Papier von Referent Kohn hält BMI in Atem: Nur seine persönliche Meinung oder ist doch was dran?

Von 18. Mai 2020

Derzeit sorgt die Gefahrenbewertung – in Bezug auf den Sars-CoV-2-Ausbruch in Deutschland – von Oberregierungsrat Stephan Kohn weiter für mediale Aufmerksamkeit und Diskussionsstoff in der Politik.

In der Aktuellen Stunde des Bundestags am Donnerstag kündigte AfD-Politiker Armin-Paul Hampel an, seine Partei werde sämtliche Punkte des Berichtes prüfen und die Regierung gegebenenfalls zur Rechenschaft ziehen.

Die anderen Parteien hingegen äußerten sich zum Vorgehen des Regierungsbeamten Kohn kritisch. Allerdings gibt es auch in der CDU-Fraktion Stimmen mit der Aufforderung, den Bericht ernst zu nehmen und den Inhalt zu prüfen. Der Bundestagsabgeordnete Axel Fischer sagte nach der Unionssitzung am Dienstag gegenüber der „Welt“:  „Ich habe in der Fraktion gesagt, dass man das Papier nicht einfach vom Tisch wischen kann.“ Man müsse sich mit dessen Inhalt auseinandersetzen.

Unterdessen übt der ehemalige Chef vom Dienst der ARD Kritik am „Kuscheljournalismus“ der Medien, die mit der Regierungsmeinung konform gingen. Zu seiner Zeit wäre die Corona-Analyse zum Brennpunktthema gemacht worden, heute sei es eine Nebenmeldung in der „Tagesschau“.

Vollständiges Dokument von Stephan Kohn

Regierungsmitarbeiter Kohn kommt in seinem über 80 Seiten langen Bericht zum Schluss, dass es sich bei COVID-19 um einen „Fehlalarm“ handele. Die Folgeschäden der staatlichen Eingriffe wägen bereits schlimmer als die Schäden durch das Virus selbst. Die Regierung müsse sofort den Kurs korrigieren, fordert Kohn.

Viel Lob erntet der Beamte für seine Arbeit nicht. Ganz im Gegenteil. Das Bundesinnenministerium (BMI) wirft Kohn in einer öffentlichen Stellungnahme vor, seine persönliche Meinung unbefugt auf Behördenpapier verbreitet zu haben, wozu er nicht autorisiert gewesen wäre. Zudem falle die Sache auch nicht in seinen Aufgabenbereich. Der Mitarbeiter wurde suspendiert und erhielt Hausverbot. Das BMI legte Kohn nahe, sich Rechtsbeistand zuzulegen.

Angesichts der Brisanz des Themas und der aktuellen Lage veröffentlicht die Epoch Times die gesamte Analyse: Hier der Link zum Corona-Leak.

Handelte Kohn außerhalb seiner Zuständigkeit?

Kohn arbeite im Krisenmanagement für das Referat KM 4, das mit dem Schutz der Kritischen Infrastrukturen betraut ist. In seiner Analyse verteidigt er sein Vorgehen und beschreibt die Aufgaben des Referats KM 4 wie folgt:

Das Referat KM 4 hat den Auftrag (Anlage 1), sich eine eigene Bewertungskompetenz zum KRITIS-Schutz aufzubauen und auf dieser Basis Stellungnahmen eigeninitiativ und in Beteiligungsverfahren abzugeben. Dies ist eine solche Stellungnahme.“

Das Schriftstück war nicht für die Öffentlichkeit gedacht, sondern sollte der Regierung „einen fachlich fundierten Impuls zur Optimierung des Krisenmanagements und zur Maßnahmenplanung“ geben. Der Bericht sei aufgrund der Dringlichkeit „schonungslos offen“, schreibt Kohn in der Einleitung.

Was ist sein Motiv?

Obwohl Kohns Bericht die Regierungsarbeit kritisch unter die Lupe nimmt, geht er auch auf die Herausforderungen beim Pandemie-Krisenmanagement ein. Eine Pandemie lasse sich vorab nicht nachspielen, Entscheidungen müssten jeden Tag aufs neue evaluiert werden.

„Die erst wenige Wochen alte Coronakrise dürfte zu den größten Herausforderungen gehören, mit denen unser Land es je zu tun hatte. Die Krisenstäbe, und das Krisenmanagement als Ganzes, leisten mit hohem persönlichem Einsatz eine extrem wichtige und zugleich die schwierigste Arbeit, die man sich vorstellen kann. Das Krisenmanagement entscheidet faktisch über Leben und Tod. Es bestimmt mit seinen Entscheidungen, wem unsere Gesellschaft eine Überlebenschance gibt, und wen sie sterben lässt. Jeden Tag aufs Neue. Für wen werden welche Behandlungsmöglichkeiten reserviert und wem wird die Behandlung wie z.B. eine geplante wichtige OP versagt. Weitere Werte unserer Gesellschaft sind bedroht, materielle (zu denen die Gesundheit gehört) wie ideelle. Auch ein Gemeinwesen kann „sterben“.“

Weiter schreibt Kohn: „Entscheidungen zu treffen ist unvermeidbar. Ich möchte mit meiner Arbeit einen Beitrag dazu leisten, dass die Abwägungsprozesse so professionell wie möglich erfolgen können.“

Kohn beklagt Regierungsversäumnisse

In dem Bericht kritisiert Kohn staatliche Eingriffe nicht als solche, weist aber auf ihre Gefahren hin: „Stark eingreifende staatliche Schutzmaßnahmen sind nur dann der Bevölkerung zumutbar und rational geboten, wenn sie unserer Gesellschaft (nicht dem Einzelnen) einen deutlichen Vorteil gegenüber dem Nichthandeln des Staates bieten können. Auch dies muss also vor dem Einleiten der Maßnahmen, und auch noch laufend die Maßnahmen begleitend, gegengeprüft werden.“

Laut der von ihm eingeholten Expertenschätzungen seien jedoch die Folgeschäden im gesundheitlichen Sektor bereits größer, als der tatsächliche Schaden durch das Virus selbst.

Hier eins von mehreren Beispielen: „Im März und April wurden 90% aller notwendiger OPs verschoben bzw. nicht durchgeführt. Das heißt 2,5 Mio Menschen wurden in Folge der Regierungsmaßnahmen nicht versorgt. Also 2,5 Mio Patienten wurden in März und April 2020 nicht operiert, obwohl dies nötig gewesen wäre. Die voraussichtliche Sterberate lässt sich nicht seriös einzuschätzen; Vermutungen von Experten gehen von Zahlen zwischen unter 5.000 und bis zu 125.000 Patienten aus, die aufgrund der verschobenen OPs versterben werden/schon verstarben.“

Viele Schäden würden sich erst viel später zeigen. Dazu zähle auch die Traumatisierung der deutschen Bevölkerung durch eine „Angstmacherei“ (Alarmismus) der Regierung und deren Folgen. Deshalb fordert er den Krisenstab auf: „Es ist unverzüglich eine angemessene Gefahrenanalyse und –bewertung durchzuführen. Anderenfalls könnte der Staat für entstandene Schäden haftbar sein“.

Kohn: Neuinfektionen und Todesfälle allein nicht aussagekräftig

Kohn kritisiert in seiner Analyse auch die, seiner Meinung nach, einseitigen Informationen des Robert-Koch-Instituts: „Die vom RKI gelieferten Daten sind als Grundlage für die Entscheidungsfindung nicht zu gebrauchen. Die Bewertungen des RKI sind durch die vorgelegten Daten nicht gedeckt. Die Bewertungen sind vielfach spekulativ, teilweise unplausibel. Leider besteht der Lagebericht des Krisenstabs allein aus einer Aufbereitung dieser Daten…“.

„Die einseitige Heranziehung von Daten und Einschätzungen das RKI für den Entscheidungsprozess des Krisenmanagements ist angesichts der Vielfalt von verfügbaren Instituten, Einrichtungen und Experten nicht akzeptabel… Es ist aus Bevölkerungsschutzperspektive zwingend erforderlich, verschiedene auch untereinander im Wettbewerb stehende Quellen zu erschließen,“ so Kohn.

Kohn: COVID-19 fordert weniger Tote als Influenzawelle in 2017/18

Zudem weist er darauf hin, dass die reine „Auswertung von Daten über das Infektionsgeschehen und die Zahl der Todesfälle“ nicht ausreiche, um die Gefahr von COVID-19 richtig einschätzen zu können.

Erst wenn man die Todesfälle durch COVID-19 in Relation zum normalen täglichen Sterbegeschehen in Deutschland setze und diese mit anderen Viren-Epidemien vergleiche, könne man die Gefahr richtig einschätzen.

Anfänglich sei unklar gewesen, wie gefährlich das Virus ist, schreibt Kohn. Mittlerweile zeige die Datenanalyse, dass die Grippewelle in 2017/18 in Deutschland (ca. 25.000 Tote) bislang mehr Todesopfer forderte als COVID-19 (rund 8000 Tote). Zudem sei davon auszugehen, dass sich das auch weiterhin so bestätige. „Diese Daten wurden bislang jedoch von niemandem miteinander verglichen“, lautet Kohns Kritik.

Ein Vergleich der Entwicklungskurven von Influenza und COVID-19 zeige, dass die Influenzawelle in kürzerer Zeit ihren Höhepunkt erreichte, während sich die COVID-19-Entwicklungskurve über einen längeren Zeitraum erstrecke. Dies führt Kohn auf die staatlichen Eingriffe zurück.

Niemand würde bei einer Grippewelle auf den Gedanken kommen, so Kohn, staatliche Maßnahmen zu ergreifen. Da bekannt sei, dass die Folgeschäden für die Bevölkerung und die Wirtschaft weitaus höher liegen könnten, als durch die Todesfälle aufgrund der Pandemie. Angesichts dieser Tatsache seien staatliche Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte auch rechtlich nicht haltbar, schreibt Kohn in seinem Bericht.



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