Pressespiegel: Was sagen die deutschen Medien zu Maaßen?

Man sucht einen Sündenbock, keiner will Neuwahlen und die nächste Krise kommt bestimmt. Was schreibt die deutsche Presse zu Kanzlerin Merkel, Horst Seehofer und Hans-Georg Maaßen?
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Epoch Times14. September 2018

Ein Blick in die deutsche Presse: Was sagen die kleineren Zeitungen im Land zu Maaßen und den Rücktrittsforderungen? Kanzlerin Merkel hätte ihn in ihren stärkeren Jahren einfach rausgeworfen – doch dazu hat sie heute weder die Kraft noch die Macht.

Merkel habe auch nicht die Kraft, Seehofer in die Schranken zu weisen, schreibt die „Mittelbayerische Zeitung“. Und weiter: „Sollte es am 14. Oktober für die CSU nicht gut ausgehen, wird man Seehofer zum Sündenbock machen und ihm auch den Fall Maaßen ankreiden.“

Augsburger Presse:

Woran man erkennt, dass Angela Merkel keine starke Kanzlerin mehr ist? Am Vokabular. Etwa an diesem Wort: Krisengipfel. In den Hochjahren von Merkels Kanzlerschaft fiel der Begriff, wenn sie die Welt vor einer Weltfinanzkrise retten musste, oder zumindest den Euro vor Griechenland.

Jetzt fällt der Begriff, wenn es um den Umgang mit einem Bundesbeamten, Besoldungsstufe B9, geht: Hans-Georg Maaßen, hauptberuflicher Sicherheitsexperte mit einer nebenberuflichen Neigung zu Verunsicherung.

In ihren mächtigsten Jahren hätte Merkel ihn rausgeworfen, notfalls den Innenminister auch. Dazu hat sie heute weder die Kraft noch die Macht, also musste her: ein Krisengipfel. Der sich vertagt.

Landeszeitung (Lüneburg)

Es ist schwer zu sagen, was mehr irritiert: Ein Verfassungsschutz-Präsident, der den Anschein erweckt, sich zum Schutzpatron der Rechtspopulisten aufzuschwingen. Oder eine Koalition, die aus Fehlern einfach nicht lernt. Die es zulässt, von der AfD vor sich her getrieben zu werden.

Klar ist: Hans-Georg Maaßen ist angezählt. Spätestens nachdem die SPD den Verbleib des Verfassungsschutz-Chefs zur Koalitionsfrage erhob. Die Spitzen der Koalitionsparteien vertagten sich bis kommenden Dienstag. Das kann, sollte und muss Maaßen als Ultimatum verstehen, spätestens bis dahin seinen Hut zu nehmen. Der Mann hat zu viele Gründe angehäuft, die einen Rücktritt unumgänglich machen.

Mannheimer Morgen

Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Da konterkariert ein Verfassungsschutzpräsident öffentlich Merkels Einschätzung über rechtsextremistische Umtriebe in einer sächsischen Großstadt, und der eigene Bundesinnenminister in Gestalt von CSU-Chef Horst Seehofer gibt dazu auch noch seinen Segen.

Doch Merkel tut so, als sei da nichts gewesen. Augen zu und durch. Das ist auch eine Art von Autoritätsverlust der Kanzlerin. Die Kunst des Moderierens ist zweifellos Merkels Stärke. Doch stärker denn je ist Führung gefragt.

Dafür ist Merkel offenkundig nicht gemacht. Die Kanzlerin hat zwar die Richtlinienkompetenz. Aber die Richtlinie ist nicht erkennbar. Die Koalition wirkt orientierungslos. Und die nächste Krise kommt bestimmt.

Badische Neuste Nachrichten (Mannheim)

Am Dienstag wollen sich Merkel, Seehofer und Nahles wieder treffen. Gewonnen haben sie damit nichts, außer ein bisschen Zeit. Der Konflikt schwelt weiter. Und einer wird in jedem Fall verlieren – Seehofer oder Nahles. War es das wert?

Hannoversche Allgemeine Zeitung zu Koalition/Maaßen

Nach der Bundestagswahl wollten sich Deutschlands Parteien politisch erneuern, sich selbst infrage stellen, sich interessanter machen für Menschen, die an der Zukunft dieser Gesellschaft interessiert sind.

Doch wirklich geschehen ist wenig. Ein Jahr später scheinen die Parteien die Botschaft des historischen Ergebnisses nicht verstanden zu haben. Dies ist die wirklich beunruhigende Nachricht dieser Tage.

Schwäbische Zeitung (Ravensburg)

Schon wieder. Ein neuer Koalitionsstreit ist vom Zaun gebrochen. Diesmal geht es um Hans-Georg Maaßen, und ein wenig auch um Horst Seehofer. Die SPD ist zunehmend gereizt. Der oberste Verfassungsschützer ist auch im Amri-Untersuchungsausschuss bisher klare Aussagen schuldig geblieben, was den V-Mann im Umfeld des Attentäters anging.

Der Ruf der SPD nach einer Entlassung ist daher verständlich, auch die FDP schloss sich an, nachdem bekannt wurde, dass Maaßen der AfD vorab Informationen aus dem Verfassungsschutzbericht gab. All dies ergibt ein Bild, dass nicht mehr dem eines verantwortungsvollen Behördenleiters entspricht.

Bis Dienstag hat Seehofer nun Zeit, Maaßen vom Rücktritt zu überzeugen. Denn nicht nur Merkel, auch SPD und CSU wissen, dass ein weiterer Streit das Ende der Koalition sein könnte. Und in dem Zustand, in dem diese zurzeit ist, wird keiner als Gewinner daraus hervorgehen. Die Koalitionspartner erinnern an taumelnde Boxer, die sich im Fallen noch aneinanderklammern.

Neue Osnabrücker Zeitung

Die Machtprobe zeigt in jedem Fall, wie groß der Verdruss vieler Genossen über die ungeliebte Groko nach wie vor ist. Es scheint, als hätten sie nur auf die Gelegenheit gewartet, ihrem Frust Ausdruck verleihen zu können. Wetten auf die Zukunft der Groko möchte man jedenfalls nicht abschließen.

Es wächst nicht zusammen, was unter massivem Druck zusammengefügt worden ist. Eines eint SPD, CDU und CSU allerdings noch: Alle drei Parteien können aktuell kein Interesse daran haben, dass die Koalition platzt und es Neuwahlen gibt. Denn davon würde zurzeit wohl vor allem die AfD profitieren, bei der Bayern- und der Bundestagswahl.

Rhein-Zeitung (Koblenz)

Wer jetzt einen Vorwand für einen Ausstieg aus der Koalition sucht, hat mit Maaßen einen gefunden. Dass es die drei Parteichefs nicht schafften, die Sache zu regeln, und sie vertagten, macht deutlich, wie leicht sich Probleme zu Konflikten und diese zu Krisen entwickeln.

Das ist eine schlechte Nachricht für das Zusammenstehen der Parteien der Mitte gegen die Herausforderungen von den Rändern.

Mittelbayerische Zeitung (Regensburg)

Im Kern geht es um das tiefe politische Zerwürfnis zwischen Merkel und Seehofer. Maaßen ist nur eine Figur auf dem Schachbrett, auf dem sich Kanzlerin und Innenminister seit Monaten duellieren.

Dass der Koalitionsgipfel gestern keine Entscheidung im Fall Maaßen zustande brachte, sondern sich vertagte, zeigt nur, dass das Patt zwischen den beiden Unions-Vorsitzenden weiterhin besteht.

Merkel hat nicht die Kraft, Seehofer in die Schranken zu weisen. Sollte es am 14. Oktober für die CSU nicht gut ausgehen, wird man Seehofer zum Sündenbock machen und ihm auch den Fall Maaßen ankreiden.

Ludwigsburger Kreiszeitung

Selbst wenn sich der Verfassungsschutzpräsident noch unter „freiwilligem Zwang“ selbst zurückzöge, was für SPD und Union gleichermaßen eine gesichtswahrende Lösung wäre, ist die Große Koalition nicht aus dem Schneider.

Kanzlerin Angela Merkel hat zwar die Richtlinienkompetenz. Aber die Richtlinie ist nicht erkennbar. Die Große Koalition wirkt insgesamt orientierungslos. Und die nächste Krise kommt bestimmt.

(dpa/ks)



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