schützen und wo mögliche Grenzen liegen, ist wichtig.

Laut Grundgesetz: Strikte Gewaltenteilung

Im Spannungsfeld zwischen öffentlich in Medien geäußerter Satire und dem Schutz der Ehre einzelner Personen ist in besonderem Maße die Zurückhaltung der Bundesregierung geboten. Das Grundgesetz schreibt eine weitgehende Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit vor, ebenso eine strikte Gewaltenteilung. Das ist gut so. Diese Grundsätze sind die Basis unseres demokratischen Gemeinwesens. Wir sind uns darüber einig, dass darüber, wo die Grenze zwischen Kunst und strafbarer Beleidigung verläuft, nicht die Regierung zu entscheiden hat, sondern die unabhängige Justiz.

Eine gerichtliche Prüfung wird ohnehin erfolgen: Präsident Erdogan hat einen Strafantrag wegen Beleidigung gestellt. Das ist sein gutes Recht. Es liegt jetzt allein bei der Justiz, über die weiteren Schritte in diesem Verfahren zu befinden auf der Basis von Recht und Gesetz und ohne jede politische Einflussnahme.

Unabhängig davon: Den § 103 StGB und den gesamten Abschnitt ‚Straftaten gegen ausländische Staaten‘ wollen wir abschaffen. Die Sonderregelung der Beleidigung von ausländischen Staatsoberhäuptern ist aus der Zeit gefallen. Der Gedanke einer ‚Majestätsbeleidigung‘ passt nicht mehr in unser Strafrecht".

De Maizière verteidigt Entscheidung Merkels

Innenminister Thomas De Maizière, der in der "Ministerrunde" für die Ermächtigung zur Strafverfolgung entschied, verteidigte die Entscheidung der Bundeskanzlerin, Ermittlungen gegen den Moderator Jan Böhmermann nach § 103 des Strafgesetzbuches zuzulassen. 

Scharfe Kritik kam hingegen aus den Reihen der SPD. De Maizière sagte der "Bild", dass er es für richtig halte, im "Fall Böhmermann" die Ermächtigung zur Strafverfolgung zu erteilen. 

"Damit bezieht die Bundesregierung nicht Position zur Frage der Strafbarkeit von Herrn Böhmermann und schließt sich insbesondere auch nicht der Auffassung von Herrn Erdogan an. In einem gewaltenteiligen Rechtsstaat halte ich es aber für ganz besonders wichtig, dass die Frage der Strafbarkeit dort entschieden wird, wo sie hingehört. Und das heißt: nicht durch die Bundesregierung sondern durch die unabhängige Justiz. Dafür ist der Weg jetzt frei."

(DPA/DTS/epd)



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