SPD berät über ihre GroKo-Verhandlungsstrategie

Das Ja zu Koalitionsverhandlungen war knapp, der Schreck groß: Vier Tage haben die Sozialdemokraten gebraucht, um sich zu sammeln. Nun legen sie ihre Strategie fest. Und die Union?
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Martin SchulzFoto: Carsten Koall/Getty Images
Epoch Times25. Januar 2018

Der Start der Koalitionsverhandlungen rückt näher. Einen Tag vor dem voraussichtlichen Beginn am Freitag trifft sich an diesem Donnerstagvormittag die SPD-Führung mit ihren Unterhändlern in Berlin zu internen Beratungen, um den Kurs für die Gespräche mit CDU und CSU abzustecken.

Der SPD-Parteitag am Sonntag in Bonn hatte ihnen den Auftrag erteilt, drei Punkte durchzusetzen: die Abschaffung grundloser Jobbefristungen, einen Einstieg in das Ende der Zweiklassenmedizin – worunter die SPD das Ziel der Verschmelzung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung zu einer Bürgerversicherung versteht – und eine „weitergehende Härtefallregelung“ für den Familiennachzug von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus.

Die Union lehnt zwar grundlegende Änderungen an der gemeinsamen Sondierungsvereinbarung ab, vermeidet derzeit aber scharfe Töne. In Detailfragen zeichnen sich Annäherungen ab.

Zum Thema Befristungen sagte der CDU-Sozialexperte Peter Weiß, der jedoch nicht mitverhandelt, der „Bild“-Zeitung (Donnerstag): „Man könnte maximal darüber reden, wie man Kettenbefristungen besser unterbindet, zum Beispiel in Konzernen mit mehreren Betrieben.“ Das Redaktionsnetzwerk Deutschland hatte zuvor auch berichtet, dass Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) dem DGB-Vorstand Gesprächsbereitschaft signalisiert habe. Im Wahlprogramm hatten CDU und CSU immerhin versprochen, „offenkundige Missbräuche“ befristeter Arbeitsverhältnisse abzustellen: „Gerade Berufsanfänger, die eine Familie haben oder gründen wollen, brauchen eine verlässliche Perspektive.“ Andererseits sagte Schleswig-Holstein Ministerpräsident Daniel Günther, der der CDU-Verhandlungsgruppe angehört, den „Kieler Nachrichten“ (Donnerstag), er sehe „keinen Regelungsbedarf“.

In der Gesundheitspolitik haben Unionspolitiker bereits signalisiert, sich Änderungen bei Honoraren für Landärzte oder bei den Wartezeiten auf Arzttermine vorstellen zu können. Auch Günther sah „Gesprächsmöglichkeiten“ beim Ärztemangel auf dem Lande. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte der Deutschen Presse-Agentur, neben der Angleichung der Arzthonorare sei für die SPD auch eine Entbürokratisierung des Systems und eine bessere Zusammenarbeit von Krankenhäusern und Arztpraxen wichtig. „Wir werden in den jetzt anstehenden Koalitionsverhandlungen bei Gesundheit viel erreichen müssen, weil wir sonst nicht durch das Mitgliedervotum kommen.“

Beim Familiennachzug bekräftigte Günther ebenfalls seine Offenheit. Allerdings blockt bei dem Thema bislang die CSU.

Die SPD will über einen ausgehandelten Koalitionsvertrag am Ende alle mehr als 440 000 Mitglieder entscheiden lassen. Der Sprecher der Parlamentarischen Linken in der Bundestagsfraktion, Matthias Miersch, geht davon aus, dass der Mitgliederentscheid abgesagt wird, wenn die Union nicht die geforderten Zugeständnisse macht. „Bei einem Nein von CDU und CSU wird der SPD-Parteivorstand seine Mitglieder gar nicht erst befragen“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Donnerstag). Er gehe aber davon aus, dass die Union sich bewege.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer fordert, in den Verhandlungen die Digitalisierung in den Mittelpunkt zu stellen. Es gehe darum, den Rückstand zu Asien, Amerika und anderen Innovationstreibern aufzuholen und selbst neue Spitzenpositionen zu besetzen, schrieb er in einem Beitrag für die „Welt“ (Online, Print: Donnerstag). Deutschland brauche nicht nur rasch eine stabile Regierung. „Deutschland braucht vor allem ein Großprojekt für neue Dynamik und Modernität.“

An den SPD-Beratungen am Donnerstag im Willy-Brandt-Haus wollen neben dem Präsidium und dem Sondierungsteam auch die Bundesminister und Ministerpräsidenten der SPD teilnehmen. Die Unionsseite hatte sich bereits am Dienstag besprochen. Die Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Martin Schulz (SPD) hatten am Montag, einen Tag nach dem Ja des SPD-Parteitags zur Aufnahme der Verhandlungen, ein Vorgespräch geführt. (dpa)



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