Scholz will Renteneintrittsalter mit 67 als Regelfall – Bevölkerung bevorzugt „Rente mit 63“

Immer mehr Arbeitnehmer in Deutschland gehen vorzeitig in den Ruhestand und nehmen finanzielle Abschläge offenbar in Kauf. Das soll sich nach dem Willen von Bundeskanzler Olaf Scholz ändern.
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Zwei Rentner sitzen auf einer Bank.Foto: Stephan Scheuer/dpa
Epoch Times11. Dezember 2022

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will erreichen, dass mehr Menschen in Deutschland erst mit 67 Jahren in Rente gehen. „Es gilt, den Anteil derer zu steigern, die wirklich bis zum Renteneintrittsalter arbeiten können“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe und der französischen Zeitung „Ouest-France“ (Sonntagsausgaben). Das falle jedoch vielen Menschen schwer, fügte er hinzu.

Das Regelalter für den Renteneintritt hatte in Deutschland lange bei 65 Jahren gelegen; 2007 wurde die Anhebung auf 67 Jahre beschlossen. Die Anpassung erfolgt in vielen kleinen Stufen bis 2031.

Nachdem jahrelang immer mehr ältere Menschen berufstätig geblieben waren, stagniert der Trend derzeit bei den Babyboomer-Jahrgängen: So gehen aktuell viele bereits mit 63 oder 64 Jahren in Rente, wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) am Samstag in Wiesbaden mitteilte. Zu den Babyboomern werden die geburtenstarken Jahrgänge von 1946 bis 1964 gezählt, die jetzt auf den Ruhestand zugehen.

Abschläge sind kein Hindernis

Eine wichtige Rolle spielt laut BIB die seit 2014 bestehende Möglichkeit des frühzeitigen Rentenbezugs ohne Abschläge – die sogenannte „Rente mit 63“. Dies gilt für Menschen, die 45 Versicherungsjahre aufweisen können. So ging 2021 jeder Dritte über diesen Weg in die Rente. Aber selbst wenn es Abschläge bei der Rentenhöhe gibt, nehmen immer mehr Menschen diese in Kauf. Bei etwa einem Viertel der im letzten Jahr neuen Rentner war dies der Fall, wie aktuelle Zahlen der Deutschen Rentenversicherung zeigen.

Für das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung gibt die Entwicklung „aus finanz- und arbeitsmarktpolitischer Sicht Anlass zur Sorge“. Aufgrund der Größe der Babyboomer-Jahrgänge verstärke deren Austritt aus der Erwerbstätigkeit den Mangel an erfahrenen, qualifizierten Arbeitskräften. „Die stagnierenden Zahlen zeigen, dass die Ausweitung der Erwerbstätigkeit in höhere Alter kein Selbstläufer ist“, erklärte Elke Loichinger vom BiB.

Um Arbeitskräfte länger im Erwerbsleben zu halten, müssten Anreize deutlich vor dem Eintritt in den Ruhestand erfolgen. „Wenn der Ruhestand erst einmal erfolgt ist, kommen nur wenige ins Erwerbsleben zurück.“

Wenn „Babyboomer“ in Rente gehen

In den nächsten 15 Jahren wird die Generation der Babyboomer das gesetzliche Rentenalter erreichen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes aus dem Mikrozensus 2021 werden es rund 12,9 Millionen Beschäftigte sein. Dies entspricht knapp 30 Prozent der dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Erwerbspersonen – bezogen auf das Berichtsjahr 2021.

Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, haben Ökonomen und Arbeitgebervertreter zuletzt vorgeschlagen, das Renteneintrittsalter auf 70 Jahre anzuheben. Die Ampelparteien lehnen den Vorstoß ab. Stattdessen will Kanzler Scholz unter anderem den Anteil von Frauen am Arbeitsmarkt steigern. „Damit das hinhaut, müssen wir aber Ganztagsangebote in Krippen, Kitas und Schulen ausbauen“, sagte er den Zeitungen.

Zudem soll erleichterte Zuwanderung für mehr Arbeitskräfte sorgen. „Einiges können wir auffangen, indem wir bessere Startmöglichkeiten für junge Leute schaffen und in die berufliche Aus- und Weiterbildung investieren“, sagte der Kanzler. „Und zusätzlich werden wir auch Einwanderung aus anderen Ländern benötigen“.

Nur wenige Firmen suchen Fachkräfte im Ausland

Viele Unternehmen in Deutschland klagen über Fachkräftemangel, doch offenbar nur wenige von ihnen werben um Personal im Ausland. Dies zeigt eine Umfrage der Bertelsmann Stiftung. Demnach gaben 17 Prozent der befragten Firmen an, aktiv im Ausland nach neuen Mitarbeitern zu suchen.

Stattdessen setzen die Firmen zunächst auf die Aus- und Weiterbildung im eigenen Betrieb und auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, um geeignete Fachkräfte zu gewinnen. Als Hindernisse für die Rekrutierung im Ausland sehen die Unternehmen vor allem die Sprachbarrieren sowie die schwierige Einschätzung ausländischer Qualifikationen. An Fachkräften mangelt es den Angaben zufolge vor allem in der Kranken- und Altenpflege, im Bau und im Handwerk, in der Industrie und Logistik sowie im Tourismus. (dl)

(Mit Material von Nachrichtenagenturen)



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