Neue Aufgabe für das Kartellamt: Missbrauchskontrolle bei Energiepreisbremsen

Die Preisbremsen für Gas und Strom bleiben umstritten. Dabei geht es nicht nur um die Frage nach der Höhe der Entlastungen. Es gibt Befürchtungen, dass Unternehmen dies ausnutzen und Preise über dem Marktpreis verlangen könnten. 
Die Bundesregierung will die oft kritisierte «Winterlücke» bei den Energiepreisbremsen schließen.
Die Energiepreisbremse benachteiligt Unternehmen, die schon unter den Corona-Maßnahmen am stärksten gelitten haben.Foto: picture alliance / dpa
Epoch Times22. Dezember 2022

Das Bundeskartellamt hat mit dem Aufbau einer Abteilung begonnen, die verhindern soll, dass Energieversorger die Gas- und Strompreisbremsen zu ihrem Vorteil ausnutzen.

Der Staat stelle zur Entlastung der Verbraucher und Industrie „riesige Finanzmittel“ zur Verfügung – sollten einzelne Unternehmen dies ausnutzen, werde das Amt missbräuchliche Verhaltensweisen verfolgen, erklärte Behördenchef Andreas Mundt. In Verdachtsfällen werde das Kartellamt überprüfen, ob Preise ungerechtfertigt erhöht wurden.

Ganz neue Aufgaben

Für das Kartellamt ist die Missbrauchskontrolle „ein ganz neues Aufgabenfeld“, erklärte Mundt am Dienstag. Es gehe nicht um den Schutz des Wettbewerbs, sondern es gehe vor allem um den Schutz der Steuerzahler und darum, dass Unternehmen nicht ohne eigene Kostensteigerung ihre Preise erhöhen und so staatliche Subventionen missbräuchlich in Anspruch nehmen.

Verstöße können mit Bußgeldern bestraft werden, erläuterte Mundt. Unrechtmäßig erlangte Ausgleichszahlungen müssten erstattet werden.

Der Behördenpräsident berichtete, in den vergangenen Wochen hätten bereits viele Bürger dem Kartellamt ihre Benachrichtigungen über Preiserhöhungen für Gas, Strom und Fernwärme zur Prüfung geschickt. Das Kartellamt sei aber nicht die zuständige Stelle für Widersprüche gegen Preiserhöhungen und auch nicht für eine Genehmigung einer Preiserhöhung, stellte Mundt klar. Das sei auch in den Regelungen der Energiepreisbremsen nicht vorgesehen.

Der Bundesrat hatte am Freitag die Energiepreisbremsen gebilligt. Für private Haushalte sowie kleine und mittlere Firmen sollen die Bremsen ab März gelten, für Januar und Februar ist eine rückwirkende Entlastung geplant.

Bei der Gaspreisbremse soll für 80 Prozent des jeweiligen bisherigen Verbrauchs ein Gas-Bruttopreis von 12 Cent pro Kilowattstunde garantiert werden. Für Wärmekunden soll der Preis bis zur 80-Prozent-Grenze 9,5 Cent betragen. Für die restlichen 20 Prozent soll der ganz normale Vertragspreis gelten – so soll ein Sparanreiz erhalten bleiben. Die Strompreisbremse funktioniert ähnlich. Sie sieht vor, dass 80 Prozent des bisherigen Verbrauchs zu einem garantierten Bruttopreis von 40 Cent pro Kilowattstunde bezogen werden.

Mittelständler im Nachteil

Glücklich sind nicht alle über diese Regelung des Bundes, Gastronomen und Messebauer fühlen sich gar benachteiligt, weil als Berechnungsgrundlage ein Corona-Jahr genommen wurde, das ein falsches Bild auf die tatsächlichen Verbrauchszahlen wirft.

„Die große Mehrzahl der Unternehmen wird durch die Energiepreisbremsen entlastet. So wie sie jetzt beschlossen wurden, benachteiligen sie aber Unternehmen, die schon unter den Corona-Maßnahmen am stärksten gelitten haben“, sagte Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga, der „Bild am Sonntag“ (BamS).

Ein mittelständisches Hotel mit einem Gasverbrauch von mehr als 1,5 Millionen Kilowattstunden, das 2021 wegen des Lockdowns fünf Monate geschlossen war und entsprechend weniger verbraucht hat, bekomme 2023 weniger Unterstützung, sagte Hartges.

Hier werden Betriebe doppelt bestraft. Der Regierung ist das Problem seit Wochen bekannt, jetzt muss es gelöst werden.“

Die Höhe der Gaspreisbremse soll sich zwar bei Haushalten sowie kleinen und mittleren Firmen aus dem Jahresverbrauch errechnen, den der Versorger für September 2022 prognostiziert hat. Unternehmen mit einem Gasverbrauch von mehr als 1,5 Millionen Kilowattstunden im Jahr erhalten aber 70 Prozent ihres Gasverbrauchs bezogen auf ihren Verbrauch im Jahr 2021 zu einem garantierten Preis von 7 Cent je Kilowattstunde.

Das Corona-Jahr 2021 ist das absolut falsche Referenzjahr“,

sagte Jörn Holtmeier, Geschäftsführer des Messeverbandes, der „BamS“. Es sei „unglaublich, dass die von der Politik erlassenen Messeverbote schon wieder in Vergessenheit geraten“ seien. Er fordert als Berechnungsgrundlage für die Preisbremsen ein Vor-Corona-Jahr.

100.000 Euro mehr fürs Gas

Auch kleinere Brauereien fühlen sich ungerecht behandelt. Markus Berberich von der Rügener Insel-Brauerei erklärt im „NDR“, warum das so ist: „Wir kaufen Strom und Gas wie Großunternehmen auf, doch die Subventionen degradieren uns zu Haushaltskunden.“

Das treffe nicht nur seine Branche, sondern alle Lebensmittelbetriebe, darunter auch Bäckereien oder Metzgereien. Bekomme die Brauerei nicht die Konditionen der Industriekunden, weil ihr Gasverbrauch etwas unter 1,5 Millionen Kilowattstunden im Jahr liege, müsse man nach eigenen Berechnungen rund 100.000 Euro mehr zahlen.

Die Geldsumme würde Berberich aber lieber zur Transformation hin zu einem regenerativen Betrieb nutzen. Ein 50 Meter hohes Windrad sollte es sein, mit dem man selbst Strom erzeugen könnte. Gleichzeitig will man Wärme mit erzeugen, um sich von fossilen Energien unabhängig zu machen.

Ob die Bierbrauer in Zukunft ihren Strom zu Großkunden-Preisen beziehen können und ob sie eine Genehmigung zu einer unabhängigen Energieversorgung bekommen, diese Entscheidungen werden in Berlin getroffen. (nmc/dpa/afp)



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