Mehr als 1.000 in drei Tagen
Nach Verfassungsschutz-Entscheidung: AfD meldet Rekord-Mitgliederzuwachs
Die Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ durch den Verfassungsschutz hat offenbar einen Solidarisierungseffekt ausgelöst. Die Zahl der Mitgliedsanträge erhielt einen deutlichen Schub. Diese stoßen jedoch in der Partei zum Teil auf Misstrauen.

AfD-Sprecherin Alice Weidel zufolge hat die Verfassungsschutz-Einstufung einen Schub bei den Mitgliedsanträgen ausgelöst.
Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP via Getty Images
Die Einstufung der Alternative für Deutschland (AfD) als „gesichert rechtsextremistisch“ durch das Bundesamt für Verfassungsschutz am vergangenen Freitag, 2. Mai, hat der Partei offenbar eine Solidaritätswelle unter Sympathisanten eingebracht. Am Montag verkündete Bundessprecherin Alice Weidel, dass seit dieser Einstufung bundesweit 1.000 neue Anträge auf Mitgliedschaft eingegangen seien.
Die Zahl der Austritte soll derweil im zweistelligen Bereich geblieben sein. Während die Fluktuation unter den Mitgliedern der AfD seit ihrer Gründung sehr groß war, überwiegen seit etwa drei Jahren die Neueintritte die Zahl der Austretenden erheblich.
Wie sich die Mitgliederzahl der AfD bisher entwickelte
In ihrem Gründungsjahr 2013 wies die AfD etwa 17.800 Mitglieder auf. Nach einem Anstieg auf etwa 20.000 im darauffolgenden Jahr, sank diese Zahl 2015 wieder deutlich ab. Grund dafür war die Abwahl des Mitgründers Bernd Lucke als Parteisprecher. Medien sprachen damals von Austritten in einer Größenordnung von bis zu 5.000. Laut Rechenschaftsbericht verfügte die Partei zum Ende jenes Jahres über 16.385 Mitglieder.
Die Erfolge bei den Landtagswahlen und der Bundestagswahl führten demgegenüber jedoch wieder zu einem Anstieg der Mitgliederzahl. Austritte gab es weiterhin, allerdings meist nur noch in einer Größenordnung zwischen 1.000 und 1.500 jährlich. Bis Ende 2019 war die Anzahl der AfD-Mitglieder auf mehr als 35.000 angewachsen.
Die Corona-Jahre, die von politischen Rückschlägen und Flügelkämpfen gekennzeichnet waren, ließen die Mitgliederzahl vorübergehend wieder unter 30.000 sinken. Die von Wahlerfolgen und einer stärkeren öffentlichen Präsenz gekennzeichneten Jahre seit 2022 sorgten anschließend für eine deutliche Trendwende.
Deutliche Dynamik vor allem in Ostdeutschland
In den vergangenen Jahren verzeichnete die AfD einen dynamischen Anstieg ihrer Mitgliederzahl. Allein im Jahr 2023 wuchs diese um ein Drittel auf rund 40.000. Seit Januar 2024 bewegt sich die Zahl der monatlichen Neueintritte Angaben der Partei zufolge häufig im vierstelligen Bereich. Für Juni 2024 wies die Partei einen Mitgliederstand von rund 48.000 aus, mittlerweile soll er deutlich über 50.000 angesiedelt sein.
In den Anfangsjahren brachten die ostdeutschen Bundesländer der AfD zwar die höchsten Wahlergebnisse, galten jedoch als mitgliederschwächer. Dieser Trend hat sich in den vergangenen Jahren etwas umgekehrt. Ende 2023 kommt etwa ein Drittel der Mitglieder der AfD aus den neuen Bundesländern – mit Sachsen (3.914 Mitglieder) und Thüringen (3.701) an der Spitze.
Die mitgliederstärksten Landesverbände der Partei sind nach wie vor Nordrhein-Westfalen mit 6.536 und Baden-Württemberg mit etwa 5.400 Besitzern eines Parteiausweises. Bezogen auf die Bevölkerungszahl ist die Präsenz der AfD in den neuen Bundesländern damit deutlich größer. Zu den schwächeren Landesverbänden gehören jene in den Stadtstaaten sowie Schleswig-Holstein. Aufgrund der größeren Dynamik könnten die ostdeutschen Landesverbände mittlerweile bis zu 40 Prozent der Mitglieder stellen – während die neuen Bundesländer weniger als 20 Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung ausmachen.
Rothfuss: Verfassungsschutz könnte „inszenierte Skandale“ im Sinn haben
Die Partei hat aktuelle Details über die Zusammensetzung der Mitglieder nicht mitgeteilt. Es ist angesichts der nunmehrigen Einstufung durch den Verfassungsschutz auch davon auszugehen, dass die AfD vor allem mit Angaben über Mitglieder im Staatsdienst zurückhaltend sein wird.
In sozialen Medien hat die Mitteilung über den überdurchschnittlich großen Mitgliederzuwachs unterdessen eine Vielzahl an Spekulationen ausgelöst. So hat Rainer Rothfuss, ein bayerischer Bundestagsabgeordneter der Partei, auf X die Authentizität des Interesses zumindest einzelner Aufnahmewerbender angezweifelt. Er schrieb:
„Darunter sind jetzt hoffentlich nicht viele V-Leute, die ja bekanntlich nicht nur zum Spionieren ausgesendet werden, sondern auch zum Inszenieren von ‚Skandalen‘, die dann der AfD angelastet werden sollen…“
Die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eröffnet dem Verfassungsschutz noch weitere Möglichkeiten, diese mit nachrichtendienstlichen Mitteln zu beobachten. Offene Quellen wie Parteiprogramme, Reden, Social-Media-Aktivitäten und Medienberichte durfte der Inlandsgeheimdienst schon seit der Einstufung als „Prüffall“ im Jahr 2019 nutzen.
Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ hätte schon 2024 stattfinden können
Nun ist es dem Dienst gemäß dem Bundesverfassungsschutzgesetz auch gestattet, auf verdeckte Maßnahmen zurückzugreifen. Dazu gehören Observationen, die Auswertung von Daten und – nach richterlicher Genehmigung – das Abhören von Kommunikation. Vor allem darf der Verfassungsschutz aber auch V-Personen einsetzen. Dabei handelt es sich um zentrale Informanten, die sich gegen eine finanzielle Aufwandsentschädigung dazu verpflichten, Informationen aus dem Inneren eines Beobachtungsobjekts zu liefern.
Zwar sollte die Entscheidung bereits im November 2024 verkündet werden – das Gutachten, das als Grundlage der Einstufungsentscheidung diente, war damals bereits ausgewertet. Allerdings wurde diese Verkündigung vertagt, da Bundesverfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang zurücktrat und für den Bundestag kandidierte. Das Amt wollte sich durch die Bekanntmachung nicht dem Vorwurf aussetzen, in den Wahlkampf einzugreifen.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hätte demnach Zeit gehabt, eine Einschleusung von Mitgliedern zum Zwecke der Informationsgewinnung vorzubereiten. Der Wert einer solchen Quelle ist jedoch zweifelhaft – und das Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen ungewiss.
Anwerben bestehender Mitglieder für den Verfassungsschutz effizienter
Eingeschleuste Mitglieder müssten mit einer glaubwürdigen Vita ausgestattet werden, erst Kontakte knüpfen und es würde lange Zeit dauern, bis diese eine realistische Aussicht hätten, an sensible Informationen zu gelangen. Dies erst recht zu einem Zeitpunkt, da die beobachtete Organisation besonders genau prüfen wird, wen sie aufnimmt.
Effizienter für den Verfassungsschutz ist die Anwerbung bestehender Mitglieder als V-Personen. Diese haben bereits Zugang zu relevanten Kreisen, wirken glaubwürdiger, sind in Strukturen eingebunden und gelangen so schneller an bedeutsame Informationen. Bei der Auswahl potenzieller V-Leute wenden Nachrichtendienste langjährig erprobte psychologische Strategien an.
Der Verfassungsschutz sucht bei der Auswahl von Informanten eher nach Personen, die aus ideologischen, persönlichen oder finanziellen Motiven zur Zusammenarbeit bereit sein könnten. Dazu gehören etwa Mitglieder, die mit dem Kurs der Partei nicht zufrieden sind, oder solche, die sich in Machtkämpfen oder anderen Konfliktsituationen persönlich benachteiligt fühlen. In Ausnahmefällen sprechen die Dienste auch Personen an, die aufgrund finanzieller Probleme zu einer entgeltlichen Zusammenarbeit bereit sein könnten.
Reinhard Werner schreibt für die Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.
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