Regierung will 1,5 Millionen neue Wohnungen – Ist das zu schaffen?

In der nächsten Woche findet ein "Wohngipfel" mit Kanzlerin Merkel statt. Wie ist die Lage? Es fehlen überall Wohnungen und nach Ansicht der IG Bau wird das Ziel, mehr Wohnungen zu bauen, schon im ersten Regierungsjahr verfehlt.
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Baustelle im Berliner Hansaviertel: Der Bauboom schließt die Lücken auf dem Wohnungsmarkt nicht.Foto: Arne Immanuel Bänsch/dpa
Epoch Times16. September 2018

Die Bundesregierung läuft nach Einschätzung der IG Bau Gefahr, ihr selbst gestecktes Ziel von 1,5 Millionen Neubauwohnungen bis 2021 zu verfehlen. „Ihr erstes Regierungsjahr wird diese GroKo schon mit einem Defizit von mindestens 75 000 Wohnungen abschließen“, sagte der Gewerkschaftsvorsitzende Robert Feiger dpa.

2018 dürften wohl nicht einmal 300 000 Neubauwohnungen entstehen. In München hatten am Samstag rund 10 000 Menschen gegen Luxussanierungen, steigende Mieten und soziale Ausgrenzung demonstriert.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bauminister Horst Seehofer (CSU) haben für kommenden Freitag zu einem „Wohngipfel“ ins Kanzleramt geladen. Erwartet werden neben Politikern von Bund, Ländern und Kommunen auch Vertreter der Wohnungswirtschaft, des Mieterbundes, der Gewerkschaften und der Bauwirtschaft.

Nach Schätzungen von Immobilienverbänden müssten in Deutschland 350 000 bis 400 000 neue Wohnungen pro Jahr entstehen, um den Bedarf zu decken, davon nach Ansicht des Mieterbunds rund 80 000 Sozialwohnungen.

Bezahlbare Wohnungen sind ein Problem

Die IG Bau verweist bei ihrer Prognose auf Branchenindikatoren wie Baugenehmigungen oder Absatzzahlen der Baustoffindustrie. Besonders relevant sind dabei die Marktzahlen der Mauerwerksindustrie, also der Steinhersteller. Da drei von vier neu gebauten Wohnhäusern aus Stein sind, erlaubten sie einen Blick auf die geplante Bautätigkeit. „Der Wohnungsbau ist kein „Saisonmotor“, den man beliebig an- und ausschalten kann. Produktionskapazitäten müssen aufgebaut und dabei auch Fachkräfte ausgebildet werden“, mahnte Feiger.

Merkel bekräftigte hingegen das Ziel, für den Bau von 1,5 Millionen neuen Wohnungen zu sorgen. „Wir brauchen in Deutschland dringend mehr Wohnungen“, sagte sie am Wochenende in ihrer wöchentlichen Videobotschaft.

Die Bundesregierung will bis 2021 fünf Milliarden Euro in den sozialen Wohnungsbau investieren. Beim „Wohngipfel“ soll es laut Merkel auch darum gehen, wie mehr Bauland zur Verfügung gestellt und Verfahren verkürzt werden können. Der Bund werde von seinem Bundeseigentum leichter Bauland zur Verfügung stellen.

CSU-Chef Seehofer bezeichnete bezahlbare Wohnungen als „die soziale Frage unserer Zeit“. Auf dem CSU-Parteitag in München betonte er, die Regierung habe mit dem Baukindergeld und einer Reihe anderer Beschlüsse die richtigen Antworten gegeben.

Justizministerin Katarina Barley (SPD) äußerte sich in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ ähnlich: „Steigende Mieten sind die neue soziale Frage. Denn dieses Problem betrifft fast jeden in unserer Gesellschaft.“

Kommunen und Länder hätten in den vergangenen Jahren viele ihrer Wohnungen verkauft. „Das war falsch. Die fehlen jetzt als bezahlbarer Wohnraum auf dem Markt.“

Proteste in München

Aus Protest gegen massiv steigende Mieten gingen in München mehrere tausend Menschen auf die Straße, zur Abschlusskundgebung kamen rund 10 000 Teilnehmer. Zu der Aktion unter dem Motto „#ausspekuliert“ hatte ein Bündnis aus mehr als 90 Mietergemeinschaften, Gewerkschaften und Parteien aufgerufen. In ihrem Aufruf wandten sich die Initiatoren „gegen die zügellose Gier der Investoren, gegen Gesetze, die Steilvorlagen für Entmietung sind und dadurch Mieter zu Spekulationsobjekten machen“. Die Mieten in München zählen zu den höchsten in ganz Deutschland.

Die Bundesregierung will die Länder verpflichten, Bundesgelder für den sozialen Wohnungsbau auch nur noch dafür auszugeben. Das gehe aus dem Beschlussentwurf für den „Wohngipfel“ hervor, berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland unter Berufung auf das Papier. Die Länder bekommen zwar Milliarden vom Bund für Sozialwohnungen, die Mittel sind bisher aber nicht zweckgebunden.

Trotz der Milliardenzuschüsse des Bundes an die Länder ist die Zahl der Sozialwohnungen für Menschen mit geringem Einkommen zuletzt weiter gesunken. 2017 gab es nur noch 1,223 Millionen Wohnungen mit Mietpreisbindung und damit rund 46 000 weniger als im Vorjahr, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervorgeht. Im Jahr 2006, als mit einer Reform die Zuständigkeit für den sozialen Wohnungsbau vom Bund auf die Länder überging, waren es noch rund 2,1 Millionen. (dpa)



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