Querdenken-Demo in Köln: Spekulationen um Reichsflaggen-Träger mit Ähnlichkeit zu WDR-Reportern

Ein YouTube-Video von der „Querdenken“-Demo in Köln am 26.9. sorgt für Spekulationen: Social-Media-Nutzer wollen in zwei Personen mit Reichsflagge Mitarbeiter des WDR erkannt haben. Der Sender bestreitet dezidiert, dass dies der Fall sei. Allerdings bleiben Fragen offen.
Von 4. Oktober 2020

Die schwarz-weiß-rote Flagge des einstigen deutschen Kaiserreiches erlebt ein unverhofftes Comeback. Nachdem sie lange Zeit nur noch auf Kundgebungen im Umfeld ultranationalistischer Randgruppen wie der NPD mitgeführt wurde, konnte sie in jüngster Zeit häufig auf Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen die Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Die Präsenz der alten Reichsflagge wird insbesondere in Medien und in der Politik gerne als Indiz dafür genannt, dass Bewegungen, die sich gegen die Pandemie-Maßnahmen richten, von rechtsextremistischen Kräften und sogenannten „Reichsbürgern“ dominiert würden. Nun ist der WDR selbst infolge eines Vorfalls am Rande einer „Querdenken“-Demonstration in Köln ins Zentrum von Spekulationen geraten.

Wollentarski zu Unrecht verdächtigt

Ausgangspunkt derselben ist ein auf YouTube gestelltes Kurzvideo, das offenbar im zeitlichen Zusammenhang mit der Kundgebung gemacht wurde. Dieses zeigt zwei Männer, die eine Reichsflagge aus ihrem Kofferraum holen und offenbar im Begriff sind, diese öffentlich zu präsentieren. Die Aufnahmen sind offenbar nach dem Ende der Kundgebung entstanden, weil der Sprecher erklärt, die Gefilmten wären „vorher nicht auf der Demonstration“ gewesen.

Der Urheber des Videos will in den beiden Personen zum einen den freien Mitarbeiter des WDR, Jörg Andreas Herber, zum anderen den Redakteur des Senders Olaf Wollentarski erkannt haben.

In weiterer Folge machten das Video und darauf gestützte Beiträge in Alternativmedien auf Facebook und Twitter die Runde, in denen suggeriert wurde, der WDR würde eigene Mitarbeiter losschicken, um gestellte Aufnahmen von Personen mit Reichsflagge zu produzieren – die in weiterer Folge die „Querdenken“-Demonstration und deren Anliegen ins Zwielicht setzen solle. Eine mitgeführte Kamera war nicht zu sehen.

Reichsflaggen-Träger von Köln mit Ähnlichkeit zu Teammitglied von WDR Dortmund?

Dass sich die Ähnlichkeit des Flaggenträgers im Video mit Wollentarski im Wesentlichen auf die helle Haarfarbe und die Form der Brille beschränkt, wird aus Close-Up-Aufnahmen deutlich, die in weiterer Folge in sozialen Medien die Runde machten.

Allerdings weist er eine deutlich höhere Ähnlichkeit mit einem Beteiligten an einem WDR-Dreh aus dem Jahr 2018 auf, die sich nicht nur auf Brille, Haare und Gesichtszüge, sondern auch auf ein sehr individuelles Detail erstreckt: ein sehr auffälliges Mal an der linken Wange – an der gleichen Stelle wie der Flaggenträger im Video.

An demselben Dreh – auf einem Blog unter dem Titel „Fernsehdreh bei Windstärke 7“ dokumentiert – nahm auch ein Kameramann teil, in dem einige Social-Media-Nutzer ebenfalls Herber zu erkennen meinen.

Sender bestreitet jeden Bezug zum Vorfall von Köln

Der WDR bestreitet, dass es sich bei dem Kameramann um Jörg Andreas Herber handelt. Der Sender erklärt zudem, Herber sei „seit Jahren nicht mehr für die Anstalt tätig“. Allerdings scheint sein Profil immer noch auf der Seite des Senders als „Freier Mitarbeiter“ auf. Auf Twitter heißt es, man habe keine Kenntnis darüber, um wen es sich bei den Personen handele, die am Rande der Kölner Demonstration die Reichsflagge mitführten. Der WDR droht zudem mit juristischen Schritten gegen Anschuldigungen, der Sender würde mit Agents Provocateurs arbeiten, um belastende Bilder zu erzeugen.

Mittlerweile hat sich eine Person, die sich als „Wladimir M.“ vorstellte, bei Boris Reitschuster gemeldet und sich als der „Reichsflaggen-Träger“ von Köln zu erkennen gegeben. Weder er noch sein Begleiter seien beim WDR, erklärte er, zudem zeigte er sich enttäuscht über die „Querdenken“-Demo, da er dort wegen des Mitführens der „Freiheitsfahne“ kritisiert worden wäre. Reitschuster überprüfte die Angaben und konnte sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als zutreffend verifizieren.

Dies war allerdings nicht das erste Mal das der WDR ins Gerede infolge von Vorwürfen, kameragerechten rechtsextremistischen Provokationen „nachgeholfen“ zu haben, ins Gerede kam.

So berichtete die dpa am 27. März 1979 über drei Neonazis, die eine Woche zuvor im Hinterzimmer eines Berliner Lokals in uniformartiger Kleidung einem Fernsehteam des WDR ein Interview gegeben hätten. Die Verdächtigen hätten gegenüber der Polizei unabhängig voneinander übereinstimmend erklärt, das Fernsehteam hätte ihnen ein Honorar von 250 DM geboten. Zudem hätten sie bestimmte Wünsche hinsichtlich der Kleidung geäußert, die sie zu dem Termin tragen sollten – und die Journalisten hätten selbst neonationalsozialistische Symbole und Zeitungen mitgebracht.

Der Schweizer Politikwissenschaftler Armin Mohler berichtete mehrfach über eine Begebenheit im selben Jahr, als er als Experte in eine Diskussion über „Neonazismus“ im WDR-Fernsehen unter Moderator Ivo Frenzel eingeladen gewesen wäre. Zu Beginn wurde eine Kurzreportage über „Neonazis in Berlin“ gezeigt. Mohler habe darauf den neben ihm sitzenden Verantwortlichen für den Film gefragt, wie viel man den „diesen Deppen fürs Nazispielen bezahlt“ hätte.

Der Produzent, der Mohler für einen Kollegen gehalten hätte, soll darauf grinsend mit „165 Mark“ geantwortet haben. Als Mohler dies in der Sendung ansprach, fügte er nur noch hinzu: „Ja, aber 165 für beide zusammen.“

Foul Play bei Beschimpfung von ZDF-Journalistin Dunja Hayali?

Auch aus den 1990er Jahren sind mehrfache Vorfälle dokumentiert, wonach Fernsehteams anderer Sender Personen Geld bezahlt hatten, um sich kameragerecht als „Rechtsextremisten“ in Pose zu werfen. Im Vorfeld der Feiern zur Wiedervereinigung im Jahr 1990 sollen Fernsehteams 2.000 DM für einen Auftritt mit Hitlergruß und Horst-Wessel-Lied bezahlt haben, schrieb die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ am 28. September 1990 unter Berufung auf die Nachrichtenagentur AFP.

Der Publizist Boris Reitschuster mutmaßt auch im Zusammenhang mit einem Video von der Großdemonstration in Berlin am 1. September, dass die Beschimpfung der prominenten ZDF-Journalistin Dunja Hayali und das zeitgleiche Auftauchen mehrerer Personen mit Reichsflaggen kein Zufall gewesen sein könnte. Er verweist in diesem Zusammenhang auf ein weiteres YouTube-Video:

An dieser Stelle wird ein Video von Youtube angezeigt. Bitte akzeptieren Sie mit einem Klick auf den folgenden Button die Marketing-Cookies, um das Video anzusehen.

Reitschuster will sich die Darstellung, der WDR hätte zu Provokationszwecken eigene Mitarbeiter mit Reichskriegsflaggen zu Anti-Corona-Demonstrationen beordert, nicht zu eigen machen. Er hält es dennoch nicht für ausgeschlossen, dass deutsche Medien in Einzelfällen Methoden, wie sie auch die Sowjetpropaganda gekannt habe, zur Anwendung bringen würden, sofern es helfe, die gewünschte politische Botschaft zu verstärken:

„Wäre ich nicht 16 Jahre in Moskau gewesen und hätte dort erlebt, wie in postkommunistischen Ländern getrickst und Foul gespielt wird (und dabei manchmal auch unsäglich dumm gepfuscht) – würde ich jeden leisesten Hinweis auf solche Methoden als völlig irre zurückweisen. Da ich inzwischen fast täglich Moskau–Déjà-vus erlebe in Deutschland, und diverse Alt-Kader wieder in Spitzenpositionen sind (wie etwa Ex-SED-Mann Geisel als Innensenator in Deutschland oder Ex-SED-Frau Karola Wille als MDR-Chefin und kürzlich turnusmäßige ARD-Chefin), würde ich heute für niemanden und nichts mehr die Hand ins Feuer legen. Dass früher solche Methoden geradezu standardmäßig angewandt wurden, ist verbrieft. Dass man zumindest früher klüger und geschickter dabei vorging. Ob man solche Methoden heute für möglich hält oder nicht, muss jeder für sich selbst entscheiden.“



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