Parteien bringen sich für die Suche nach neuer Regierung in Stellung

Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet hält es für möglich, dass nach der Bundestagswahl am Sonntag zunächst Unklarheit über den neuen Kanzler herrscht. "Wir wissen vielleicht am Wahlabend noch nicht, wie der künftige Kanzler aussieht", sagte er.
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Wahlplakate in Leipzig, 5. September 2021.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times24. September 2021

Zwei Tage vor der Bundestagswahl haben sich die Parteien für das Ringen um eine neue Regierung in Stellung gebracht: SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sagte dem Online-Portal „web.de“, welche Punkte bei Koalitionsverhandlungen für ihn nicht verhandelbar sind. Der Unions-Bewerber Armin Laschet sagte, am Wahlabend werde der künftige Kanzler möglicherweise noch nicht feststehen. FDP-Chef Christian Lindner sieht sich nicht in der Rolle des „Königsmachers“.

„Manches ist für mich nicht verhandelbar“, sagte Scholz zu, „web.de“. „Ich will den gesetzlichen Mindestlohn auf zwölf Euro anheben, das Rentenniveau stabil halten und die erneuerbaren Energien ausbauen.“

Skeptisch äußerte sich Scholz zu einer möglichen Neuauflage der großen Koalition, die nach allen aktuellen Umfragen unter seiner Führung rechnerisch möglich wäre. „CDU und CSU müssen mal wieder in die Opposition“, sagte der bisherige Vizekanzler. „Das wünsche nicht nur ich mir, sondern viele Bürgerinnen und Bürger wünschen sich das auch.“

Die SPD wollte am Freitag mit einer Veranstaltung in Köln ihren Wahlkampf beschließen. Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock und Ko-Parteichef Robert Habeck wollten in Düsseldorf sprechen.

Kanzlerfrage bleibt am Wahlabend womöglich noch offen

Laschet sagte dem ZDF-„Morgenmagazin“: „Wir wissen vielleicht am Wahlabend noch nicht, wie der künftige Kanzler aussieht.“ Er werde bis Sonntag weiter alles dafür tun, dass die Union „auf Platz eins“ liege und „dass wir eine bürgerlich geführte Regierung bekommen“, fügte der CDU-Bundesvorsitzende an.

Laschet sprach von einem „sehr durch äußere Ereignisse“ geprägten Wahlkampf. „Es gab Fehler, natürlich, in diesem Wahlkampf“, fügte er an. Auch wäre es besser gewesen, wenn die Union die Frage ihres Spitzenkandidaten früher entschieden hätte.

Bei „Bild TV“ zeigte er sich dennoch zuversichtlich. „Ich habe das Gefühl, die Mehrheit der Deutschen will, dass die Union die nächste Bundesregierung anführt.“ Der CDU-Vorsitzende schloss erneut nicht aus, auch aus der Position der zweitstärksten Partei im Bundestag der nächste Kanzler zu werden:

Lindner sieht sich nicht in der Rolle des Kanzlermachers

Lindner sagte dem ZDF-„Morgenmagazin“: „Ich mag das Wort Königs- oder Kanzlermacher nicht wirklich gerne, weil wir leisten ja nur einen Beitrag.“ Er fügte hinzu: „Wir sind Teil einer Mehrheit und wir werden Teile unseres Programms umsetzen, aber man darf das nicht überhöhen.“

Selbst die stärkste Partei werde „von über 70 Prozent der Menschen nicht gewählt worden sein.“ Er wolle „möglichst nahe an die Grünen ran, dann können wir einen Ausschlag geben, zum Beispiel in Richtung Jamaika“.

In dem am Freitag veröffentlichten „RTL/ntv-Trendbarometer“ behielt die SPD ihren Drei-Punkte-Vorsprung vor der Union. Die Sozialdemokraten kamen auf 25 Prozent, gefolgt von der Union, die unverändert auf 22 Prozent kam. Die FDP verbesserte sich um einen Punkt auf zwölf Prozent. Die AfD verlor einen Punkt und kam auf zehn Prozent. Die Grünen blieben bei 17 Prozent, die Linke bei sechs Prozent.

Im ZDF-„Politbarometer“ von Donnerstagabend hatte die Union ihren Rückstand zur SPD etwas verkürzen können. Demnach kommen CDU/CSU auf 23 Prozent, die SPD weiter auf 25 Prozent. Die Grünen liegen bei 16,5 Prozent, die FDP bei elf Prozent, die AfD bei zehn Prozent und die Linke bei sechs Prozent.

Parteienforscher erwartet schwierige Regierungsbildung

Der Parteienforscher Oskar Niedermayer erwartet eine schwierige Regierungsbildung. Angesichts einer möglichen Dreier-Konstellation über politische Lagergrenzen hinweg müsse man sich „auf längere und schwierigere Regierungsbildungen einstellen und möglicherweise auf eine geringere Stabilität der Koalitionen“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstagausgabe). „Da kann eine Regierung schneller mal über eine Krise stürzen.“

Diese Entwicklung bedeute auch, dass Kompromisse nicht innerhalb der Parteien vorgefertigt würden, die dann einen großen Teil der Wählerschaft hinter sich versammelten, sondern zwischen Parteien. „Das ist schwieriger“, so der Politikwissenschaftler.

Ein Vorteil vieler starker Parteien könne zwar seien, dass die Gesellschaft besser abgebildet würde. „Aber es geht bei den großen Herausforderungen eben nicht nur um die Repräsentation unterschiedlicher Interessen, sondern vor allem um deren Aggregation, die dann zu einem politischen Kompromiss und Handlungsauftrag führen soll.“ (afp/dts/dl)



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