SPD ruft zur Nicht-Wahl von der Leyens auf – Grüne ebenfalls gegen die Ministerin

Um Ursula von der Leyen als EU-Kommissionschefin zu verhindern, greifen deutsche Sozialdemokraten jetzt zu härteren Mitteln. In einem Papier für europäische Parteifreunde wird so ziemlich alles Schlechte aufgeführt, was über die CDU-Politikerin gesagt werden kann.
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Die Kandidatin für das Amt der Präsidentin der Europäischen Kommission: Ursula von der Leyen.Foto: Francisco Seco/AP/dpa
Epoch Times11. Juli 2019

Die SPD-Europaabgeordneten versuchen mit allen Mitteln zu verhindern, dass die CDU-Politikerin Ursula von der Leyen zur Präsidentin der EU-Kommission gewählt wird.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ließ der deutsche Gruppenchef Jens Geier vor dem Treffen von der Leyens mit der Fraktion der europäischen Sozialdemokraten am Mittwoch ein Papier verteilen, in dem zahlreiche aktuelle und frühere Anschuldigungen gegen die derzeitige Bundesverteidigungsministerin aufgelistet sind. Es ist überschrieben mit den Worten: „Warum Ursula von der Leyen eine unzulängliche und ungeeignete Kandidatin ist“.

Genannt werden in dem zweiseitigen, in englischer Sprache verfassten Text unter anderem die Berater-Affäre um den Einsatz externer Fachleute bei der Modernisierung der Bundeswehr und die „Kostenexplosion“ bei der Sanierung des Marineschulschiffes „Gorch Fock“. Zudem thematisieren die Autoren noch einmal den nach einer langen Prüfung ausgeräumten Vorwurf, wonach von der Leyen wegen Plagiaten in ihrer Dissertation zu Unrecht einen Doktortitel führt.

Zu von der Leyens derzeitigem Job als Verteidigungsministerin heißt es, die 60-Jährige habe es nicht geschafft, die Ausrüstung der Bundeswehr signifikant zu verbessern. Diese befinde sich in einem armseligen Zustand, und öffentlich angekündigte Trendwenden seien nur Marketing-Aktionen geblieben. Zudem werden zuletzt schwache Wahl- und Umfrageergebnisse als Beleg dafür angeführt, wie sehr der Stern der Politikerin zuletzt verblasst sei.

Am Ende des Textes wird von der Leyen als Kandidatin des umstrittenen ungarischen Regierungschefs Viktor Orban bezeichnet – obwohl in der vergangenen Woche mit Ausnahme von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) alle europäischen Staats- und Regierungschefs für ihre Nominierung gestimmt hatten. Merkel enthielt sich bei der Entscheidung, weil die SPD als Koalitionspartner nicht zustimmen wollte.

Grüne wollen auch gegen von der Leyen stimmen

Relevant ist der Text des SPD-Europaabgeordneten Geier, weil sich von der Leyen nach der Nominierung durch die Staats- und Regierungschefs noch einer für den kommenden Dienstag geplanten Abstimmung im Europaparlament stellen muss. Dort ist sie aller Voraussicht nach zumindest auf einen Teil der Stimmen der europäischen Sozialdemokraten angewiesen. Die Grünen werden sie nach Angaben vom Mittwochabend definitiv nicht unterstützen.

„Entscheidung der Grünen Fraktion! Wir werden gegen von der Leyen stimmen“, teilte der deutsche Europaabgeordnete Sven Giegold nach einer Anhörung der CDU-Politikerin in Brüssel mit. Beim Thema Klimaschutz sei von der Leyen „ohne Ambition“ und bei der Rechtsstaatlichkeit in Polen, Ungarn, Malta „unklar“ gewesen. Die Ko-Fraktionschefin der Grünen, Ska Keller, äußerte sich ähnlich.

Veto auch von deutschen SPD-Abgeordneten

Die deutschen SPD-Abgeordneten wollen von der Leyen ebenfalls verhindern, obwohl mit ihr zum ersten Mal seit mehr als 50 Jahren wieder jemand aus Deutschland an die Spitze der EU-Kommission kommen würde. Sie hatten gehofft, dass der niederländische Sozialdemokrat Frans Timmermans zum Zuge kommen könnte.

Die SPD argumentiert vor allem, dass die Staats- und Regierungschefs mit der Nominierung von der Leyens die Vorgabe einer Mehrheit im EU-Parlament übergingen, nur einen der Spitzenkandidaten zur Europawahl zum Kommissionschef zu wählen. Nach diesem Prinzip hätten eigentlich der deutsche CSU-Politiker Manfred Weber oder Timmermans Kommissionschef werden müssen.

Gegen Weber stellte sich im Rat der Staats- und Regierungschefs allerdings unter anderem der französische Präsident Emmanuel Macron, Timmermans fehlte die Rückendeckung vor allem von Ländern wie Ungarn und Polen, aber auch einiger christdemokratischer Regierungen.

Europawahlen eine Farce

„Es ist doch niemandem vermittelbar, dass erst Spitzenkandidaten zur Wahl aufgestellt werden und dann nach der Wahl nicht ein einziger von ihnen überhaupt einmal dem Europäischen Parlament vorgeschlagen wird“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Achim Post, den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. „Das Europäische Parlament sollte nächste Woche den Vorschlag der Regierungschefs ablehnen.“

„Statt sich von ihren jeweiligen Regierungschefs auf Gipfel-Linie einordnen zu lassen, sollten die Europaparlamentarier jetzt eigenständig im Sinne ihres parlamentarischen Mandats entscheiden“, sagte Post, der auch Generalsekretär der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) ist. Die Folge eines „Neins zum Personalvorschlag der Regierungschefs wäre keine europäische Verfassungskrise, sondern eine zweite Chance, mehr europäische Demokratie zu wagen“, so der SPD-Fraktionsvize weiter.

Erwartet klare Positionierung von von der Leyen gegen rechts

Er forderte von der Leyen auf, nicht auf die Stimmen von Rechten und Rechtsnationalen zu setzen. Er habe die Erwartung an von der Leyen, „dass sie unmissverständlich erklärt, aus der Mitte des Parlaments gewählt werden zu wollen – und nicht von Rechten und Rechtsnationalen“, sagte Post den Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“.

Es sei „schon schlimm genug, dass die Rechten um Orbán, Kaczynski, Salvini und Co. unter den Regierungschefs treibende Kräfte für den jetzt vorliegenden Personalvorschlag“ gewesen seien. Umso wichtiger sei es, dass von der Leyen sich jetzt selbst klar positioniere, so der SPD-Politiker weiter.  (dpa/dts)



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