Schlichtung für öffentlichen Dienst eingeleitet

Am Ende waren die Konflikte um das Einkommen von Millionen Beschäftigten zu groß. Bei den Verhandlungen für den öffentlichen Dienst krachte es. Ob Schlichter den Streit lösen können, ist offen.
Der ehemalige sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt ist Vorsitzender der Schlichtungskommission für die Arbeitgeberseite.
Der ehemalige sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt ist Vorsitzender der Schlichtungskommission für die Arbeitgeberseite.Foto: Robert Michael/dpa
Epoch Times30. März 2023

Nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen haben die Arbeitgeber die Schlichtung eingeleitet. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und das Bundesinnenministerium riefen die Schlichtung dazu formal an, wie es in Verhandlungskreisen hieß.

Arbeitgeber und Gewerkschaften hatten sich am Vortag nicht auf einen Abschluss für die 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen einigen können. Verdi und der Beamtenbund dbb erklärten die Verhandlungen gegen Mitternacht für gescheitert. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte die Einberufung der Schlichtung noch in der Nacht an.

Ab diesem Sonntag herrscht für die Zeit der Schlichtung Friedenspflicht. Bis dahin seien allenfalls noch kleinere regionale Warnstreiks geplant. Über die Ostertage gibt es dann keine Warnstreiks im öffentlichen Dienst. Nun wird mit Spannung erwartet, ob die Schlichter den aufgeheizten Tarifstreit lösen können – oder ob auch die Schlichtung scheitert und in einigen Wochen neue Streiks bevorstehen.

Zeit bis Mitte April

Bis zum kommenden Donnerstag soll nun die voraussichtlich 24-köpfige Schlichtungskommission zusammentreten. Die Vorsitzenden sind der ehemalige sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt für die Arbeitgeberseite und der ehemalige Bremer Staatsrat Hans-Henning Lühr für die Gewerkschaften, wobei Lühr im Fall eines Stimmenpatts in der Kommission die entscheidende Stimme hat. Die Schlichtungskommission hat bis Mitte April Zeit, einen Einigungsvorschlag vorzulegen.

Die Arbeitgeber boten laut Faeser 8 Prozent mehr Einkommen und einen Mindestbetrag von 300 Euro an – dazu eine steuerfreie Einmalzahlung von 3.000 Euro mit einer Auszahlung von 1.750 Euro bereits im Mai. Verdi und dbb hatten 10,5 Prozent mehr Einkommen gefordert, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Bei der Laufzeit hatten beide Seiten in den Gesprächen Kompromissbereitschaft signalisiert, hieß es in Verhandlungskreisen. Die Gewerkschaften hatten ursprünglich 12 Monate gefordert, die Arbeitgeber 27 Monate angeboten.

Der Städte- und Gemeindebund sieht wenig Spielraum für ein weiteres Zugehen der Kommunen auf die Arbeitnehmer. „Was die Arbeitgeberseite angeboten hat, bedeutet bereits für die Kommunen einen zweistelligen Milliardenbetrag pro Jahr“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg im Deutschlandfunk. Das Angebot der Arbeitgeberseite sei ein deutliches Signal. Er hoffe, „dass alle Beteiligten doch noch zu einer Lösung kommen“, sagte Landsberg.

Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, sagte auf NDR Info: „Ich vermute, man wird sich irgendwo zwischen den 300 und 500 Euro Mindestbetrag an zusätzlichem monatlichen Einkommen einigen.“ Das Arbeitgeber-Angebot von acht Prozent mehr Gehalt ist laut Fratzscher „eine ganze Menge“.

In drei Verhandlungsrunden ab Januar war Gewerkschaften und Arbeitgebern keine ausreichende Annäherung gelungen. Werneke sagte: „Am Ende mussten wir feststellen, dass die Unterschiede nicht überbrückbar waren.“ Der Chef des Beamtenbunds dbb, Ulrich Silberbach, sagte: „Wir müssen Reallohnverluste verhindern und brauchen einen nachhaltigen Inflationsausgleich.“

Ministerin Faeser und die Verhandlungsführerin der Kommunen, Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin Karin Welge (beide SPD), zeigten sich enttäuscht. „Ich bedauere sehr, dass die Gewerkschaften jetzt die Verhandlungen abgebrochen haben“, sagte Faeser. Die Arbeitgeber seien „bis an die Grenze des Verantwortbaren für die öffentlichen Haushalte“ auf die Gewerkschaften zugegangen. Welge sagte: „Die Brücke, die wir geschlagen haben, ist keine, die man nicht hätte begehen können. Insoweit steht uns die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben.“

Streiks nach gescheiterter Schlichtung möglich

Wie es nach der Schlichtung weitergeht, ist offen. Spätestens am 18. April müssen nach einer Aufstellung der Gewerkschaften, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, die Verhandlungen der Tarifparteien wieder aufgenommen werden. Der Tarifstreit kann dann endgültig gelöst werden – aber es können auch reguläre Streiks folgen. Streiks nach gescheiterter Schlichtung gab es bereits Anfang der 90er-Jahre im öffentlichen Dienst.

Werneke geht nach eigenen Worten von einer weiter hohen Streikbereitschaft der Arbeitnehmer aus, falls sich die Tarifparteien nicht einigen. In den vergangenen Wochen hatten die Gewerkschaften den öffentlichen Verkehr, Kitas, Kliniken und viele andere Bereiche teils lahmgelegt. „Wir hatten bis zum Ende der vergangenen Woche eine halbe Million Teilnehmerinnen und Teilnehmer“, sagte Werneke. Das zeige, mit welcher Unterstützung Verdi unterwegs gewesen sei. „Und diese Unterstützung ist ungebrochen.“ (dpa/red)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion