Saarland: Wolfspeed und ZF planen Gigafabrik für Siliziumkarbid-Halbleiter

Sie werden für Elektroautos, aber auch für Solar- und Windparks benötigt: Halbleiter. Eine neue Gigafabrik im Saarland erfreut die Politik.
Eine Mitarbeiterin präsentiert in der Halbleiterfabrik von Bosch in Dresden  mikromechanische Sensoren über einem 300-Millimeter-Wafer.
Eine Mitarbeiterin präsentiert in der Halbleiterfabrik von Bosch in Dresden mikromechanische Sensoren über einem 300-Millimeter-Wafer. In Ensdorf sollen 200-Millimeter-Halbleiter gebaut werden.Foto: Robert Michael/dpa
Von 8. Februar 2023

Der US-Konzern Wolfspeed und das deutsche Unternehmen ZF Friedrichshafen wollen im saarländischen Ensdorf eine neue Gigafabrik für Siliziumkarbid-Halbleiter aufbauen. Wolfspeed-Vorstandschef Gregg Lowe sagte bei der Vorstellung des Projekts am 1. Februar:

Wir wollen mit der geplanten weltweit größten und modernsten Fabrik für Halbleiter aus Siliziumkarbid (SiC) Geschichte schreiben.“

Geplant ist zudem der gemeinsame Aufbau eines neuen Forschungs- und Entwicklungszentrums unter Führung von ZF.

Bei einer Veranstaltung auf dem Gelände der zukünftigen Fertigungsanlage stellten die Unternehmensleiter der politischen Prominenz ihr Projekt vor. Neben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nahm die Ministerpräsidentin des Saarlandes, Anke Rehlinger, und der saarländischen Wirtschaftsminister Jürgen Barke am Event teil.

„Viel spricht dafür, dass Halbleitern aus SiC die Zukunft gehört“, sagte Scholz. Über diese Investition in Deutschland freue sich der Kanzler sehr. „Die Fertigungsanlage für hochmoderne Halbleiter von Wolfspeed und ZF ist ein wichtiger Beitrag zur Versorgungssicherheit der deutschen und europäischen Industrie.“ Dieses Projekt zeige zudem die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland und stehe für erfolgreichen Strukturwandel. Mit der Großinvestition kehre „die industrielle Revolution nach Ensdorf zurück“.

Habeck: „Brauchen schnell Halbleiter für grüne Wirtschaft“

Habeck verwies auf die jüngsten Lieferengpässe bei Halbleitern. „Wir brauchen die Halbleiter schnell“, sagte er und äußerte die Hoffnung, dass in Ensdorf „die Produktion möglichst schnell beginnt“. Der Wirtschaftsminister sprach auch von einem „Signal für den Aufbau einer grünen Wirtschaft“.

„Wolfspeed und ZF werden die Herstellung von Siliziumkarbid-Halbleitern auf ein völlig neues Level heben“, sagte ZF-Vorstandsmitglied Stephan von Schuckmann. Die neue Generation von 200-Millimeter-Halbleitern bedeute „für Elektrofahrzeuge höhere Reichweiten, kleinere Batterien und geringere Kosten“. Für ZF böte dies zugleich „Chancen zur Transformation des Unternehmens“.

Lowe kündigte an, das geplante Werk werde „neue Standards im Fertigungsprozess setzen“. SiC-Halbleiter kommen unter anderem in Elektroautos zum Einsatz. Der Wolfspeed-Vorstandschef sprach von einer „neuen Ära in der Automobilindustrie“ durch die neuen Chips. Diese werden aber auch in anderen Bereichen eingesetzt, darunter Solarparks und Windkraftanlagen.

Neue Arbeitsplätze

In dem neuen Werk sollen nach Angaben von Wolfspeed mindestens 600 Arbeitsplätze entstehen. Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) erklärt: „Bestehende Arbeitsplätze erhalten und zugleich neue schaffen, ist das oberste Ziel der saarländischen Landesregierung. Mit der Ansiedlung einer hochinnovativen Chipfabrik schaffen wir nicht nur bis zu 1.000 neue Arbeitsplätze.“ Es sollen auch Mitarbeiter von ZF zum Einsatz kommen, deren Arbeitsplätze bei dem Automobilzulieferer mit bisherigem Schwerpunkt in der Getriebeherstellung wegfallen.

ZF beschäftigt bisher in seinem Werk in Saarbrücken rund 10.000 Menschen. ZF-Geschäftsführer Holger Klein verwies auf den rasanten Wandel im Automobilbereich, der sich durch die EU-Entscheidung für ein Verbrennerverbot ab 2035 noch beschleunigen werde. „Wir nehmen diese Transformation als Fakt an“, sagte er weiter.

Der saarländische Wirtschaftsminister Barke sprach bei dieser Ansiedlung im Saarland von einem „wichtigen technologischen Sprung hin zu Elektromobilität und grüner Energiewirtschaft“. Das Saarland sei maßgeblich von Industrie und Automobilsektor geprägt. Das „Projekt mit Leuchtturmcharakter“ zeige laut Barke, wie diese Transformation gelingen könne. Neben den „nachhaltigen Arbeitsplätzen“ entstehe hier „eine komplett neue Branche Mikroelektronik im Land“. Der Minister ist davon überzeugt, dass dies Folgeeffekte haben werde, „wie sie bisher nie da gewesen sind.“

So soll die neue Giga-Chipfabrik in Ensdorf aussehen. Foto: Bildschirmfoto, Quelle: YouTube „Wolfspeed und ZF verkünden Partnerschaft zur Zukunft der Siliziumkarbid-Halbleiter-Technologie“

Die Unternehmensansiedlung in Ensdorf wird durch den Staat mit Fördermitteln unterstützt. Laut einem Bericht des „Handelsblatts“ rechnet Wolfspeed mit einer Förderung in Höhe von 20 Prozent der Investitionssumme von mindestens 2,4 Milliarden Euro. Dies wären demnach rund eine halbe Milliarde Euro. Scholz bekannte sich ausdrücklich zur staatlichen Förderung des Vorhabens, nannte aber keine Summen.

Die Bundesregierung verkündete, dass bereits zum jetzigen Zeitpunkt die Unternehmen auf eigenes Risiko mit den Projekten starten könnten. Dadurch sei es möglich, dass in Ensdorf die ersten Arbeiten für den Bau der Gigafabrik beginnen können.

Europäisches Interesse

ZF wies darauf hin, dass sich ihr Projekt in das „wichtige Vorhaben von gemeinsamen europäischen Interesse (Important Project of Common European Interest – IPCEI) für Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien“ einordne. Dessen beihilferechtliche Genehmigung durch die Europäische Kommission steht allerdings noch aus.

Ein IPCEI ist ein europäisches Förderinstrument, mit dem die beteiligten Mitgliedstaaten europäische strategische Investitionsprojekte fördern können. Die überwiegend privatwirtschaftlich finanzierten Projekte werden mit staatlichen Mitteln unterstützt. Dadurch sollen komplexe investitionsintensive Entwicklungsvorhaben schneller anlaufen. Voraussetzung für eine Förderung ist, dass die Projekte den strategischen Zielen der EU folgen und mehrere europäische Mitgliedstaaten beteiligt sind. Außerdem sollen die Vorhaben positive Effekte auf den Binnenmarkt erwarten lassen. Die Förderung erfolgt durch die jeweiligen Mitgliedstaaten und findet in Einklang mit dem EU-Beihilferecht statt.

Das neue Werk soll auf dem Gelände eines früheren Kohlekraftwerks entstehen. Die saarländische Ministerpräsidentin sprach von einem „Leuchtturmbeispiel für erfolgreichen Strukturwandel“. Das neue Werk sichere „die Arbeitsplätze von morgen“, das Forschungs- und Entwicklungszentrum „die Arbeitsplätze von übermorgen“.

Von einer Schlüsselinvestition sprach der Automobil-Experte Ferdinand Dudenhöffer. „Der weltweite Bedarf nach SiC-Chips wächst parallel zu den weltweiten Verkäufen von Elektroautos exponentiell“, sagte er der Nachrichtenagentur AFP.

Besonderheiten von SiC-Chips

Eine Besonderheit der SiC-Chips ist die höhere Temperaturfestigkeit. Sie halten 600 Grad Celsius und mehr aus – herkömmliche Silizium-Chips nur 150 Grad. Zudem ist auf kleinerem Raum eine höhere Leistung möglich, wie ein Videobeitrag erklärt. Das mache die SiC-Chips für viele Branchen interessant.

Besonders die E-Mobilität sei ohne die SiC-Chips nicht realisierbar. Sie würden für eine schnellere Aufladung der Akkus sorgen und die Reichweite der Fahrzeuge steigern. Ebenso setzen Erneuerbare Energiesysteme sowie die Raumfahrt zunehmend auf diese Technologie.

Auch das weltweite Umsatzvolumen der SiC-Halbleiter soll künftig stark ansteigen. 2021 soll es noch bei 500 Millionen US-Dollar (rund 465 Millionen Euro) gelegen haben. Bis 2030 soll es dann auf 30 Milliarden US-Dollar ansteigen.

(Mit Material von AFP)

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