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Analyse

plus-iconEin gewisses Unbehagen

Nach AfD-Einstufung: Wie die Welt auf Deutschland blickt

Der Verfassungsschutz (BfV) hatte die gesamte AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft – eine Entscheidung, die weltweit höchste Aufmerksamkeit fand. Inzwischen wurde die öffentliche Nennung dieser Einstufung jedoch durch ein Gericht vorläufig gestoppt. Dennoch bleibt der internationale Blick auf Deutschland kritisch: Die mächtigste Oppositionspartei werde unterdrückt, so der Tenor. Die Weltpresse konzentriert sich weiterhin auf ein mögliches Verbotsverfahren.

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„Der Westen hat gemeinsam die Berliner Mauer niedergerissen. Und sie wurde [nun] wieder aufgebaut“, so US-Vize JD Vance.

Foto: Kay Nietfeld/dpa

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Lesedauer: 8 Min.

Die Nachricht, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die gesamte AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft und dies veröffentlicht hat, ging wie ein Lauffeuer um die Welt und beherrscht die Schlagzeilen von nahezu allen Medien – von Europa bis Indien, von den USA bis Lateinamerika und auch in der arabischen Welt.

Denn es ist bekannt, dass noch vor wenigen Tagen die AfD in Meinungsumfragen zur stärksten politischen Kraft avancierte. Zwar kommt in der internationalen Presse keine Sympathie für die AfD zum Ausdruck – ausgenommen einiger Aussagen der Trump-Regierung. Doch zeigt sich weltweit ein Interesse daran, wie in Deutschland mit der stärksten Oppositionspartei umgegangen wird.

Insbesondere die neue Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) wird daran gemessen werden, wie sie das durch die deutsche Geschichte geprägte Demokratieverständnis gegenüber dem Ausland vermittelt.

Rubio und Vance in Aufruhr

Der US-Vizepräsident J.D. Vance und Außenminister sowie neuer Nationaler Sicherheitsberater Marco Rubio kritisierten die amtierende Bundesregierung dafür, dass die AfD als „extremistisch“ eingestuft worden sei. „Deutschland hat seinem Geheimdienst gerade neue Befugnisse gegeben, um die Opposition zu überwachen. Das ist keine Demokratie – es ist getarnte Tyrannei“, schrieb Rubio umgehend in einem Post auf X. Und weiter: „Was wirklich extremistisch ist, ist nicht die populäre AfD – die bei den jüngsten Wahlen den zweiten Platz belegte –, sondern vielmehr die tödliche Einwanderungspolitik des Establishments mit offenen Grenzen, die die AfD ablehnt. Deutschland sollte seinen Kurs umkehren.“

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What is truly extremist is not the popular AfD—which took second in the recent election—but rather the establishment’s deadly open border immigration policies…
— Secretary Marco Rubio (@SecRubio) May 2, 2025

Vance, der sich im Februar vor der Bundestagswahl mit AfD-Chefin Alice Weidel am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz getroffen hatte, wies darauf hin, dass die AfD die „beliebteste Partei in Deutschland“ sei „und bei weitem die repräsentativste in Ostdeutschland. Jetzt versuchen Bürokraten, sie zu zerstören“, schrieb der US-Vize ebenfalls am Freitag auf X. Und weiter: „Der Westen hat gemeinsam die Berliner Mauer niedergerissen. Und sie wurde [nun] wieder aufgebaut – nicht von den Sowjets oder den Russen, sondern vom deutschen Establishment“.

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The West tore down the Berlin Wall together. And it has been rebuilt—not by the Soviets or the Russians, but by the German establishment. https://t.co/Un6suHtSNJ
— JD Vance (@JDVance) May 2, 2025

Vorausgegangen war, dass sich der Kölner AfD-Kreisverband über X mit einem Appell direkt an Vance wandte: „Bitte helfen Sie uns!“, heißt es in dem Post. Die Einstufung der AfD als rechtsextremistisch sei „politisch motiviert. In welcher anderen Demokratie gibt es so etwas?“

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Deutschland gilt weltweit als bedeutender, als es hierzulande oft wahrgenommen wird. Dies kommt auch in diesem Fall medial zum Ausdruck. Allerdings dürfte die amerikanische Reaktion dazu beigetragen haben, die Aufmerksamkeit für diese Nachricht zu erhöhen. Nachfolgend eine Auswahl:

US-Medien debattieren über Risiken und Vorteile eines AfD-Verbots

Die beiden amerikanischen Leitmedien „The Washington Postund „The New York Times“ sind sich darin einig, dass die Einstufung des BfV „die Debatte über ein mögliches Verbot der Partei durch das deutsche Verfassungsgericht neu entfachen“ werde. Beide Zeitungen weisen kritisch darauf hin: „Ein solcher Schritt würde einen langwierigen, jahrelangen Rechtsprozess in Gang setzen, der laut Experten und selbst den schärfsten Kritikern der AfD möglicherweise größere Risiken als Vorteile birgt.“

Großbritannien: Neutral bis skeptisch

Das britische Staatsfernsehen BBC erklärt in einem Online-Beitrag nahezu lexikalisch sämtliche Hintergründe der Einstufung des BfV und zitiert auch AfD-Stimmen dazu. Der Bericht räumt insgesamt der offiziellen Begründung der deutschen Behörden breiten Raum ein, zudem wird auf historische Kontexte wie Deutschlands Nazi-Vergangenheit verwiesen.

Die politisch eher links einzustufende britische Tageszeitung „The Guardian“ merkt unter anderem an, dass „der Bundestag die Entscheidung des BfV nutzen könnte, um einen Versuch zu rechtfertigen, die öffentliche Finanzierung der Partei zu kürzen oder zu blockieren.“ Auch wird auf die Äußerung des scheidenden Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) hingewiesen, der gewarnt hatte, „die AfD überstürzt zu verbieten“.

Und weiter: Ein Parteiverbot „könnte nach hinten losgehen und dazu beitragen, innerhalb der Partei ein Opfernarrativ zu fördern“. Die Zeitung sieht in diesem Zusammenhang den designierten Kanzler Merz in einer Zwickmühle: Einerseits wolle er sich klar von der AfD abgrenzen, andererseits aber verhindern, sie zur „politischen Märtyrerin“ zu machen.

Frankreich zitiert AfD

Die als liberal geltende französische Hauptstadtzeitung „Le Monde“ räumt der AfD-Stellungnahme zur Einstufung durch das BfV breiten Raum ein und schreibt, die AfD prangere an, dass dies ein „harten Schlag für die deutsche Demokratie“ und eine „politisch motivierte“ Entscheidung sei.

Die französische Finanzzeitung „Les Echos“ stellt ebenfalls in einem großaufgemachten Online-Beitrag die AfD-Chefin Alice Weidel in den Vordergrund und zitiert die Einsprüche der Partei gegen das BfV.

Spanien und Lateinamerika AfD-kritisch

Die überwiegend politisch links-liberale spanische Presse, allen voran das Leitmedium „El Pais“, berichten ausführlich über die Begründung des BfV und weisen indirekt durch entsprechende Zitate aus deutschen Quellen auf die „Gefahr für die Demokratie“ hin, die durch die AfD entstehe.

Auch in Lateinamerika, das von zahlreichen anderen Problemen heimgesucht ist, greifen eine Reihe von Medien das Thema auf. Lateinamerika, das selbst große Auswanderungswellen in Richtung USA stellt, zeigt sich besonders sensibel, wenn es um das Thema „Migration“ geht. Deshalb wird in den dortigen Medien stets darauf verwiesen, dass die AfD als „einwanderungsfeindlich“ gelte.  Allerdings wird auch in der südamerikanischen Presse darauf aufmerksam gemacht, dass ein Verbotsverfahren „sehr langwierig“ und „der Ausgang ungewiss“ sei.

Naher Osten und Indien: US-Kritik im Vordergrund

Selbst im krisengeschüttelten Libanon war es Medien eine Nachricht wert, über die AfD zu berichten, allerdings unter Hinweis auf die Empörung aus den USA. Eines der arabischen Leitmedien, der katarische TV-Kanal „Al Jazeera“, gibt ebenfalls der amerikanischen Stellungnahme breiten Raum, enthält sich jedoch jeglicher eigener Wertung.

Eine ähnliche Berichterstattung in erster Reaktion kann ebenfalls israelischen Medien entnommen werden. In dem südasiatischen Leitmedium „The Times of India“ steht ebenfalls die US-Kritik im Vordergrund.

Tom Goeller ist Journalist, Amerikanist und Politologe. Als Korrespondent hat er in Washington, D.C. und in Berlin gearbeitet, unter anderem für die amerikanische Hauptstadtzeitung „The Washington Times“. Seit April 2024 schreibt er unter anderem für die Epoch Times.

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