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Brandbrief an die Bundesregierung

Renten steigen, Beiträge auch - Wirtschaftsverbände warnen vor Kollaps

Die Rentenpläne der Bundesregierung stoßen auf deutliche Kritik. In einem Brandbrief warnen 32 Wirtschaftsverbände vor milliardenschweren Zusatzkosten und einer Überforderung des Rentensystems. Gleichzeitig kündigt die Rentenversicherung für 2026 eine spürbare Erhöhung der Renten an.

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Die Anträge steigen, die Belastungen auch: Streit um die Rentenreform. Symbolbild.

Foto: Jan Woitas/dpa

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Lesedauer: 6 Min.


In Kürze:

  • 32 Wirtschaftsverbände kritisieren in einem Brandbrief die Rentenpläne der Bundesregierung und warnen vor milliardenschweren Zusatzkosten.
  • Die Rentenversicherung erwartet für 2026 eine Rentenanpassung von 3,73 Prozent, unter Berücksichtigung der verlängerten Haltelinie.
  • Der Beitragssatz soll 2028 auf 19,8 Prozent steigen, um die höhere Nachhaltigkeitsrücklage zu finanzieren, ohne zusätzliche Mittel des Bundes.

 
Mit einem gemeinsamen Brandbrief haben 32 Wirtschafts- und Branchenverbände die Rentenpläne der Bundesregierung scharf kritisiert. Zuerst hatte „Bild“ darüber berichtet. Die Unterzeichner bezeichnen die Reformvorhaben von Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) als „untragbar“. In dem Schreiben, das an die Fraktionsführungen von CDU/CSU und SPD gerichtet wurde, heißt es, der Gesetzentwurf überdehne die Tragfähigkeit des Rentensystems und sei weder generationengerecht noch finanzierbar.
Die Unterzeichner vertreten nach eigenen Angaben Unternehmen mit rund 17 Millionen Beschäftigten und damit mehr als die Hälfte der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Deutschland.
Die Verbände verweisen auf eine deutliche Kostensteigerung über die kommenden Jahrzehnte. Bis 2050 würden die Pläne des Ministeriums zusätzlich fast 480 Milliarden Euro verursachen. Die jährlichen Mehrkosten stiegen gegenüber der geltenden Rechtslage von 18,3 Milliarden Euro im Jahr 2031 auf 27 Milliarden Euro im Jahr 2050.
Zugleich wird kritisiert, dass die Rentenkommission, die sich mit der langfristigen Neuordnung des Systems ab 2031 befassen soll, noch nicht einmal ihre Arbeit aufgenommen habe. Mit dem vorliegenden Gesetz werde ihr Handlungsspielraum „faktisch zunichtegemacht“.

Verbände: Rentenpläne beschleunigen Abwanderung

Unterzeichnet wurde der Brief unter anderem vom Groß- und Außenhandelsverband BGA, Gesamtmetall, dem Bauverband ZDB, dem Handelsverband HDE, dem Verband Die Familienunternehmer, dem Maschinenbauverband VDMA, dem Bund der Steuerzahler sowie dem Bundesverband Mittelständische Wirtschaft (BVMW).
In dem Schreiben warnen sie vor einer Absturzspirale des Rentensystems. Beschäftigte hätten künftig weniger Geld auf dem Lohnzettel, weil entweder höhere Rentenbeiträge oder höhere Steuern erforderlich würden.
Die Verbände kritisieren außerdem, dass Unternehmen durch den erwarteten Kostenschub an Wettbewerbsfähigkeit verlieren und dadurch die Verlagerung von Produktion und Arbeitsplätzen ins Ausland beschleunigt werde. Die bisherige umlagefinanzierte Struktur der Rentenversicherung werde nach ihrer Einschätzung dadurch „gesprengt“.
Zu den Forderungen der Verbände gehören die Abschaffung der Rente mit 63, ein Anstieg des Renteneintrittsalters über 67 Jahre hinaus sowie höhere Abschläge für Frührentner.

Rentenversicherung bestätigt erwartete Rentenerhöhung 2026

Parallel zur Kritik an den politischen Vorhaben bestätigte der Vorsitzende des Bundesvorstands der Deutschen Rentenversicherung, Alexander Gunkel, die Rentenanpassung. In einer Rede beim Presseseminar der Deutschen Rentenversicherung hatte Gunkel vor wenigen Tagen in Würzburg die Prognose zur Rentenanpassung vorgestellt.
Er sagte: „Die von der Bundesregierung erwartete Anpassung für 2026 ist bereits bekannt, weil der Entwurf des Rentenversicherungsberichts 2025 an die Öffentlichkeit gelangt ist.
Demnach gehen die Planungsdaten von einem möglichen Steigerungswert von 3,73 Prozent aus. Sollte die Inflationsrate wie erwartet bei 2,1 Prozent liegen, werde „die Kaufkraft der Renten auch im kommenden Jahr spürbar steigen“.
Bei der Berechnung sei bereits berücksichtigt, dass die Haltelinie von 48 Prozent bis 2031 verlängert werden soll. In diesem Fall, so Gunkel, „werden die Renten in den Folgejahren nach Maßgabe der Haltelinie angepasst – und das so lange, wie es die Haltelinie gibt.“ Ohne die Verlängerung hätte die Rentenanpassung 2026 leicht höher ausfallen können. Gunkel erläuterte dazu:
„Ohne Verlängerung der Haltelinie könnte die Rentenanpassung 2026 sogar etwas höher ausfallen und bei rund 3,8 Prozent liegen.“
Der Grund:
„Der Nachhaltigkeitsfaktor bleibt jedoch ausgeschaltet, wenn die Haltelinie verlängert wird.“
Gunkel wies zudem darauf hin, dass die veröffentlichte Prognose noch nicht verbindlich sei. Über die endgültige Zahl könne erst entschieden werden, „wenn alle erforderlichen Daten bekannt sind“. Dies werde erst im Frühjahr 2026 feststehen.
Der Entwurf zum diesjährigen Rentenversicherungsbericht ist im Moment nicht öffentlich zugänglich. Verschiedene Medien, unter anderem die „tagesschau“, hatten Ende Oktober darüber berichtet.
Für Rentner bedeutet das eine spürbare Erhöhung. Eine monatliche Rente von 1.000 Euro würde um 37 Euro steigen. Sollte die Inflationsrate im kommenden Jahr wie erwartet bei 2,1 Prozent liegen, würde die Kaufkraft der Renten ebenfalls zunehmen.
Die Bundesregierung plant, das Rentenniveau bis 2031 bei 48 Prozent zu halten. Mit dem Rentenpaket soll die finanzielle Basis der Rentenversicherung gestärkt werden. Vorgesehen ist, die untere Grenze der Nachhaltigkeitsrücklage anzuheben, damit der Kasse ein größerer Mindestpuffer zur Verfügung steht, der kurzfristige Schwankungen in der Liquidität abfedern soll.

Steigende Beitragssätze und fehlende Bundesbeteiligung

Gunkel äußerte deutliche Vorbehalte gegenüber der geplanten Finanzierung. Der Beitragssatz zur Rentenversicherung soll 2028 voraussichtlich um 1,2 Prozentpunkte auf 19,8 Prozent steigen. Dabei handelt es sich nach seinen Worten um den „ersten Beitragsanstieg seit 2007“.
Hintergrund ist, dass die Rentenkasse im Rahmen des Rentenpakets finanziell besser ausgestattet werden soll. Die Mindesthöhe der Nachhaltigkeitsrücklage soll von heute 0,2 Prozent der Monatsausgaben auf 0,3 angehoben werden. Damit sollen Schwankungen bei der Liquidität besser ausgeglichen werden.
Während Gunkel die Erweiterung dieses Puffers ausdrücklich begrüßte, kritisierte er, dass die Finanzierung ausschließlich über höhere Beiträge erfolgen soll. Die Zusatzkosten für die Anhebung der Mindestrücklage müssten zwischen Bund und Beitragszahlern aufgeteilt werden, forderte er.

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