Parteipolitischer Facebook-Hickhack um Schützenfest: „Schützenwesen ein Ort der Rechten“?

Heiße Temperaturen bringen in Hannover die Gemüter der Politiker zum Überkochen. Ein falsches Wort und schon landet die Schützenzunft in der Kategorie Sportschützen-Attentäter im Mordfall Lübcke.
Titelbild
Schützentracht.Foto: iStock
Epoch Times29. Juni 2019

Lars Kelich ist stinksauer, darauf deutet zumindest der rote Kopf mit grimmigen Mund auf seiner Facebookseite hin. Dort schrieb der SPD-Ratsherr aus Hannover gestern:

Dabei ging es eigentlich nur um das Wetter. In einem vorigen Post hatte Kelich am Donnerstag seine Sorge geäußert:

Das wird mörderisch beim Schützenmarsch…“

Gemeint waren damit die hochsommerlichen Temperaturen 39 Grad Celsius beim Hannoveraner Schützenfest.

Den Ball, pardon die Kugel, nahm der Ratsherr der Grünen, Daniel Gardemin, kurz danach auf und katapultierte die Schützenzunft in die rechtsradikale Ecke. Er schrieb:

Zwischen den beiden Politikern entfachte eine heiße rot-grüne Diskussion.

Kelich antwortete:

Das Schützenfest Hannover in einem Atemzug mit einem rechtsterroristischen Mord zu nennen, zeugt nur davon, dass da jemand aus dem eigenen Elfenbeinturm in Linden kommentiert. Das ist so ein hanebüchener Unsinn. Aber es wäre wirklich mal interessant zu hören, ob das wirklich die Meinung der Grünen in Hannover ist.“

Daraufhin gaben etliche Facebooker Senf dazu.  Dann ging das Geplänkel weiter.

SPD-Ratsherr Kelich antwortete so:

Durch Kommentare wie ‚Schützenwesen ein Ort der Rechten‘ trägst du nicht zur Klärung bei, sondern verunglimpfst zehntausende von Mitgliedern in den Schützenvereinen. Das ist schlicht ungeheuerlich und auf einem Niveau mit der AfD, die euch Grüne ständig versucht, als Kinderschänder darzustellen.  Das ist einfach unfassbar! Ich kenne sehr viele Engagierte in den hannoverschen Schützenvereinen. Diese sind Lichtjahre von rechter Ideologie entfernt!“

Daraufhin mischte neben den ganzen Facebookfreunden noch ein AfD-Mitglied mit:

Sorry ich bin AfDler und Mitglied in einem Schützenverein und habe weder mit rechter noch mit linker extremer Gesinnung zu tun. Ich finde diese Pauschalisierung des Herrn Gardemin frech und unverschämt.“

Der nächste schrieb:

Mitglied in der AfD, aber davon reden, keine rechte Gesinnung zu haben, gar ’neutral‘ zu sein. Kannste dir nicht ausdenken.“

Und schon biss der Grünen-Ratsherr wieder zurück. Gerichtet an den SPD-Mann schrieb er:

Um es abzukürzen: Gardemin nahm seine Äußerungen teilweise zurück

Am Freitagnachmittag nahm Gardemin seine Äußerungen teilweise zurück und entschuldigte sich. Gegenüber der „Hannoversche Allgemeine“ sagte er:

Ich habe das zu flapsig formuliert. Ich wollte nicht verallgemeinern, und ich wollte niemanden verletzen.“

Gardemin wolle sich nun selbst ein Bild vom Schützenverein machen. Dieser hatte ihn dazu ermuntert. Der Politiker wolle mit den Sportschützen selbst ins Gespräch kommen. Auf das Schützenfest werde er jedoch nicht gehen, er betonte: “Ich will nicht weiter provozieren“

Grünen-Politiker Michael Dette, stellvertretender Regionspräsident, nannte das politische Facebook-Geplänkel „dummes Zeug“. Er sagte:

Derartige pauschale Diffamierungen kommen eigentlich sonst aus der rechten Ecke, die er kritisiert.“

Dette sehe in der Schützenzunft eine wichtige Funktion. Sie kümmere sich um das Gemeinwesen und den Zusammenhalt, so „Hannoversche Allgemeine“. Der Schießsport sei auch eine gute Therapie für hyperaktive Kinder, so Dette weiter. Sie würden lernen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Grünen-Fraktionsvorsitzende Freya Markowis im Rat distanzierte sich von Gardemins Worten.

Einen sehr guten, weisen Rat gab es für die beiden Streithähne abschließend auch noch – von einem vorausschauenden Facebook-Nutzer. Er schrieb:

Dass die Presse (gab ja mittlerweile auch Artikel bei der NP und der BILD Hannover) sich allzu gerne auf derlei öffentlich (nicht privat) geführtes facebook-Geplapper stürzt, ist nichts Neues und sollte auch niemanden wirklich wundern. Ich meine, gefühlt der halbe Stadtrat hat sich an der Diskussion beteiligt… Mein gut gemeinter Tipp wäre, sich vorher zu überlegen, wo und wie man sich an öffentlichem Gedöns beteiligt (mitunter kommentieren ja alle Beteiligten auch fröhlich in der HAZ mit) und, wenn man’s denn schon tut, vorauszuschicken, dass man jetzt seine private Meinung kund tut, die nicht stellvertretend für die jeweilige Partei steht. Das muss ja nicht darauf hinauslaufen, dass man einfach gar nichts sagt und den Diskurs scheut, aber so richtig geschickt hat sich meiner Ansicht nach hier niemand verhalten.“

Sie beide, Kelich und Gardemin, haben in Ihren facebook-Profilen ‚Ratsherr bei Landeshauptstadt Hannover‘ bzw. ‚Ratsherr der Grünen im Rat der Landeshauptstadt Hannover‘ als Beruf hinterlegt. Genau genommen sind es damit schon keine rein privaten Profile mehr. Sie beide posten auch generell immer alles mit der facebook-Einstellung ‚öffentlich'“.

Auch wenn mich persönlich sowas als von digitaler (und transparenter) Kommunikation begeisterter Mensch manchmal amüsiert und ich daraus auch immer etwas lernen/gewinnen kann, denke ich, dass das andere Wählerinnen und Wähler bestimmt anders sehen und eher peinlich finden. Also manchmal lieber mal cool bleiben, bevor so ein Schnack dann eine mediale Eskalationsstufe erreicht. Denn das muss ja nicht sein.“

(sua)



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