Publizist: Ein Viereck der Macht entscheidet über personelle Zukunft der CDU

Der bekannte Publizist Gabor Steingart analysiert in seinem „Morning Briefing“ die Frage der Kanzlerkandidatur für die Union bei der Bundestagswahl 2021. Er sieht vier Personen aus dem Landesverband NRW als die am Ende maßgeblichen Akteure.
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Die heiße Phase des Wettbewerbs um die Nachfolge Angela Merkels an der CDU-Parteispitze läuft nach wie vor. Im Bild v.l.n.r.: Jens Spahn, Armin Laschet und Friedrich Merz.Foto: Federico Gambarini/dpa
Von 5. Februar 2020

Sollte es nicht auf Bundesebene oder in einem der 16 Bundesländer infolge unvorhergesehener Umstände doch noch zu vorzeitigen Neuwahlen kommen, wird die Bürgerschaftswahl in Hamburg am 23.2. der einzige überregionale Urnengang sein, der in Deutschland 2020 stattfindet.

Eine weitere CDU-Schlappe in der Größenordnung der Wahlen des Vorjahres wird in der Hansestadt mit hoher Wahrscheinlichkeit ausbleiben: Die Union, die 2004 noch eine absolute Mandatsmehrheit erringen konnte, ist elf Jahre später auf 15,9 Prozent abgesackt. Wesentlich tiefer wird die Partei jüngsten Umfragen zufolge nicht mehr abrutschen.

Damit wird 2020 für die Union zum Jahr der Selbstfindung. Sie wird nicht nur inhaltlich und strategisch die Weichen stellen müssen für die Zeit nach Angela Merkel, sie wird auch entscheiden müssen, mit wem sie als Kanzlerkandidat ins Rennen gehen wird.

Für den Publizisten Gabor Steingart zeichnet sich ab: Die seit Dezember 2018 amtierende Bundesparteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer wird es nicht sein. Es sind durchaus gewichtige Argumente, die diese Einschätzung stützen: Jüngste Umfragen weisen nicht nur ihren damaligen Rivalen um den Parteivorsitz, Friedrich Merz, mit höheren Beliebtheitswerten aus, sondern auch noch CSU-Chef Markus Söder, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und den Ministerpräsidenten von NRW, Armin Laschet.

Kramp-Karrenbauer darf „Krone bewachen, aber nicht vergeben“

Dies dürfte auch den Genannten selbst nicht verborgen geblieben sein, was Steingart in seinem „Morning Briefing“ zu der Auffassung gelangen lässt, dass am Ende ein „Viereck der Macht“, das im CDU-Landesverband NRW angesiedelt ist, entscheiden wird, wer im nächsten Jahr die Union tatsächlich ins Rennen um die Verteidigung des Kanzleramts führen wird.

Macht, so schreibt Steingart unter Berufung auf die Definition des US-Strategen Robert Kagan, sei „die Fähigkeit, andere zu veranlassen, das zu tun, was man will, und sie von dem, was man nicht will, abzuhalten“. Über eine solche verfüge Kramp-Karrenbauer nicht. Deshalb dürfe sie „die Krone der Kanzlerkandidatur […] bewachen, nicht vergeben“.

Das Szenario, dass mit Markus Söder zum dritten Mal nach Franz-Josef Strauß und Edmund Stoiber ein CSU-Kandidat in den Kanzlerwahlkampf gehen wird, klammert der Publizist – gewollt oder ungewollt – aus seiner Kurzanalyse aus. Die eher durchwachsenen Erfahrung der Union mit bayerischen Kanzlerkandidaten und die gemessen an Strauß und Stoiber deutlich niedrigeren Zustimmungswerte Söders im Freistaat selbst drosseln die Wahrscheinlichkeit dieses Vorgehens.

Kein Kanzlerkandidat Merz ohne Deal mit Laschet

Also werden Merz, Laschet, Spahn und der ebenfalls dem Landesverband NRW entstammende Bundestags-Fraktionschef Ralph Brinkhaus die Entscheidung über den künftigen Unions-Kanzlerkandidaten unter sich ausmachen.

Eine Entscheidung, so vermutet Steingart, wird jedenfalls nicht an Laschet vorbei fallen können, dem er attestiert, dass von ihm ein „Wärmestrom“ ausgehe. Zudem sei er als ehemaliger Integrationsminister „auch bei den Grünen anschlussfähig“.

Gegen die Option, dass Laschet tatsächlich Kanzlerkandidat werden könnte, spreche hingegen, dass er inhaltlich für eine „Fortsetzung der Ära Merkel mit rheinischem Antlitz“ stünde – und sich bereits im Vorfeld der Entscheidung über die Merkel-Nachfolge an der Parteispitze als Zauderer erwiesen habe.

Dennoch würde selbst Friedrich Merz, der eher die traditionelle Union verkörpere und die Partei wieder zu Wirtschaftskompetenz zurückführen könnte, ohne einen Deal mit Laschet nicht einmal Spitzenkandidat der NRW-CDU werden können. Er komme als Seiteneinsteiger, habe keine Hausmacht und sei auch nicht dafür bekannt, taktische Bündnisse zu suchen.

Spahn unbeliebt, Brinkhaus nicht inspirierend

Für Dynamik stehe hingegen Jens Spahn, der die „Vorhut einer neuen Generation“ darstelle und immerhin bereits 15 Gesetzesvorhaben umgesetzt habe. Allerdings scheiterte er auch mit einigen Vorstößen, etwa jüngst jenem zur Organspende. Und diese scheinen auch entscheidend mit dazu beizutragen, dass er in der Bevölkerung „respektiert, [aber] nicht geliebt“ werde.

Denkbar sei auch eine Kanzlerkandidatur des überraschend im Jahr 2018 zum Fraktionschef gewählten Ralph Brinkhaus. Er sei in Berlin immerhin der mächtigste Akteur aus dem Verband NRW. Allerdings sei Brinkhaus auch ein „Technokrat, der bisher visionsfrei durchs politische Leben geht“. Er sei, so Steingart weiter, „effektiv, aber nicht inspirierend“ und: „Sein Zuhause ist das politische Hinterzimmer.“  

 



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