Publizist Steingart: „AKK wird nicht Kanzlerkandidatin“ – Söder könnte dritter CSU-Starter werden

Obwohl niemand es wagte, CDU-Bundeschefin Annegret Kramp-Karrenbauer auf dem Parteitag herauszufordern, meinen Gabor Steingart und sein Kollege Michael Bröcker, die Frage der Unions-Kanzlerkandidatur wäre weiter offen. Sie setzen auf CSU-Chef Söder.
Titelbild
Markus Söder auf dem Parteitag der CDU in Leipzig, 2019.Foto: Jens Schlueter/Getty Images
Von 25. November 2019

Eine Palastrevolte, angeführt von Friedrich Merz als dem neuen alten Hoffnungsträger all jener Christdemokraten, die Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) nicht für die prädestinierte Kanzlerkandidatin für 2021 halten, ist während des Bundesparteitages der CDU am vergangenen Wochenende (22.-23.11.) in Leipzig ausgeblieben.

AKK hatte sich selbst in ihrer Parteitagsrede bereit erklärt, ihren Posten zur Abstimmung zu stellen, sollte jemand ihren Weg nicht für den richtigen halten – möglicherweise in der Gewissheit, dass keiner der üblichen Verdächtigen es tatsächlich darauf ankommen lassen würde. Konsequenz daraus: Die Kritik an ihrer Führungsbilanz, die im Vorfeld des Parteitages von verschiedenen Seiten angeklungen war, löste sich in Wohlgefallen auf. Stattdessen wurde ihr Beitrag mit sieben Minuten langem Applaus quittiert.

„Schlussapplaus ihrer Kanzlerambition“

Als Parteivorsitzende sitzt AKK nach einem Jahr im Amt damit weiterhin fest im Sattel. Weder Friedrich Merz noch Jens Spahn oder Armin Laschet ist bis auf Weiteres bereit, sie herauszufordern und damit neben einer Parteitagsniederlage vielleicht auch noch dauerhaft die eigene politische Karriere zu riskieren. Die Debatte um die künftige Kanzlerkandidatur halten einige Beobachter dennoch nicht für ausgestanden.

So etwa der Publizist Gabor Steingart und dessen Kollege Michael Bröcker, der den CDU-Parteitag vor Ort begleitete und am Montag (25.11.) für den „Morning Briefing“-Podcast darüber Bilanz zog. Im „Focus“ meint Steingart, das Vertrauensvotum durch Unterlassen, das AKK sich auf dem Parteitag gesichert hatte, nütze ihr wenig. Sie bleibe umstritten und auch „der siebenminütige Applaus für die Vorsitzende war nicht der Eröffnungs-, sondern der Schlussapplaus ihrer Kanzlerambition“.

Beide Journalisten sind nun der Überzeugung, dass der künftige Unions-Kanzlerkandidat gar nicht aus der CDU kommen wird. Stattdessen setzen sie auf CSU-Chef Markus Söder, von dessen Parteitagsrede zumindest sie erkennbar begeistert waren. So schwärmt Bröcker in seiner Analyse:

„Der neue Friedrich Merz heißt Markus Söder. Ausgerechnet der Vorsitzende der Schwesterpartei CSU setzte den Ton bei den Delegierten: Charmant, humorvoll, substanziell. Viele erwischten sich bei dem Gedanken, was wohl wäre, wenn nicht die dauerkriselnde AKK oder der Dauerkritiker Merz den nächsten Wahlkampf anführen. Zwar dementiert Söder bisher jede Ambition. Doch wer den promovierten Juristen und ehemaligen Volontär des Bayerischen Rundfunks kennt, weiß, dass Koketterie zu seiner Kernkompetenz gehört.“

Zwei CSU-Kanzlerkandidaten sind bereits gescheitert

Ein mögliches Problem könnten diesbezüglich historische Erfahrungen darstellen: Bis dato haben Kanzlerkandidaten aus der CSU der Union eher wenig Erfolg gebracht.

Im Jahr 1980 gelang es Franz-Josef Strauß zwar, einen Parlamentseinzug der Grünen zu verhindern. Dass diese bei ihrem ersten Antreten zu einer Bundestagswahl nur auf 1,5 Prozent der Zweitstimmen kamen, hatte allerdings auch damit zu tun, dass es auf der Linken eine breite „Stoppt Strauß“-Kampagne gab, die dazu aufrief, die SPD unter Helmut Schmidt zu wählen, um den „Faschisten“ Strauß zu verhindern. In den protestantischen Gebieten des Landes verlor die Union deutlich an Stimmen. Strauß, der sich zuvor bei der Abstimmung um die Kanzlerkandidatur in der Fraktion gegen Ernst Albrecht durchgesetzt hatte, wurde nicht Kanzler.

Im Jahr 2002 bewegte die CSU-Führung die damals seit zwei Jahren amtierende CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel im Rahmen des „Wolfratshauser Frühstücks“ zum Kandidaturverzicht zugunsten Edmund Stoibers. Bei der Bundestagswahl im September des Jahres konnten zwar CDU und CSU gegenüber 1998 Zugewinne verzeichnen. Im Norden und Osten des Landes wurden jedoch auch Stoiber-Auftritte von linksextremen Demonstranten der „Antifa“ gestört – unter anderem mit Parolen wie „Nazis raus – Stoiber zu Strauß“ (der 1988 verstorben war). Am Ende sorgten die Möllemann-Affäre in der FDP, die Hochwasserkatastrophe in Ostdeutschland und der sich abzeichnende Irakkrieg dafür, dass SPD-Kanzler Gerhard Schröder seine Mehrheit verteidigen konnte.

Vertrauensbildende Maßnahme gegenüber der Antifa?

Mit Aussagen wie jener, dass es „vielleicht zwischen Höcke und Hitler keinen richtigen Unterschied“ gäbe, oder Avancen an die Grünen könnte ein Unions-Kanzlerkandidat Markus Söder möglicherweise jenen massiven Gegenkampagnen von links entgehen, mit denen Strauß und Stoiber zu kämpfen hatten.

Ob er links mehr Stimmen gewinnen kann als er bereits bei der bayerischen Landtagswahl 2018 in Richtung Freie Wähler und AfD verloren hatte, ist jedoch unklar. Im Unterschied zu Söder regierten Strauß und Stoiber in den Jahren ihrer Kanzlerkandidatur in Bayern jeweils mit absoluter Mehrheit. Söder hält im Freistaat derzeit bei 37,2 Prozent.



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