„Skandalöse Zustände“: JVA-Beamte fühlen sich wie „Fußabtreter von Kriminellen“

"Die Hemmschwelle für Gewalt ist dramatisch gesunken. Insbesondere ausländische Straftäter attackieren das Personal in einem noch nie dagewesenen Ausmaß“, sagte René Selle, Vizechef des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands (BSBD).
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In den deutschen Gefängnissen herrschen "skandalöse Zustände".Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images
Epoch Times31. Mai 2019

Fast täglich greifen Gefangene JVA-Mitarbeiter an. Sie erdulden Faustschläge, Tritte, Angriffe mit kochendem Wasser oder mit Stangen aus Stahl. Die Phantasie der Angreifer kennt keine Grenzen.

„Die Hemmschwelle für Gewalt ist dramatisch gesunken. Insbesondere ausländische Straftäter attackieren das Personal in einem noch nie dagewesenen Ausmaß“, sagte René Selle, Vizechef des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands (BSBD) in einem Gespräch mit „Focus“.

Er setzt sich für die 38.000 JVA-Mitarbeiter seiner Organisation ein, die unter „skandalösen Zuständen“ arbeiten. Denn in den deutschen Gefängnissen gibt es immer wieder Gewalt am Arbeitsplatz. Mit den Einwanderern stieg seit 2015 auch das Gewaltpotenzial an.

Immer häufiger müssen JVA-Mitarbeiter obszöne Gesten, Beleidigungen und Bedrohungen erdulden, auch vor körperlichen Attacken schrecken die Täter nicht zurück“, so Selle laut „Focus“.

Verzerrte Statistik

Dass alle Übergriffe konsequent von den Bundesländern erfasst werden, ist unwahrscheinlich. Denn mancherorts fließen sie nur in die Statistik ein, wenn der Beamte mindestens einen Tag dienstunfähig ist. Diese Tatsache führe zu einem unvollständigen Bild und verzerre die Statistik, sagt der Vizechef des BSBD.

Da „jedes Land seinen eigenen Aufwasch macht“ sei es derzeit nicht möglich, sich einen aktuellen Gesamtüberblick über die Lage zur Gewalt gegen die Beamten in den Gefängnissen zu machen. Doch dies seit zur Erkennung des wahren Ausmaßes überhaupt notwendig.

Der BSBD hat daher im Dezember 2018 sein eigenes Erfassungssystem umgesetzt, in dem sich deutschlandweit betroffene JVA-Mitarbeiter online melden können. Über 600 Vorfälle psychischer und physischer Gewalt wurden seither registriert, darunter Beschimpfungen, Einschüchterungen und Bedrohungen. 35 Prozent der Fälle beinhalten körperliche Angriffe wie Schubsen, Schlägereien bis hin zu Angriffen mit Gegenständen. Nach den Taten waren fast ein Drittel (32 Prozent) der Beamten zeitweise arbeitsunfähig.

Doch das erfasste Bild ist auch beim BSBD unvollständig. Lediglich 70 Prozent der Übergriffe werden überhaupt gemeldet.

Manche Mitarbeiter haben sich schon so an die skandalösen Zustände gewöhnt, dass sie über verbale Entgleisungen von Gefangenen gar keine schriftliche Mitteilung mehr machen. Mehr als 75 Prozent der Beamten, die Übergriffe nach oben gemeldet haben, beklagen, dass der Arbeitgeber nicht angemessen darauf reagiert hat“, so Selle.

Konsequenzen für die Täter gäbe es kaum, weder Freizeitsperren noch Kürzungen des Guthabens für Einkäufe würden verhängt werden. In vielen Fällen komme es nicht einmal zur Strafanzeige.

Die Beamten fühlen sich alleingelassen. Während die Politiker wegen Sparmaßnahmen das Personal immer weiter schrumpfen lassen, füllen sich die Gefängnisse mit immer gewalttätiger werdenden Häftlingen. Selle fordert für die Beamten, die sich „nicht nur wie die Fußabtreter von Kriminellen, sondern zunehmend auch als Verlierer in unserem Rechtsstaat“ fühlen, eine schnelle Lösung durch die Politiker.

Berliner Gefängnisse mit Häftlingen aus 90 Nationen

In manchen Bundesländern kommt jeder zweite Häftling aus dem Ausland. Ein Blick nach Berlin zeigt auch hier eine steigende Tendenz. Seit Jahren nimmt der Anteil von Ausländern im Strafvollzug zu. Derzeit sitzen laut „Berliner Zeitung“ rund 3.860 Gefangene in den Berlin Justizvollzugsanstalten. Sie kommen aus über 90 Nationen. Aufgrund ihrer geringen bis nicht vorhandenen deutschen Sprachkenntnisse werden die ausländischen Strafgefangenen von Dolmetschern begleitet.

Über einen zentralen Dolmetscherdienst können die Justizvollzugsanstalten aus 86 Dolmetscher in 42 Sprachen und sieben afrikanischen Dialekten wählen. Die Dolmetscher übersetzen bei Strafantritt, Gesprächen mit der Gefängnisleitung, aber auch bei Arztbesuchen, Anträgen, und dergleichen. Für die freien Honorarkräfte wurde im Jahr 2017 ein Betrag von rund 358.600 Euro aufgewandt, im Vorjahr waren es 420.700 Euro, Tendenz steigend. (sua)



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