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Rechtsanwalt Steinhöfel: „Totalitäres Bestrafungsfieber“ im Faeser-Bendels-Fall

Aufschrei auf der einen Seite des Meinungsspektrums – bedrückende Stille auf der anderen: Der Fall David Bendels spaltet die Nation – und möglicherweise die Definition von den Grenzen der Meinungsfreiheit.

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Kann man in Deutschland seine Meinung frei äußern? (Archivbild)

Foto: Uwe Lein/dpa

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Lesedauer: 6 Min.

Am 7. April verurteilte das Amtsgericht Bamberg den Chefredakteur des „Deutschland-Kuriers“, David Bendels, zu einer Freiheitsstrafe wegen einer Fotomontage mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), veröffentlicht im Februar 2024 auf dem X-Kanal des AfD-nahen Mediums.
Dies hatte für Wirbel gesorgt und entfachte einen Diskurs um den Stand der Meinungsfreiheit in Deutschland. Manche fühlen sich an die Böhmermann-Affäre im Jahr 2016 erinnert.

„Ich hasse die Meinungsfreiheit“

Der frühere CDU- und CSU-Politiker (bis 2016) Bendels hatte dabei eine Plakatinschrift getauscht. Statt „We Remember“ – einem Slogan zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar 2023 – stand nun auf dem Plakat des bearbeiteten Bildes: „Ich hasse die Meinungsfreiheit!“ Dazu postete Bendels: „Faeser hasst Meinungsfreiheit!“
Faeser hatte Strafanzeige gegen den Chefredakteur gestellt und das Gericht sah den Straftatbestand der „Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens“ (Paragraf 188 StGB) gegeben. Das Urteil lautete sieben Monate Haft auf Bewährung, weil Bendels laut Medien nicht vorbestraft sei. Bendels hat gesagt, er plane das Urteil anzufechten.

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In der Bundespressekonferenz am Mittwoch, 9. April, legte Maximilian Kall, Sprecher des Bundesinnenministeriums, bei einer Nachfrage des Journalisten Florian Warweg Wert auf den Punkt, dass das Bild, „welches da verfälscht wurde“, eines der Bundesinnenministerin zum Holocaust-Gedenktag gewesen sei.  „Ausgerechnet eine Äußerung zum Holocaust-Gedenktag wurde dort für eine verleumdende Äußerung missbraucht.“

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Kritik von Kubicki und Steinhöfel

Das Bamberger Urteil regt zu Debatten in den sozialen Medien an – weniger wegen des weggelassenen Originaltextes, sondern wegen des bestraften neuen Textes von Bendels.
Der frühere Bundestagsvizepräsident und Rechtsanwalt Wolfgang Kubicki nannte es „ein wahrlich schandhaftes Urteil“ für einen freiheitlichen Rechtsstaat. Rechtsanwalt und Publizist Joachim Steinhöfel sprach von einem „geradezu totalitären Bestrafungsfieber“, dass einem „um den Rechtsstaat, wenn man solchen Richtern ausgeliefert ist, angst und bange werden muß“. Den Bamberger Richter selbst nannte Steinhöfel eine „Gefahr für den Rechtsstaat […] und die freiheitlich-demokratische Grundordnung“. Er erklärte:

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Meinungsfreiheit selektiv?

„Welt“-Chefreporterin Anna Schneider erklärte, sie habe erst an einen „Scherz“ gedacht, bis man es verifiziert hatte. Dann aber sagte Schneider: „Sieben Monate für einen Scherz oder österreichisch Schmäh … so etwas kennt man aus Diktaturen, nicht aber aus Demokratien.“ Außerdem bestätige das Urteil das Meme in gewisserweise sogar.
Schneider wundert sich zudem über die relative Stille in den Medien und vermutet, dass das deshalb so sei, weil es sich beim „Deutschland-Kurier“ um ein rechtes Medium handelt.

Nicht von „Unrechtsurteil“ einschüchtern lassen

Rechtsanwalt und Aktivist Markus Haintz erinnerte daran, dass „hierfür lediglich ein entweder unfähiger oder ein politisch motivierter Richter verantwortlich war“. Haintz fordert dazu auf, sich nicht „von solchen Unrechtsurteilen“ einschüchtern zu lassen, weil diese nur dazu dienten, „euch zum Schweigen zu bringen“. Niemand müsse Urteile in Strafsachen von einem Amtsgericht ernst nehmen, weil es dagegen Rechtsmittel gebe – und eine Menge Richter in Deutschland, „die Recht sprechen“.

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Die „Böhmermann-Affäre“ im Jahr 2016

So manche erinnern sich noch an das Jahr 2016, als der ZDF-Moderator Jan Böhmermann (damals im „Neo Magazin Royale“) den türkischen Präsidenten in einem als „Schmähgedicht“ deklarierten Text mit übelsten Unterstellungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen beschimpfte, etwa über Sex mit Tieren und Kindern – inklusive türkischer Untertitel.
Die Türkei forderte eine juristische Aufarbeitung auf Basis des Paragrafen 103 StGB (alte Fassung) wegen „Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten“ oder umgangssprachlich auch „Majestätsbeleidigungsparagraf“ genannt. Ein entsprechendes Ermittlungsverfahren wurde schließlich eingestellt. Laut Staatsanwaltschaft Mainz seien keine „strafbaren Handlungen […] mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen“. Man bescheinigte dem ZDF-Moderator, dass dessen „Schmähgedicht“ „als Beispiel für eine Überschreitung der Meinungsfreiheit dienen sollte“, so das ZDF auf die Staatsanwaltschaft verweisend.
Der Vorsitzende der Hamburger Grünen-Fraktion in der Bürgerschaft erklärte daraufhin: „So funktioniert ein Rechtsstaat“.
Im nächsten Schritt beschloss der Deutsche Bundestag im Juni 2017 einstimmig die Abschaffung des Paragrafen 103 zum 1. Januar 2018 als „nicht mehr zeitgemäß“ und „daher entbehrlich“.
Steffen Munter – Journalist und Autor. Er schreibt mit gesundem Menschenverstand über deutsche und internationale Politik, China und gesellschaftliche Entwicklungen.

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