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Nur wenige kehren freiwillig zurück

Nach Syrien-Besuch: Wadephul bremst Erwartungen auf schnelle Rückführungen

Zerstörte Städte, kaum Lebensperspektiven: Nach einem Lokaltermin in einem zerstörten Vorort von Damaskus dämpfte Wadephul die Erwartungen seines Kabinettskollegen Alexander Dobrindt, der auf baldige Rückführungsvereinbarungen mit der syrischen Übergangsregierung hofft.

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Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) im Gespräch mit Syriens Interimspräsident Ahmed al-Scharaa in Damaskus am 30. November 2025.

Foto: SANA/AFP via Getty Images

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Lesedauer: 7 Min.


In Kürze:

  • Außenminister Wadephul schließt kurzfristige Rückführungen nach Syrien aus.
  • Innenminister Dobrindt drängt weiter auf bilaterales Rückführungsabkommen.
  • Syrien bleibt laut UN und Pro Asyl kein sicheres Rückkehrland.
  • 40 Millionen Euro deutsche Hilfsgelder für Wiederaufbau zugesagt.

Nach dem Besuch von Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) am Freitag, 31.10., in Syrien zeichnet sich keine zeitnahe Rückkehr einer großen Zahl syrischer Flüchtlinge ab. Dies hat der Minister nach einem Lokaltermin in einem zerstörten Vorort von Damaskus verkündet. Damit dämpft er auch die Hoffnungen seines Kabinettskollegen Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU). Dieser bemüht sich zusammen mit Vertretern der syrischen Übergangsregierung um eine zeitnahe Vereinbarung über Rückführungen.

Wadephul: Groß angelegte Rückführungen nach Syrien „kurzfristig nicht möglich“

Am Freitag hatte Wadephul unter anderem Termine mit Interimspräsident Ahmed al-Scharaa und Außenminister Asaad al-Schaibani wahrgenommen. Er stellte Syrien knapp 40 Millionen Euro an Hilfen für den Wiederaufbau in Aussicht. Nach einem mehr als zwölf Jahre andauernden Bürgerkrieg hatte Langzeitmachthaber Baschar al-Assad Anfang Dezember 2023 das Land verlassen.
Seither übt al-Scharaa als Anführer der ehemals dschihadistischen Rebellen die faktische Macht in Syrien aus. Er kündigte an, das Land zu stabilisieren und eine inklusive Verfassung zu entwerfen. Dennoch kommt es in Teilen des Landes nach wie vor zu Gewaltakten – vor allem gegen Minderheiten wie Alawiten oder Christen.
Wadephul machte auch deutlich, dass eine groß angelegte Rückkehr syrischer Asylbewerber „kurzfristig nicht möglich sei“. Bei einem Besuch des vom Bürgerkrieg weitgehend zerstörten Vorortes Harasta erklärte der Minister, dort könnten „wirklich kaum Menschen richtig würdig leben“. Er habe ein „so großes Maß an Zerstörung“ persönlich noch nie gesehen.

Dobrindt rechnet mit Durchbruch noch in diesem Jahr

Vor diesem Hintergrund sei es die bessere Option, vor allem jüngeren Menschen aus Syrien in Deutschland eine Perspektive zu eröffnen. Dabei sei weiterhin jeder willkommen, der „bei uns bleibt und sich bei uns in unsere Gesellschaft einbringt und integriert arbeitet“. Allerdings betonte auch Wadephul, er strebe eine Lösung zur Rückführung schwerer Straftäter an. Dazu sei sein Haus mit dem syrischen Außenministerium in Kontakt.
Im Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD darauf verständigt, möglichst zeitnah Rückführungen auch nach Syrien zu ermöglichen. Mitte Oktober hatte Minister Dobrindt bereits ein entsprechendes Abkommen mit den Taliban in Afghanistan angekündigt. Dieses stehe unmittelbar vor dem Abschluss – obwohl die Taliban von Deutschland nicht als legitime Regierung anerkannt sind. Im September äußerte der Minister, er sei optimistisch, noch 2025 einen Durchbruch erzielen zu können.
Gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND) erklärte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums, es arbeite derzeit an einer Vereinbarung mit Syrien, um Rückführungen zu ermöglichen. Außerdem bearbeite das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) seit Ende September 2025 wieder Asyl-Anträge von „Syrern aus der Gruppe der jungen, arbeitsfähigen, allein reisenden Männer“.

BAMF sammelt Daten zu Rückführungskandidaten

Am dringlichsten aus Sicht der Bundesregierung ist die Erzielung einer Vereinbarung zur Rückführung von abgelehnten Asylsuchenden – insbesondere solchen, die durch strafbare Handlungen in Erscheinung getreten waren. Perspektivisch soll es eine Lösung für alle in Deutschland ansässigen syrischen Staatsangehörigen ohne Aufenthaltstitel geben.
Sobald eine Vereinbarung erzielt ist, stellt die technische und politische Umsetzung die nächste Herausforderung dar. Das BAMF sammelt bereits seit mehreren Monaten Daten zu möglichen Kandidaten für eine Rückführung. Dazu gehören unter anderem syrische Staatsangehörige, die sich in Haft befinden. Hier prüft das Innenministerium, ob es Möglichkeiten gibt, bei freiwilliger Ausreise Haftstrafen zu reduzieren.
Bereits im Juli hatte sich auch Minister Wadephul dafür ausgesprochen, „in Zukunft straffällig gewordene Syrer in das Land abzuschieben“. So hatte er sich damals gegenüber der „Bild am Sonntag“ geäußert. Allerdings hatte er schon damals betont, die Sicherheitslage sei entscheidend.

Pro Asyl verweist auf völlig unzureichende Wohnsituation und fehlende Infrastruktur

Internationales und deutsches Recht sehen Mindeststandards für Rückführungsprogramme vor. Dazu gehören auch eine sichere und menschenwürdige Aufnahme im Zielland. Das Auswärtige Amt und das UNO-Flüchtlingshilfswerk halten Syrien für kein sicheres Rückkehrland. Der Sprecher der Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl, Tareq Alaows, verwies erst jüngst auf das Fehlen von Wohnraum und elementarer Infrastruktur.
Die Lebensmittelversorgung müsse dringend wiederhergestellt werden. Die Vereinten Nationen verweisen auch auf 16,7 von insgesamt 25 Millionen Einwohnern, die auf humanitäre Hilfe angewiesen seien. Ein erheblicher Teil davon seien Binnenflüchtlinge. Außerdem seien noch unkontrolliert Waffen im Umlauf.
Das Auswärtige Amt bremst den Optimismus des Innenministeriums, das auf eine rasche Bewerkstelligung von Rückführungen drängt. Rechtliche Unsicherheiten bezüglich des Schutzes nach der Genfer Konvention könnten Klagen und Widerstand auslösen.

Bislang erst wenige Geflüchtete freiwillig nach Syrien zurückgekehrt

Im Oktober 2024 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Deutschland wegen der Abschiebung eines Syrers nach Griechenland verurteilt. Diese habe einen Verstoß gegen das Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung dargestellt.
Deutschland hätte prüfen müssen, ob der Betroffene Zugang zu einem Asylverfahren habe, das „verhindert, dass er nach Syrien abgeschoben wird“. Ohne ein entsprechendes Abkommen ist davon auszugehen, dass sich aus Sicht der EGMR wenig an dieser Rechtslage geändert hat. Das Bundesverwaltungsgericht sieht die Situation mittlerweile jedoch anders und beurteilte jüngst eine Abschiebung nach Griechenland als zulässig.
Bereits jetzt gibt es freiwillige Rückkehrprogramme für syrische Flüchtlinge. Diese sind mit Hilfen wie der teilweisen Übernahme von Reisekosten, einer einmaligen Wiedereingliederungshilfe oder einer Zusicherung medizinischer Behandlung über einen bestimmten Zeitraum verbunden. Bis Ende Mai 2025 hatte es etwa 1.208 Anträge für 2.075 Personen auf Rückkehr nach Syrien gegeben, davon sind 804 Personen tatsächlich ausgereist.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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