RWE und Eon: Grundlegende Neuaufteilung im deutschen Energiemarkt

RWE will künftig den Strom produzieren und Eon ihn vertreiben. Der Grundsatzvereinbarung der beiden Konzerne müssen die Kartellbehörden noch zustimmen.
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Hohe Kosten für die Instandhaltung der Energienetze setzen der RWE-Tochter Innogy zu.Foto: Roland Weihrauch/dpa
Epoch Times12. März 2018

Anstatt zu konkurrieren teilen die beiden Giganten RWE und Eon ihre Geschäftsfelder künftig auf. Während sich RWE auf die Erzeugung von Strom konzentrieren will, widmet sich Eon dem Stromvertrieb an die Kunden. Diese Neuaufstellung könnte sowohl Auswirkungen für Verbraucher als auch auf die Energiewende haben.

Erst vor zwei Jahren hatte RWE eine Aufspaltung des eigenen Konzerns auf den Weg gebracht und dafür seine Sparte für erneuerbare Energien unter dem Namen Innogy ausgelagert. Diese Tochter mit mehr als 40.000 Beschäftigten soll nun wieder zerschlagen werden und künftig in Eon aufgehen.

Eon setzt damit künftig voll auf das Geschäft der Versorgung der Kunden über die Netze, RWE würde hingegen vor allem Kraftwerke betreiben und Strom erzeugen. Der Grundsatzvereinbarung der beiden Konzerne müssen die Kartellbehörden allerdings noch zustimmen.

Eventuell gibt es einen Zusammenhang: Am 4. März 2018 übergossen Unbekannte in Haan bei Düsseldorf den Finanzvorstand der Innogy SE, Bernhard Günther, mit Säure. Das bestätigte das Unternehmen.

Der 51-Jährige sei mit schweren Verletzungen in eine Spezialklinik gekommen, erklärte die Polizei Düsseldorf. „Wir sind tief geschockt. Die Nachricht von dem Anschlag hat uns alle sehr betroffen gemacht“, sagte Innogy-Chef Uwe Figges.

Wird Strom dadurch noch teurer?

Dazu gibt es bislang widersprüchliche Einschätzungen. Der Bund der Energieverbraucher fürchtet durch die zunehmende Konzentration von Marktmacht höhere Preise und fordert, dass die Verteilnetze in kommunale Hände gehören.

Die Energie-Expertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) teilt diese Befürchtung hingegen „nicht unmittelbar“. Die Strompreise sind nach ihrer Einschätzung derzeit ohnehin schon zu hoch – vor allem da die niedrigen Strombörsenpreise nicht an die Kunden weitergegeben würden und

überhöhte Netzentgelte samt Leitungsausbau, Kohleabwrackprämien und Verschleppung der Energiewende den Strompreis nach oben treiben“.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) ruft das Bundeskartellamt auf, jetzt genau zu prüfen, welchen Einfluss die Fusion auf private Verbraucher hat. „Die Strompreise für Verbraucher dürfen nicht noch weiter ansteigen“, fordert vzbv-Chef Klaus Müller.

Ein Viertel des Strompreises entfällt auf die Erzeugung – der Rest sind Netzentgeld und Steuern

Der Strompreis je Kilowattstunde setzt sich für Verbraucher aus drei großen Blöcken zusammen: Gut die Hälfte fällt dabei für Steuern und Abgaben wie die EEG-Umlage oder die Mehrwertsteuer an. Nur weniger als ein Viertel des Preises entfällt nach Angaben des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft BDEW auf die eigentliche Stromerzeugung.

Den Rest machen die sogenannten Netzentgelte aus, die jeder Nutzer an den Netzbetreiber zahlen muss. Dabei gibt es regional Unterschiede. Im Jahr 2017 betrug das Netzentgelt für Haushaltskunden durchschnittlich rund ein Viertel der gut 29 Cent, die eine Kilowattstunde im Schnitt kostete. An den Renditen, die die Verteilnetze abwerfen, werde „schamlos verdient“, kritisiert Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher.

Dass es dort „Traumrenditen“ gibt, sieht auch DIW-Expertin Kemfert so. Die hohen Renditen wiederum führten zu einem „überdimensionierten Netzausbau“, kritisiert Kemfert. Dies sorge zwar einerseits für ausreichende Profite für die Unternehmen, treibe aber andererseits die Strompreise wiederum weiter nach oben.

„Sinkende Preise kann es nur dann geben, wenn die Netzentgelte sinken können“, sagt Kemfert. Dafür solle die Politik entsprechende Maßnahmen durchsetzen.

Für die Energiewende sei der Schritt „eher besorgniserregend“, kritisiert hingegen Kemfert. Zum einen habe RWE in der Vergangenheit „sehr rückwärtsgewandte Unternehmensentscheidungen“ getroffen und habe kaum Geschäftsmodelle für erneuerbare Energien entwickelt.

Zum anderen wolle Eon sich nun in erster Linie auf das Netzgeschäft konzentrieren, obwohl der Konzern nach der Aufspaltung durchaus interessante Geschäftsmodelle für die Energiewende entwickelt habe. „Dass dies nun aufgegeben wird, ist für die Energiewende ein Rückschlag“, sagt Kemfert. (afp/ks)

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