Puigdemont lobt deutsche Haftanstalten und sieht auch unter Sánchez keine Lösung für Katalonien-Konflikt

Der auf Betreiben Spaniens zeitweise in Deutschland festgesetzte katalanische Ex-Regionalpräsident Puigdemont blickt ohne Groll auf seine Zeit hier zurück - im Gegenteil: Der erzwungene Aufenthalt sei "eine sehr bereichernde Erfahrung, menschlich wie politisch", so Puigdemont.
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Carles PuigdemontFoto: Michele Tantussi/Getty Images
Epoch Times10. August 2018

Der frühere katalanische Ministerpräsident Carles Puigdemont, der auf seiner Flucht vor der spanischen Justiz zwölf Tage in deutscher Haft zubrachte, nennt seine Zeit in Deutschland „eine sehr bereichernde Erfahrung, menschlich wie politisch“.

Auch in Haft hätten ihn alle korrekt behandelt, sagt Puigdemont in der aktuellen Ausgabe des „Spiegel“. „Ich konnte darauf vertrauen, dass ich mich in einem Rechtsstaat aufhielt und in den Händen von Profis war.“ In Spanien sei das anders.

Puigdemont hatte im vorigen Jahr ein von der spanischen Justiz für illegal erklärtes Referendum über die Unabhängigkeit der Provinz Katalonien mitorganisiert. Er war von der Regierung in Madrid abgesetzt worden und flüchtete ins europäische Ausland.

Er hielt sich in Brüssel auf, wurde aber kurz vor Ostern bei der Durchreise durch Schleswig-Holstein auf Grundlage eines von Spanien ausgestellten europäischen Haftbefehls festgenommen. Puigdemont saß mehrere Tage in Gewahrsam und wurde danach auf freien Fuß gesetzt. Er durfte Deutschland zunächst aber nicht verlassen.

Das juristisch komplizierte Auslieferungsverfahren dauerte fast drei Monate. Das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht (OLG) erlaubte am Ende lediglich eine Überstellung wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder, was den von der spanischen Justiz eigentlich angestrebten Prozess wegen des Vorwurfs der Rebellion ausschloss. Spanien zog Haftbefehl und Auslieferungsgesuch zurück. Puigdemont kehrte dann Ende Juli in sein Exil nach Brüssel zurück.

Bereits unmittelbar nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis in Neumünster hatte Puigdemont ausdrücklich seine Behandlung durch die Justizangestellten gelobt. Er dankte den Mitarbeiter für „ihre Professionalität und ihren Respekt“, wie er damals sagte.

„Wir brauchen keine Führer und keine Märtyrer“

Trotz der Gespräche zwischen der Regierung des neuen sozialistischen Premiers Pedro Sánchez in Madrid und der katalanischen Regionalregierung glaubt Puigdemont nicht an eine Lösung. „Auch Sánchez hat im Senat für die Zwangsverwaltung in Katalonien gestimmt.“

Es herrsche zwar ein anderer Ton mit der sozialistischen Regierung als mit deren konservativen Vorgängern. Aber er habe die Erfahrung gemacht, dass die Sozialisten, wenn sie an der Regierung waren, ebenfalls keinen Föderalismus gewollt hätten.

„Wir können nicht so naiv sein zu glauben, dass sie jetzt Ernst machen. Uns interessiert nur, welche Angebote Sánchez auf den Tisch legt.“ Er wolle nicht das Gesicht Kataloniens in der Welt sein, sagt Puigdemont. „Wir brauchen keine Führer und keine Märtyrer.“

Es gefalle ihm auch nicht, dass einige seiner Mitstreiter im Gefängnis seien, während er sich in Freiheit befinde, aber er sei auch nicht gern im Exil. Als gescheitert sieht sich Puigdemont nicht: Seine Partei sei die stärkste im Unabhängigkeitslager, er stehe in ständigem Kontakt mit der katalanischen Regierung und arbeite in Brüssel weiter für die Unabhängigkeitsbewegung – einen Widerspruch zur Haltung der Regierung in Barcelona gebe es nicht.

„Unter besten Vorzeichen werde ich viele Jahre im Exil leben. Eine pessimistische Analyse sähe mich viele Jahre im Gefängnis. Wenn wir Optimisten sind, glauben wir, dass wir bald nach Hause zurückkehren und dass alle freikommen.“ (dts/afp)



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