Pressespiegel: „Findet das Theater mal ein Ende?“

"Welcher Ausnahmezustand folgt als nächstes?" fragt die Hessische Niedersächsische Allgemeine (Kassel) zu den aktuellen Meldungen aus Berlin.
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Zeitungen und Zeitschriften an einem KioskFoto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times18. September 2018

Was sagen die Medien zu Maaßen? Ein Blick in andere Zeitungen:

Westfälische Nachrichten (Münster):

Für die Parteichefs von CSU und SPD stand die persönliche Glaubwürdigkeit, für die Kanzlerin die eigene Autorität auf dem Spiel. Um das drohende Scheitern der Koalition auf Biegen und Brechen zu verhindern, wird Maaßen nun ins Staatssekretärsamt wegbefördert.

Aus Sicht der Akteure eine geradezu salomonische Lösung; aus Sicht des Wahlvolks neues Futter für wachsenden Koalitionsfrust. Eine erneute Koalitionskrise ist abgewendet. Die nächste aber wird kommen, das ist sicher.

Rheinpfalz (Ludwigshafen)

Nun ist die Sache geklärt, doch ein unangenehmer Nachgeschmack bleibt – nicht nur, weil Maaßen jetzt zum Staatssekretär befördert wird. Am Ende ging es nicht mehr darum, dass Maaßen in der für die Demokratie zentralen Frage von Verschwörung und „Fake News“ fahrlässig (weil spekulativ) agiert hat.

Am Ende ging es nur noch um Gesichtswahrung. (…) Die Frage, was für den Innenminister im Fall Maaßen von Anfang an notwendig und geboten gewesen wäre, um die Integrität der Behörde wieder herzustellen, kam ihm nicht in den Sinn. Denn Seehofer verfolgt ausschließlich persönliche Ziele.

Saarbrücker Zeitung

Dieses ganze Trauerspiel kennt nur einen Profiteur: die AfD. Sie hat Maaßen zum Märtyrer für ihre flüchtlingsfeindliche Haltung gemacht. Seine Versetzung passt trefflich in dieses Bild.

Die schwache Vorstellung der großen Koalition erst recht. Schwerlich denkbar, dass es bei Union und SPD nun so etwas wie einen Neuanfang gibt.

Dazu hat der Fall Maaßen zu viele Wunden geschlagen. Wenn die Koalition mittlerweile schon eine Personalie an den Rand des Abgrunds bringt, dann muss man sich um die Regierungsstabilität wirklich Sorgen machen.

Hessische Niedersächsische Allgemeine (Kassel):

Anstatt sich in der Koalition zusammenzusetzen, um in aller Ruhe den Fall Maaßen zu klären, laufen Politiker aller Parteien zuerst vor Mikrofone und erklären ihre Position. Die Partei zuerst, dann die Koalition. Da wurde die Stimmung angeheizt, wieder einmal über das Ende der Koalition gesprochen und viel Selbsttherapie betrieben.

In dieser Großen Koalition ist die gegenseitige Wertschätzung längst der Animosität gewichen. Der jetzige Kompromiss täuscht darüber nicht hinweg.

Nach den schier endlosen Diskussionen um den Masterplan zur Flüchtlingsfrage und der nachfolgenden Personalie Maaßen fragt man sich, welcher Ausnahmezustand als nächstes folgt? Und, ob dieses Theater mal ein Ende findet? Nach den Landtagswahlen? Hoffentlich. Ob Rente, Pflege, bezahlbarer Wohnraum: Es gäbe viel zu tun.

Hannoversche Allgemeine Zeitung:

Die Entscheidung, den Verfassungsschutzpräsidenten abzulösen, ihn aber im gleichen Zuge zum Staatssekretär im Innenministerium zu machen, ist kein klarer Schnitt – sondern der schlecht verhehlte Versuch einer Gesichtswahrung um jeden Preis. Das alles ist so durchschaubar wie dürftig.

Entweder man kommt zu der Entscheidung, Maaßen ist geeignet, für Führungspositionen im Bereich der Inneren Sicherheit. Oder man entscheidet, dass er ungeeignet ist. Aus als Behördenchef, aber Weiterbeschäftigung bei deutlich höheren Bezügen, das ist jedenfalls ein Pseudo-Kompromiss.

Märkische Oder-Zeitung (Frankfurt/Oder):

Es war ein Kraftakt – und was für einer. Elf Tage, zwei Krisengipfel und unzählige Gespräche, Telefonate und Kurznachrichten hat die Koalition gebraucht, um die Affäre Maaßen zu beenden. Der Chef des  Inlands-Geheimdienstes muss gehen, und das ist auch gut so. Am Montag ist es ein Jahr her, dass die Bürger ihren Wahlauftrag erteilt haben. Geliefert  wurden bislang vor allem eine geplatzte und eine quälende Koalitionsfindung sowie eine echte und eine drohende Koalitionskrise. All dies hat Kräfte gefressen und Vertrauen ramponiert, zwei Zutaten, die es bräuchte, um all die Ziele zu erreichen, die sich die drei Parteien in ihrem Koalitionsvertrag vom Februar gesteckt haben. Von „Aufbruch“, „Dynamik“ und „Zusammenhalt“ ist dort die Rede. Es darf nun endlich losgehen.

Allgemeine Zeitung (Mainz):

Ja, es ist eine ziemlich miese Nummer, die da über die Bühne geht. Und jeder Bürger hat Recht, wenn er fragt: „Haben die da oben noch alle Tassen im Schrank?“ Das ist die eine Seite. Aber es gibt noch eine zweite.

Die fragt: Was wäre die Alternative gewesen? Zerbrechen der Koalition? Neuwahlen? Eine Minderheitsregierung? Wir kommen nicht um die Erkenntnis herum: In dieser verrückten Welt wird auch die Lage der Politik immer vertrackter.

Flensburger Tageblatt:

Wir haben doch richtig verstanden, oder? Als Geheimdienstchef ist Maaßen untragbar, aber als Staatssekretär für Sicherheit genau der Richtige? Wer soll das noch verstehen? Noch am  Wochenende hatte SPD-Chefin Andrea Nahles getönt, dass sie diesem Mann nicht vertrauen könne.

Hat aber kein Problem damit, dass Maaßen nun eine Stufe höher wirken darf. Kurzkritik:  Große Welle gemacht, am Ende aber mal wieder eingeknickt. Man möchte ja schließlich an der Macht bleiben. Man kann nur noch mit dem Kopf schütteln.

Mittelbayerische Zeitung (Regensburg):

Freilich kann die seltsame und nur vordergründig gesichtswahrende Lösung des Falles  Maaßen nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in dieser GroKo zugeht wie in einem Tollhaus.

Als hätte  das Land keine anderen Probleme, als würden nicht Mieten explodieren, Dieselfahrer verunsichert, als hätte man nicht genug Probleme mit Migration, Kriminalität und Abschiebung und als würde Deutschland international nicht dringend als Stabilitätsanker benötigt, zwang Berlin dem Land eine zweitrangige Politposse auf.

Und dabei erbebte die schwarz-rote Regierung wieder einmal in ihren Grundfesten. Wann fangen die endlich an, vernünftig zu regieren?

Leipziger Volkszeitung:

Die Spitzen von CDU, CSU und SPD werden für sich beanspruchen, sich durchgesetzt zu haben, jeder auf seine Weise. Horst Seehofer, weil er die „Versetzung“ Maaßens zur Beförderung umdeuten wird und weil gesichert ist, dass weiter jemand aus dem Dunstkreis einer der Unionsparteien den Inlandsgeheimdienst leitet.

SPD-Chefin Andrea Nahles wird ihrer chronisch murrenden Partei das Ganze als Beweis sozialdemokratischer Durchsetzungsfähigkeit verkaufen – obwohl  Maaßen nicht aus der Verantwortung verschwindet.

Für Angela Merkel bedeutet dieser Kompromiss: Sie kann weiter regieren. Und mit einem Staatssekretär  Maaßen wird sie sehr viel besser leben können als mit einen Verfassungsschutzchef Maaßen, der hinter den Kulissen gegen sie intrigiert.

Mannheimer Morgen:

Dieses ganze Trauerspiel kennt nur einen großen Profiteur: die AfD. Sie hat Maaßen längst zum Märtyrer für ihre flüchtlingsfeindliche Haltung gemacht. Seine Versetzung passt nun trefflich in dieses Bild. Und die schwache Vorstellung der großen Koalition erst recht. Schwerlich denkbar, dass es bei CDU, CSU und SPD nun so etwas wie einen Neuanfang gibt.

Dazu hat der Fall Maaßen zu viele Wunden geschlagen. Wenn die große Koalition mittlerweile schon eine einzige Personalie an den Rand des Abgrunds bringt, dann muss man sich um die Regierungsstabilität wirklich Sorgen machen.

Schwäbische Zeitung (Ravensburg)

Wenn aber jemand von Besoldungsstufe B 9 in Besoldungsstufe B11 aufrückt, weil Zweifel an seinen Fähigkeiten bestehen, dann muss die Öffentlichkeit zweifeln, ob noch alles mit rechten Dingen zugeht. (…) In Zeiten eines wachsenden Rechtsextremismus kann man keinen Verfassungsschutzchef dulden, der nicht über jeden Zweifel erhaben ist, sondern sich in die Tagespolitik einmischt. Verloren hat aber auch die SPD.

Zu oft hat sie in den letzten Monaten den Querelen in und um Horst Seehofer wortlos zugeschaut, es rumorte an der Basis. ‚Maaßen wird gehen‘, versprach deshalb Andrea Nahles. ‚Maaßen wird aufsteigen‘ hat sie nicht gesagt.

Diejenigen, die ohnehin die Große Koalition skeptisch sahen, werden weiteres Wasser auf ihre Mühlen haben. Es sind nur faule Kompromisse, um den zerrütteten Zustand dieser Koalition zu übertünchen.

(dpa)



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