Renten-, Wohnungs- und Finanzpolitik: Wie realistisch sind die Programme der Parteien?

Ist der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft finanzierbar? Wie steht es um die Rente? Wird der Wohlstand in Deutschland sinken? Das sind alles Fragen, die sich im Hinblick auf die Wahlprogramme stellen.
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Welche Parteien ziehen in den Bundestag?Foto: Epoch Times
Epoch Times14. September 2021

Der Ökonom Daniel Stelter gilt als einer der fähigsten auf seinem Gebiet in Deutschland. Stelter ist Experte für Wirtschafts- und Finanzkrisen und berät internationale Unternehmen und Investoren zu den Herausforderungen der sich stetig wandelnden globalen Märkte.

Obwohl es nur noch wenige Tage bis zur Bundestagswahl sind, sollen gut 20 Prozent der Wähler sich noch nicht entschieden haben, für welche Partei sie stimmen möchten.

Für ein Interview mit der „Welt“ analysierte Stelter die Wahlprogramme der großen Parteien und arbeitete deren Konzepte zu Fragen der Renten-, Klima- oder Finanzpolitik heraus. Auch erklärte der Experte, welchen Irrtümern die verschiedenen Lager dabei unterliegen.

Gleich vorweg, auf die Frage, mit welcher Partei Deutschland am zukunftsfähigsten in einem globalen Wettbewerb sei, antwortete der Experte, dass dies wohl keiner der Parteien gelingen würde. Diese würden sich zu sehr vor den wahren Herausforderungen drücken und oft ginge es ihnen mehr darum, die Rolle des Staates und vor allem dessen Finanzierung sicherzustellen.

Wohlstandsabsenkung mit Grünen und den Linken

Für den Ökonom sind die Partei Die Linke, gefolgt von den Grünen, die beiden staatsgläubigsten Parteien. Bei deren Wahlprogrammen sei eine Wohlstandsabsenkung „eindeutig“. Die Grünen würden den Wählern nicht offen sagen, dass sie gar nicht vorhätten, eine neu gestaltete Wirtschaft in Aussicht zu stellen, sondern den bestehenden Wohlstand nur umzuverteilen, betonte Stelter.

Unter den Grünen würden neue Jobs überwiegend in staatlich alimentierten Sektoren entstehen. Steigende Baukosten, fehlendes Bauland und sinkende Nettoeinkommen würden sicherstellen, dass die „Deutschen ein Volk von Mietern bleiben“ und dazu noch ein deutlich ärmeres als die Bürger anderer Euroländer.

Außer der AfD, sage keine der Parteien öffentlich, dass die Klimaschutzpolitik zu teuer ist. Deutschlands CO2-Ausstoß würde im weltweiten Vergleich kaum ins Gewicht fallen, so der Experte. Die Energie werde politisch gewollt verteuert – die Preise für Strom, Gas und Benzin steigen.

Obwohl den Bürgern versprochen wird, dass eingenommene Gelder teilweise an sie zurückfließen, sollte der Staat eigentlich mehr investieren. Zugleich erleichterte der Staat dann mit Subventionen den Umbau der Wirtschaft, was nicht funktionieren könne, so der Experte weiter. Stelter glaubt, dass es einen „Neustart in der Klimapolitik“ braucht, der von den ökonomischen Kriterien der Effizienz und Effektivität getragen würde. Doch dies sei nicht in Sicht, so der Experte.

Die Altersvorsorge steht auf dem Spiel

Die Altersvorsorge ist laut Forsa-Umfrage eines der drängendsten Probleme, die eine neue Regierung in Angriff nehmen müsste. Dazu sagte der Ökonom, sowohl die Nullzinspolitik der EZB als auch die demografische Entwicklung würden diesbezüglich Reformen nötig machen. Die Parteien umgingen diese, indem sie weitere Einnahmen erschlössen, wie aktuell die Versicherungspflicht für Selbstständige und die Einbeziehung aller Einkommen in die Rentenkasse.

Der Rückgang der Erwerbstätigen, der unzureichende Produktivitätsfortschritt und die enormen Kosten für den Umbau einer klimaneutralen Wirtschaft – all dies drücke auf das Wachstum. „Ein Herauswachsen aus den Schulden wird so nicht funktionieren“, so Stelter. Wenn überhaupt, „kann es nur durch eine Politik der finanziellen Repression der EZB gelingen, die aber offiziell von den Parteien nicht gefordert wird“.

AfD, FDP und Union betonen in ihren Wahlprogrammen, dass sie auf keinen Fall in eine dauerhafte Schulden- und Transferunion eintreten wollen. Allerdings fehle es da an einer Strategie angesichts des Drucks anderer Staaten, so Stelter. Um eine Rückkehr der EU-Staaten zu Eigenverantwortlichkeit und Haftung zu bringen, schlägt der Ökonom vor, würde er stattdessen auf einen Schuldentilgungsfonds setzen, bei dem Deutschland mitmachen könnte. (nw)



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