Ostbeauftragter warnt vor Ost-Bashing – übergroße Mehrheit hat mit „rechtsradikalen Spinnern“ nichts zu tun

"Die mediale Wahrnehmung überspitzt das Problem im Osten.“ Die übergroße Mehrheit der Ostdeutschen habe mit „rechtsradikalen Spinnern“ nichts zu tun, sagt der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Wirtschafts-Staatssekretär Christian Hirte.
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Proteste in Ostdeutschland.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times26. September 2018

„Viele Menschen im Osten sehen sich als Bürger zweiter Klasse, als abgehängt,“ sagt der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Wirtschafts-Staatssekretär Christian Hirte. Es ist ein zwiespältiger Befund zur Lage im Osten, den der CDU-Politiker am Mittwoch in Berlin vorlegt. Es gebe wirtschaftliche Fortschritte, aber immer noch große Unterschiede zum Westen. Viele Ostdeutsche hätten das Gefühl, dass ihre Probleme nicht richtig wahrgenommen würden. Die Politik müsse mehr zuhören und den Dialog mit den Bürgern suchen.

Dabei sei beim Aufbau Ost viel erreicht worden, heißt es im Jahresbericht zum Stand der Einheit. 28 Jahre nach der Wiedervereinigung hätten sich die Lebensverhältnisse im Osten denen im Westen weiter angenähert. Es gebe Boomregionen wie Jena und Leipzig, denen es gelungen sei, westdeutsche Regionen bei der Wirtschaftskraft zu überholen. Der Arbeitsmarkt im Osten habe sich positiv entwickelt, der Osten sei stark bei der Erforschung von Schlüsseltechnologien. Und nahezu die Hälfte aller Beschäftigten seien Frauen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei im Osten deutlich einfacher möglich.

Die wirtschaftlichen Erfolge beim Aufholprozess im Osten aber würden derzeit überlagert von gesellschaftlichen Debatten, sagte Hirte. Er verurteilte fremdenfeindliche Übergriffe in Ostdeutschland – warnte aber zugleich vor einer „Stigmatisierung“ des Ostens. „Wir müssen aufpassen, nicht ganze Regionen in Misskredit zu ziehen.“

Die Probleme im Osten seien unbestreitbar, sie würden aber zum Teil verzerrt dargestellt. Die Medien hätten über Ausschreitungen in Köthen und Chemnitz größer berichtet als über solche etwa in Dortmund.

Die mediale Wahrnehmung überspitzt das Problem im Osten.“ Die übergroße Mehrheit der Ostdeutschen habe mit „rechtsradikalen Spinnern“ nichts zu tun.

Hirte sagte zugleich, die Umbrucherfahrungen der Menschen im Osten nach dem Mauerfall hätten Spuren hinterlassen. Viele Ostdeutsche hätten das Gefühl, dass diese Erfahrungen und ihre Probleme nicht richtig wahrgenommen würden.

Im Osten ist der Vertrauensverlust gegenüber Staat und Parteien mit Händen zu greifen“, sagte der Linken-Politiker Matthias Höhn. „28 Jahre lang haben die Ostdeutschen versucht, über ihre Erfahrungen und ihre Enttäuschungen zu sprechen.“ Die Bundesregierung habe nicht zugehört.

Weiterhin gibt es deutliche Unterschiede zwischen Ost und West, wie es im Einheitsbericht heißt: „Und die Menschen im Osten spüren das.“ Beim Lohnniveau und der Wirtschaftskraft liege der Osten im Vergleich zum Westen weiter zurück. Es mangele nach wie vor an Konzernzentralen großer Unternehmen. Der Strukturunterschied schlage sich in geringeren Forschungs- und Innovationsaktivitäten sowie in einer weniger ausgeprägten Internationalisierung der Firmen nieder. „Niedrigere Produktivität und fehlende Spitzengehälter treten hinzu.“

Der Anfang der 1990er-Jahre erfolgte, teilweise „dramatische Rückgang“ der Kinderzahl sowie die damals starke Abwanderung vor allem junger, gut qualifizierter Menschen habe langfristige Nachwirkungen, heißt es weiter. Trotz eines Anstiegs der Geburtenrate nehme die Einwohnerzahl, insbesondere die Zahl der Erwerbsfähigen, weiter ab. Die Alterung schreite schneller voran als in den westdeutschen Ländern. „Das beeinflusst die Angleichung der Wirtschaftskraft und der Lebensverhältnisse auf vielfältige Weise.“

Die im Vergleich zum Westen Deutschlands ungünstigere Altersstruktur und die in vielen ostdeutschen Gegenden geringere Siedlungsdichte begrenzten bereits heute die Zahl der Fachkräfte. Dies werde den wirtschaftlichen Aufholprozess belasten. (dpa)



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