Schäuble und Länder-Minister beraten Erbschaftsteuer-Reform

Berlin (dpa) - Gerade eineinhalb Stunden sind für die Gespräche von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mit seinen Länderkollegen am Nachmittag zur Erbschaftsteuerreform angesetzt. Eine knapp bemessene Zeit angesichts der heftigen Widerstä…
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Bis Mitte 2016 müssen die Vorgaben zur Verschonung von Firmenerben bei der Erbschaftsteuer neu geregelt werden.Foto: Jens Büttner/Archiv/dpa
Epoch Times7. Mai 2015
Gerade eineinhalb Stunden sind für die Gespräche von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mit seinen Länderkollegen am Nachmittag zur Erbschaftsteuerreform angesetzt. Eine knapp bemessene Zeit angesichts der heftigen Widerstände gegen die Pläne Schäubles – auch aus der Union.

Zu wenig auch, um schon auf einen Durchbruch im Gesamtpaket zu hoffen. Bereits vor der Ministerrunde zeichnet sich ab: Von seinen Eckpunkten – ursprünglich nur als Gesprächsgrundlage gedacht – wird Schäuble wohl nur wenig abrücken.

Der CDU-Politiker lässt sich nicht beirren, auch wenn Wirtschaftsverbände und Familienunternehmen seit Wochen Sturm laufen gegen die vom Bundesverfassungsgericht geforderten neuen Regeln zur Verschonung von Firmenerben, Schreckensszenarien an die Wand malen und immer neue Verfassungsexperten als Kritiker in die Debatte schicken. Nach jetzigem Stand dürfte Schäuble aber allenfalls zu kleineren Zugeständnissen bereit sein. Sein Credo: Diese neuerliche Reform muss endlich verfassungsfest sein.

Zumal auch die Länder kein gemeinsames Konzept in der Schublade haben – und ihre Interessenlage alles andere als einheitlich ist. Ähnliches gilt für die Berliner Koalitionsreihen. Da steht die SPD größtenteils hinter Schäubles Plänen, die CSU attackiert diese frontal, und die CDU agiert mehr oder weniger dazwischen. Daran ändert auch die neue Steuerschätzung nichts, deren positive Ergebnisse Schäuble kurz vor dem Ministertreffen verkündet. Denn das Aufkommen aus der Erbschaftsteuer macht mit jährlich 5,5 Milliarden Euro nicht einmal ein Hundertstel des Gesamt-Steueraufkommens des Staates aus.

Worum geht es konkret? Aus Sicht der Verfassungsrichter darf der Staat Firmenerben gegenüber anderen Erben durchaus privilegieren, wenn sie das Unternehmen eine Zeit lang fortführen und Arbeitsplätze erhalten. Karlsruhe fordert aber, dass bei größeren Unternehmen Firmenerben nur dann verschont werden dürfen, wenn sie in einer Bedürfnisprüfung nachweisen, dass sie die Steuer nicht verkraften.

Nach Schäubles Plan soll diese Bedürfnisprüfung ab einem Wert von 20 Millionen Euro je Erbfall greifen. Auch das Privatvermögen eines Erben soll zur Hälfte herangezogen werden. Die Wirtschaft ist entsetzt. Sie fordert eine höhere Grenze und warnt wegen einer „nicht marktgerechten, viel zu hohen Bewertung von Unternehmen“.

Schon ein Unternehmen mit einem jährlichen Gewinn von etwa 1,1 Millionen Euro habe so einen Wert von mehr als 20 Millionen Euro, rechnen Wirtschaftsverbände vor. Die Einbeziehung des Privatvermögens sei „weder gerecht noch ökonomisch sinnvoll“, wird auch kritisiert. Zumal Privatvermögen bei inhabergeführten Familienunternehmen häufig gebunden sei – für Bürgschaften oder Sicherheiten.

An dieser Stelle könnte Schäuble zu Korrekturen bereit sein. So könnte eine Bedürfnisprüfung bei Familienunternehmen an Kriterien wie die Kapitalbindung – etwa wegen eines Ausschüttungsverbotes – geknüpft werden. Auch bei der Behandlung kleinerer Firmen mit bis zu 20 Beschäftigten, die bisher ohne Prüfung und Nachweis eines Arbeitsplatz-Erhalts verschont wurden, sind Nachbesserungen möglich.

Wie bisher könnte die Begünstigung an die Job-Zahl gebunden sein – aber an eine weit niedrigere. Der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) etwa hatte vorgeschlagen, dass Firmen mit bis zu drei Beschäftigten generell geschont werden. Dann könnte es im Rahmen einer Stufen-Regelung weitere Vorgaben geben. Bei den Regelungen für eine Stundung der Steuerzahlung pochen Kritiker ebenfalls auf eine „großzügigere Ausgestaltung“.

Optimisten hoffen, dass bei dem Finanzminister-Treffen nicht nur bei strittigen Begriffen eine Linie gefunden wird, sondern wenigstens ein paar erste Eckpunkte festgezurrt werden. Die verschiedenen Varianten dürften dann in den nächsten Wochen hoch und runter gerechnet werden. Denn eine Vorgabe der Koalition für die Reform lautet auch: Sie soll unterm Strich nicht zu Mehr- oder Minder-Einnahmen für die Länderkassen führen.

Bis zum Sommer soll eine Lösung stehen. Womöglich legt Schäuble noch im Mai einen ersten Referentenentwurf vor. Sein Haus setzt auch darauf, dass am Ende viele Unternehmer doch noch überzeugt werden, wenn sie die Pläne einmal genauer studieren. Umgesetzt werden muss die Neuregelung zwar spätestens im Juni 2016. Solange will man Familienunternehmer und Firmenerben aber nicht im Ungewissen lassen.

(dpa)


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