Wolfgang Schäuble wurde als Bundestagspräsident nominiert

Die Unionsfraktion nominierte Schäuble heute offiziell als Kandidaten für das Amt des Bundestagspräsidenten. Vom Parlament gewählt werden soll er am nächsten Dienstag - auf der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestags. An einer Mehrheit für Schäuble besteht kein Zweifel.
Titelbild
Wolfgang Schäuble.Foto: Franziska Kraufmann/Archiv/dpa
Epoch Times17. Oktober 2017

Wolfgang Schäuble steht kurz vor dem Wechsel in das zweithöchste Amt im Staat: Mit 75 Jahren übernimmt der CDU-Politiker noch einmal eine neue Aufgabe und verabschiedet sich vom Bundesfinanzministerium.

Die Unionsfraktion nominierte Schäuble am Dienstag offiziell als Kandidaten für das Amt des Bundestagspräsidenten. Vom Parlament gewählt werden soll er am nächsten Dienstag – auf der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestags.

An einer Mehrheit für Schäuble besteht kein Zweifel. Als die Personalie Ende September bekannt wurde, hagelte es bereits Lob – auch von der künftigen Opposition. Die SPD nannte Schäuble eine „respektable Persönlichkeit“. Der mögliche Koalitionspartner FDP pries dessen „natürliche Autorität“.

Koalitionspoker um das Bundesfinanzministerium

Um die Aufgabe gerissen hat er sich nicht: Schäuble reagierte zurückhaltend, als sich die Stimmen mehrten, die ihn für das Amt des Bundestagspräsidenten ins Spiel brachten. Die Komplimente waren nicht uneigennnützig: Denn im großen Koalitionspoker zwischen CDU, CSU, FDP und Grünen ist das einflussreiche Bundesfinanzministerium eine wichtige Karte. Sie kann nun frei gespielt werden.

Das Finanzressort herzugeben, dürfte Schäuble nicht leicht gefallen sein. Seine Beliebtheitswerte sind hoch, als erster Finanzminister seit 1969 hat er ausgeglichene Bundeshaushalte geschafft. Der gebürtige Freiburger ist aber auch ein leidenschaftlicher Abgeordneter. Im Bundestag sitzt er seit 45 Jahren, so lange wie niemand sonst.

Schäuble hat die deutsche Politik der vergangenen Jahrzehnte geprägt. Kaum ein wichtiges Amt, das er nicht bekleidet hat: Er war Chef des Bundeskanzleramts, zwei Mal Innenminister, Fraktionschef, CDU-Vorsitzender und ist seit 2009 Finanzminister. Die großen Themen der vergangenen Jahre – Wiedervereinigung, 11. September, Euro-Krise – gestaltete er als jeweils zuständiger Ressortchef entscheidend mit.

Kanzlerin Merkel: „Schäuble ist eine Klasse für sich“

Das prägendste Ereignis aber war das Attentat auf den damaligen Bundesinnenminister im Oktober 1990. Wenige Tage nach der Wiedervereinigung wurde Schäuble von einem geistig verwirrten Mann angeschossen – seither ist er auf den Rollstuhl angewiesen. Ein Einschnitt, der seine Karriere aber nicht beendete. Überliefert ist, dass Schäuble sich noch im Krankenbett Akten von seiner Frau Ingeborg vorlesen ließ.

Zehn Jahre später folgte mit der CDU-Spendenaffäre ein politischer Tiefpunkt, der seinen Rücktritt von Fraktions- und Parteivorsitz bedeutet. Seine persönliche Beziehung zum langjährigen Kanzler und CDU-Vorsitzenden Helmut Kohl erklärte Schäuble im Zuge der CDU-Spendenaffäre mit einem Satz für beendet: „Ich habe wohl schon zu viel meiner knapp bemessenen Lebenszeit mit dir verbracht.“

In der Flüchtlingskrise ging Schäuble teilweise auch auf Distanz zu Entscheidungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Ihren Führungsanspruch aber stellte er nie in Frage. Die Kanzlerin gestattet ihm im Gegenzug viel Spielraum: „Schäuble ist eine Klasse für sich“, sagte sie einmal.

Das Verhältnis zwischen Minister und Kanzlerin ist nicht unbelastet. Merkel zog 2000 an Schäuble vorbei an die Parteispitze und sie machte ihn vier Jahre später nicht zu ihrem Kandidaten für das Bundespräsidentenamt.

Doch Schäuble gibt sich inzwischen altersmilde: „Ich muss überhaupt nicht mehr viel beweisen“, sagte er schon vor Jahren in einem Interview. Jetzt kann er ein weiteres Amt – und vielleicht auch sich selbst noch einmal neu definieren. (afp)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion